KulTOUR: Singen, tanzen, träumen
„Mansikka“ mit europäischer Folklore in Teltower Andreaskirche
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Teltow - Mit einer „musikalischen Reise durch Europa“ und Übersee setzte die Teltower Kantorei St. Andreas am Sonntag ihr jährliches Konzertprogramm fort. Vom Frühlingsbeginn bis zur Heiligen Nacht will man, trotz bescheidener Finanzen, musikalische Vielfalt mit hohen künstlerischen Ansprüchen verbunden wissen. Diesem Credo schien Kantor Bernd Metzner ein Auftritt des aus der Lausitz stammenden Folklore-Ensembles „Mansikka“ gleichsam spielerisch spielend Genüge zu tun, er holte die nun in Potsdam ansässige Truppe nach Teltow.
Die Veranstaltung wurde zum großen Erfolg, rechtens, wie man nur bestätigen kann, Beifall in Crescendo nach jedem Titel. Beate Müller (Violine), Isabella Schöne (Oboe, Blockflöte) sowie Birgit (Gesang, Gitarre, Moderation) und Norbert Wahren am Kontrabass erhielten sogar stehende Ovation. „Lieder, Tänze, Träume“ benannte das alerte Quartett die neunzigminütige Darbietung. Sie war – für diese instrumentale Besetzung höchst flüssig und vorteilhaft arrangiert – Folklore im allerbesten Sinn: „Mansikka“ nahm ernst, was die Völker zwischen Finnland und Griechenland, der Lausitz und Irland als Lebensgefühl in ihrer Musik verewigten. Ausflüge ins nördliche Amerika („Down Home Rag“) schienen sogar noch eine Spur wilder zu sein als das europäische Tanz-Temperament.
„Mörkömarschen“, ein finnischer Frühlingstanz, begrüßte eingangs auf heitere und schwungvolle Weise sowohl ein neues Jahr des Lebens als auch das Publikum. Seltsamerweise hat dieses unschuldige „Instrumental“ in seiner Gangart langsam (mit Schmelz) – schnell – langsam eine Struktur, wie man sie aus der Kunstmusik kennt, von den Sonaten etwa. Den Sommer dann künden schwedische Flößer mit „Timmarflottarna“ an, indes am Ufer Mädchen warten, dass endlich getanzt wird. Einem von ihnen lieh Birgit Wahren ihre eigene Stimme, einen lebendigen, ziemlich elastischen Sopran, der sich auf Folkloristisches besser verstand als auf „kunstmusikalische“ Darstellung bei der Zugabe.
Das Programm war geografisch und emotional gut gemischt, aus Italien eine feuerhafte Tarantella, aus Spanien das unter die Haut gehende Abschiedslied eines Liebenden in Ladino, welchem der Kontrabass erst den richtigen Tiefgang verlieh. „Schön bist du, meine Herzallerliebste, obwohl du dünn bist wie eine Hopfenstange!“, heißt es in dem höchst kunstvoll arrangierten „Toullon mun kultani“ aus Finnland, „Meine liebste Nancy ist mehr wert als alles Gold und Silber!“, antwortet es von den Inseln der Briten.
Da dieses noch junge Ensemble aber auch als „kinderreich“ gelten darf, gab es (vielleicht das Berührendste des ganzen Konzertes) mit „Prowatakia“ ein griechisches Wiegenlied zum zartesten Triangelton, wie noch niemals gehört. Jiddisches, Rumänisches, aus Deutschland dann „Oh du schöner Rosengarten“ und den „Walzer Nr. 2“ aus der Lausitz, von Norbert Wahren erdacht und notiert; da gab es für jedes Instrument einen kleinen Part. Er wird übrigens auch beim nächsten „Chor- und Orchesterkonzert“ am 28. Juni in dieser Kirche dabei sein.
Es war eine Freude, dieses aus Liedern, Tänzen und Träumen gemachte Konzert zu hören, zu sehen. Leichtigkeit und Kraft in jedem Titel, durchweg glaubhaftes Musizieren. Fast wie im richtigen Gottesdienst schien alles Lob und Annahme des Lebens sein. Die Akustik in St. Andreas, so Birgit Wahren, sei so gut, dass man hier einfach Musik machen müsse – „Spielet dem Herrn in euren Herzen“, wie also geschehen.
Gerold Paul
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