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Potsdam-Mittelmark: Schnellere Züge nicht im Takt

Michendorf verliert nun auch halbstündige Bahnverbindung nach Berlin. Der Ärger ist groß

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Michendorf – Mehr Komfort für Zugreisende auf der Regionalexpress-Linie 7 haben Vertreter vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) und Deutscher Bahn am Montagabend in Michendorf angekündigt. Demnach sollen ab Dezember dieses Jahres auch auf der Strecke von Dessau über den Hohen Fläming und Michendorf nach Berlin die neuen Talent-2-Züge eingesetzt werden. Die bieten mehr Platz für noch mehr Passagiere, haben mehr Türen und sind mit Klimaanlage ausgestattet. Allerdings hat die Sache einen Haken: Die neuen Triebwagen sind schneller, wodurch der derzeitige Halbstunden-Takt mit der Linie 33 von Michendorf nach Berlin aus dem Gleichgewicht geraten wird. Künftig wird dann manch ein Pendler eine Dreiviertelstunde auf den Zug warten müssen.

Die Junge Union Nuthetal-Michendorf hatte zu einer Podiumsdiskussion zum Thema Bahnverkehr in der Region eingeladen. Dabei ging es vor allem um den neuen Nahverkehrsplan, der ab Dezember in Kraft treten soll. Dass der Halb-Stunden-Takt nach Berlin nicht mehr zu halten sein wird, weil wegen eingleisiger Strecken im Süden des Landkreises kaum Spielraum bei den Fahrzeiten bleibt, sorgte für Unmut. „Sie glauben doch nicht, dass noch jemand in den 33er einsteigt, wenn er nur ein paar Minuten nach der Linie 7 fährt?“, veranschaulichte ein Zuhörer das Dilemma. Denn der OE 33 endet in Wannsee, nur die Linie 7 wird ab Dezember, nach Abschluss der Bauarbeiten an der Berliner Stadtbahn, wieder bis in die City hinein fahren.

Auf das Problem habe man bereits vor Jahren hingewiesen, erläuterte Bernd Arm vom Verkehrsverbund. Es sei deshalb sinnvoller, statt der Linie 33, die von Jüterbog kommt, ab 2015 eine weitere kleine Vorortlinie einzusetzen. Der 33er soll dann nämlich ab Beelitz den Weg nach Potsdam nehmen und Michendorf nicht mehr ansteuern.

Solche Botschaften kommen in Michendorf prinzipiell nicht gut an: „Es ist eine Unverschämtheit, wie hier das Umland abgekoppelt wird – und es uns dann auch noch als Erfolg verkauft wird“, machte Michendorfs Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU) seinem Ärger Luft. Er kritisierte die Landespolitik, die sich in punkto Bahnverkehr nur auf Potsdam konzentriere. Tatsächlich ist gerade erst die Anbindung der Michendorfer an die RB 22 gekappt worden (siehe Grafik) – zugunsten von Potsdam. Der Direktzug nach Schönefeld fährt seit Dezember vom dortigen Hauptbahnhof über Golm auf dem Berliner Außenring und nicht mehr über Michendorf – um Zeit zu sparen. Bernd Arm begründete dies noch einmal mit den Fahrgastzahlen: 600 seien es auf der alten Linie 22 gewesen, mittlerweile habe man auf der neuen Strecke die 1000 erreicht.

Den Gemeinden Michendorf, Seddiner See und Schwielowsee wurde eine neue Linie 23 nach Potsdam eingerichtet. Die Nachfrage sei indes nicht so hoch, wie man sich erhofft habe, räumte Bernd Arm ein. Das hatten die Michendorfer bereits vor Einführung der Linie prophezeit – denn niemand würde erst mit der RB 23 über Schwielowsee nach Potsdam zuckeln, um dann auf fast der selben Strecke wieder zurück und dann in Richtung Schönefeld zu fahren. Gemeindevertreter Peter Pilling (Linke): „Wir hatten eine hervorragende Situation, die ist uns zerschlagen worden.“ Er verwies darauf, dass im kommenden Jahr der Michendorfer Bahnhof barrierefrei ausgebaut werden soll. „Wofür, wenn hier niemand mehr umsteigt?“, fragte er.

Während die Michendorfer in vielerlei Hinsicht auf der Strecke bleiben, wird es für Potsdam eine wesentliche Verbesserung geben: Mit der RB 22, der RB 21 nach Wustermark und dem RE 1 nach Brandenburg soll es mit dem neuen Fahrplan einen Viertelstunden-Takt zwischen Potsdam und der Berliner Innenstadt geben, wie Renado Kropp von der Deutschen Bahn ankündigte. „Ein Fahrplan ist immer ein Kompromiss“, unterstrich er. Und alles zu verbinden, gehe in Anbetracht der Kosten nicht.

Tobias Latzke, Vorsitzender der JU Nuthetal-Michendorf, verlas im Anschluss an die Debatte einen offenen Brief, den sein Verband gestern auch an den brandenburgischen Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) schickte. Darin wird ein offener Dialog mit den betroffenen Gemeinden und den Bürgern im Hinblick auf die künftige Verkehrsplanung gefordert. Zudem dürfe sich die Anbindung des Potsdamer Umlandes nicht verschlechtern – im Gegenteil: Michendorf müsse als Knotenpunkt für Reisende aus dem Fläming wieder an den künftigen Großflughafen BER angebunden werden. „Auch im Bezug auf die künftigen Flugrouten haben unsere Gemeinden ein besonderes Anrecht darauf“, schreibt die Junge Union.

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