Potsdam-Mittelmark: Schwalbenglück im Pferdestall
Nabu dankte gestern den Niederlands aus Klaistow mit einer Plakette für den Einsatz für bedrohte Vögel
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Beelitz - Von dem Menschenauflauf bei den Niederlands ließen sich die Schwalben gestern nicht stören. In abenteuerlichen Kurven sausten sie über die Köpfe der Hofbesucher hinweg, um ihren hungrigen Nachwuchs zu versorgen. Aus den kleinen Kehlen oben am Dachträger des ehemaligen Pferdestalls piepste es unaufhörlich. Seit gestern kann man am Haus der Familie Niederland in der Dorfaue in Klaistow eine kleine Acrylplakette bewundern: „Schwalben willkommen“.
Es ist die erste dieser Plaketten, die vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) im Potsdamer Raum verliehen wurde. „Die Plaketten sollen nicht nur von der Tierfreundlichkeit ihrer Besitzer zeugen, sondern auch andere motivieren, sich für den Schutz der Schwalben einzusetzen“, erläutert Wolfgang Ewert vom Nabu-Kreisverband Potsdam. Christel und Bernd Niederland sind Mitglied der Organisation, Vogelschutz ist für sie selbstverständlich. Fünf Rauchschwalbennester gibt es in den ehemaligen Ställen an ihrem Haus. Obwohl inzwischen als Garage und Abstellraum genutzt, bleiben die Türen durchgehend für die Vögel geöffnet.
Christel Niederland wohnt seit 1975 in dem Haus. „Hier gab es schon immer Schwalbennester. Wir führen die Tradition fort, obwohl keine Nutztiere mehr auf dem Hof sind“, berichtet die Klaistowerin. Nicht nur Schwalben auch Meisen, Spatz und Rotschwänzchen haben im Garten und an der Fassade Nisthäuser bekommen. „Zwei Fledermäuse überwintern im Keller“, weiß sie zu erzählen.
„Menschen wie die Niederlands sind mir am liebsten“, sagt Wolfgang Ewert. Der Bestand zweier heimischer Schwalbenarten, die auf Nistmöglichkeiten in Siedlungsstrukturen angewiesen sind, nimmt seit Jahren ab. Sie werden seltener, weil die Menschen keine Schwalbennester mehr an Häusern, Nebengebäuden und Ställen dulden, wie Ewert erklärt. Das Projekt „Schwalben willkommen“ des Nabu-Landesverbands Brandenburg erhält aus dem Lotto-Topf des Umweltministeriums rund 12 000 Euro. „Damit soll öffentlichkeitswirksam dem seit Jahren zu beobachtenden Rückgang des Bestandes der Mehl- und Rauchschwalben entgegengewirkt werden“, so Ewert.
Nach Nabu-Angaben wurden noch vor 15 Jahren um die 200 000 Brutpaare der Rauchschwalbe in Brandenburg gezählt, heute noch ein Fünftel. Sie steht damit auf der „Roten Liste“ der gefährdeten Arten. Bei der Mehlschwalbe sind die Bestände im gleichen Zeitraum um 50 Prozent auf rund 50 000 Brutpaare zurückgegangen.
Obwohl Schwalben lange als Glücksbringer und Frühlingsboten willkommen waren, fällt es ihnen zunehmend schwer, Nistmöglichkeiten zu finden. Scheunen und Ställe werden geschlossen, Nester aus ästhetischen und hygienischen Gründen entfernt und Feldwege, die Lehm für den Nestbau bieten, versiegelt. Deshalb wurde vor vier Wochen vom Nabu auch in Brandenburg die Aktion „Schwalben willkommen“ gestartet. „Positive Erfahrungen haben damit bereits Vogelfreunde aus Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern gemacht“, berichtet Ewert.
In das Schwalbengeschrei bei den Niederlands mischten sich gestern auch exotische Vogelstimmen. „Seit vier Wochen wohnt ein Rosellasittichpärchen bei uns“, erzählte Christel Niederland über den ungewöhnlichen Gartenbesuch. Wolfgang Ewert freut sich derweil auf weitere Plakettenverleihungen, als nächstes sollen Schwalbenfreunde in Emstal damit beglückt werden.
Wer mitmachen will und Schwalben beherbergt, kann sich um eine Plakette bewerben, E-Mail schwalben@nabu-brandenburg.de.
Andreas Koska
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