KulTOUR: Signal aus Beelitz-Heilstätten
Kunstauktion zur Bekämpfung der Tuberkulose an historischem Standort / Prominente Beteiligte gewonnen
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Beelitz · Heilstätten - Der Zeitpunkt für die Aktion ist günstig gewählt. Stadtfest in Beelitz, Tag des Offenen Denkmals weit und breit, die Präsentation von Ergebnissen der Europäischen Austausch-Akademie in einem der desolaten Gebäude von Beelitz-Heilstätten – und dann noch die 1. Benefiz-Auktion der Stadt für Tuberkulose-Kranke genau hier, in der ehemaligen Männer-Lungenheilstätte vis-à-vis der Reha-Klinik.
Der Ort hat es in sich, war er doch einst als größte Lungen-Heilstätte Deutschlands bekannt, die sich auf die „Volkskrankheit Nummer Eins“, die Tuberkulose, spezialisierte. Noch vor wenigen Jahrzehnten glaubte man, sie besiegt zu haben, ein verhängnisvoller Irrtum. Derzeit wieder auf dem Vormarsch, hofft die WHO, sie bis 2015 wenigstens stoppen zu können. Schwer genug, einerseits sind die staatlich finanzierten Vorsorgeprogramme früherer Jahre weggefallen, andererseits gibt es erstaunlich wenige Medikamente, um die zur Multiresistenz neigenden Bakterienstämme in den Griff zu bekommen.
Neue Forschung tut not, neues Geld muss her, die „heute am häufigsten heilbare Infektionskrankheit der Welt“ macht ja vor Grenzen nicht halt: Zwei bis drei Millionen sterben jeder Jahr an ihr. Dies sah auch die politische Führungsschicht Deutschlands und Russlands ein. 2005 unterzeichneten Schröder und Putin ein Dokument zur gemeinsamen und grenzüberschreitenden Bekämpfung von Tuberkulose, Aids und Hepatitis. Aus dieser „strategischen Partnerschaft“ entstand das „Koch-Metschnikow-Forum“, eine „politisch gewollte und politisch begleitete zivilgesellschaftliche Experteninitiative des ,Petersburger Dialogs““, den es vorher schon gab. Dieses Forum ist Partner und Co-Autor einer erstaunlichen Kunstauktion, zu der die Stadt Beelitz am Sonntag einlädt.
Gerd Ohligschläger von der Stadtverwaltung hat sich gewaltig Arbeit gemacht, um Künstler und Galerien bis nach Hamburg und Lübeck für dieses Benefiz zu gewinnen, tausende Einladungen wurden verschickt: Es ist notabene ein „Beitrag der Stadt Beelitz zur WHO-Kampagne zur Bekämpfung der Tuberkulose“. Der Erlös dieser 1. Auktion kommt ausschließlich einem TB-Projekt am Kinderkrankenhaus der Staatlichen Sibirischen Universitätsklinik Tomsk zugute, was das Koch-Metschnikow-Forum garantiert. Schirmherrin ist Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt in sonntäglicher Abwesenheit, der Auktionator Detlef Gosselck stammt aus Berlin.
Auch die eben in Heilstätten zu Ende gehende „Europäische Austausch-Akademie“ (EEA) unterstützt das Projekt nach Kräften. Sechsundsechzig Arbeiten von mehr als fünfzig Künstlern sollen helfen, „die Übertragungswege der Kindertuberkulose in Tomsk aufzuklären“, Diagnostik und Medikation zu verbessern, Empfehlungen zur Prävention zu erarbeiten. Dafür also hat sich Beelitz bärenstark gemacht und in Verbänden, Institutionen und Galerien offene Ohren gefunden. „Norddeutschland“ hat ohne zu zögern eine Grafik von Günter Grass und einen Armin-Mueller-Stahl zur Verfügung gestellt, weitere Werke stammen von Wolfgang Mattheuer, Ursula Mattheuer-Neustädt und Wolf Vostell, von Hans-Werner Berretz, Emmett Williams, Peter Bömmels. Auch einheimische Künstler beteiligen sich gern: Oda Schielicke, Thomas Kahlau, Arno C. Schmedjen, Olaf Thiede, Siegrid Müller-Holtz – unter vielen anderen. Ein starkes Signal aus der alten Lungenheilstätte Beelitz an die Welt. Respekt.
14 bis 18 Uhr, Dr. Herrmann-Straße, Vorbesichtigung ab 10.30 Uhr
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