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Potsdam-Mittelmark: Schimmel auf der Bühne

Reit- und Fahrtouristik Kohlschmidt auf historischen Wegen / Nun auch Ausbildungsbetrieb

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Nuthetal - Brandenburgs alte Poststraßen erleben eine Renaissance. Seit Mitte Juni wird nun auch die Route von Berlin/Potsdam in den Spreewald wieder mit Kutschen befahren. Vorausgegangen war die Eröffnung der Strecken nach Leipzig und an der Elbe entlang zwischen den Gestüten Neustadt (Dosse) in Brandenburg und Redefin in Mecklenburg. Gerade haben die Agrarminister Dietmar Woidke und Till Backhaus eine verstärkte Präsentation der beiden „Pferdeländer“ angekündigt. Auf der Eröffnungsfahrt in den Spreewald war auch wieder die Reit- und Fahrtouristik Bernd Kohlschmidt aus Bergholz-Rehbrücke dabei. Sie setzte dafür eine fast 130 Jahre alte Postkutsche ein.

20 solcher historischer Gefährte und originalgetreuer Nachbauten kann Kornelia Kohlschmidt aufbieten, die das Unternehmen für ihren früh verstorbenen Ehemann, einem bekannten Reitsportler, weiterführt. Dazu zählen Halbverdeck-Kutschen „Victoria“ und „Mylord“ von 1880, Landauer aus der gleichen Zeit, Jagdgefährte, ein original „Docterwagen“, mit dem der Landarzt seine Hausbesuche machte, und auch Western-Planwagen aus den Jahren um 1900. Ein- bis achtspännig werden sie von den dazu passenden Pferden gezogen.

Etwa 50 Reit- und Fahrpferde hat Kornelia Kleinschmidt in den Ställen. Dazu gehört neben selbst gezüchteten schweren Warmblütern und Ponys auch der schnellste Kaltblüter Deutschlands, der ohne korpulent zu sein auf den Namen Pavarotti hört. Bei den Kaltblutrennen in Brück beweist er immer wieder seine Klasse. Auch bei zahlreichen Kutschentreffen, so unlängst in Tharandt, Stadtjubiläen und Volksfesten wie Pfingsten beim Welterbestättentag in der Russischen Kolonie Alexandrowka, gehören Kohlschmidts Kutschen und Pferde zu den Attraktionen. Schade, dass am Potsdamer Neuen Markt bisher ein solches Treffen nicht zustande gekommen ist. Es würde sich am ehemaligen königlichen Kutschpferdestall, heute vom Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte genutzt, geradezu anbieten und dazu beitragen, den touristisch im Tiefschlaf liegenden Innenhof zu beleben.

Für das 1990 gegründete Unternehmen sind Kutschfahrten zu Hochzeiten und anderen privaten Feiern ein wichtiges wirtschaftliches Standbein. Auch Reiten wird natürlich angeboten. Kornelia Kleinschmidt möchte aber den Fahrtourismus weiter ausbauen. Sie veranstaltet seit 1997 regelmäßig Dreitagesfahrten über 180 Kilometer von Berlin nach Leipzig. Sie sind mit einem Begleitprogramm mit Museumsbesuchen und Schlossbesichtigungen verbunden. Übernachtet wird möglichst in Städten mit historischen Posthaltereien wie in Beelitz. Auf dem Bock sitzen Postillone in orginalgetreuen Kostümen, die von einer Potsdamer Schneiderin angefertigt werden. Sie sind gerade dabei, die früher üblichen Posthornsignale zu erlernen. Kornelia Kohlschmidt hat sich entschlossen, das nötige Personal selbst heranzubilden. Dazu musste sie nachweisen, dass ihr Unternehmen den Anforderungen an einen Ausbildungsbetrieb gerecht wird. Gerade hat sie erfolgreich die letze Prüfung absolviert und wird mit Beginn des neuen Lehrjahrs zwei Azubis einstellen. Die angehenden Pferdewirte werden über die beruflichen Standardkenntnisse hinaus eine spezielle Schulung im Kustschenfahren erhalten. Bei Mädchen ist das Interesse für diese Ausbildung größer als bei Jungen.

Die Pferde und Kutschen aus Bergholz-Rehbrücke sind übrigens längst zu Filmstars geworden und werden immer wieder für Dreharbeiten gebucht. Anfang September wird ein Schimmel bei der Eröffnung des neuen Potsdamer Theaters auf der Bühne stehen. Im Stück „Katte“ muss er dem unglücklichen Pagen, der Kronprinz Friedrich einst zur Flucht verhelfen wollte, zur Hinrichtung folgen. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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