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Potsdam-Mittelmark: Sixtinische Kapelle aus Stahnsdorf

Für den Film „Habemus Papam“ bannte die Firma Big Image die Originalkulisse eins zu eins auf Stoff

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Stahnsdorf - Nichts könnte entfernter an den Prunk des Vatikans erinnern als der kleine weiße Flachbau auf dem Stahnsdorfer Techno-Park-Gelände. Doch dort, in der Druckerei Big Image, ist eine täuschend echte Illusion der Sixtinischen Kapelle entstanden, dem Herzstück der katholischen Kirche. Für den Film „Habemus Papam“, der nach großem Erfolg in Italien und Frankreich jetzt in den deutschen Kinos angelaufen ist, fertigten die 27 Mitarbeiter der Druckerei die Kulissen der Sixtinische Kapelle an, eins zu eins auf bedruckten Stoffbahnen 40,9 Meter lang, 13,4 Meter breit und 20,7 Meter hoch.

Der Grund für den spektakulären Auftrag: Der Vatikan hatte zwar seinen Segen für den Film des italienischen Kultregisseurs Nanni Moretti gegeben, nicht aber die Drehgenehmigung für den Originalschauplatz. Deshalb wurde die Sixtinische Kapelle erstmals nachgebaut. Dort wird im Film ein neuer Papst gewählt – von der Sixtinischen Kapelle steigt weißer Rauch auf, doch der designierte neue Pontifex hadert mit seiner schweren Aufgabe.

Morettis Szenenbildnerin Paola Bizzarri war über das Theater Di San Carlo in Neapel auf den Stahnsdorfer Betrieb gekommen. Denn dort hat man sich auf ein weltweit einzigartiges Verfahren spezialisiert, den Airbrush-Druck. Anders als etwa beim Inkjet-Druck wird die Farbe hier mit hohem Luftdruck auf die Stoffbahnen gesprüht. „Damit lassen sich besonders gut sehr große Formate herstellen – ohne Nähte, das ist vor allem beim Film und im Theater gefragt“, erzählt der leitende Bernd Neuenburg beim Rundgang durch die Druckerei. Als Vorlage dienen eingescannte Bilder oder Fotodateien. Wie bei anderen Druckern auch werden nur die vier Grundfarben Cyanblau, Magentarot, Gelb und Schwarz in verschiedenen Mischverhältnissen aufgebracht.

Das Besondere am Airbrush-Verfahren: Es funktioniert auch auf unbeschichteten Materialien wie Baumwolle oder Sackleinen. Die Bahnen können in einer Größe von bis zu zwölf mal sechs Metern bedruckt werden. Die Firma hat jahrelang an der speziellen Technik gefeilt und baut auch ihre Maschinen, riesige Trommelpressen, selbst. „Mit diesen extrem großen Formaten haben wir uns eine Nische erarbeitet“, sagt Neuenburg.

Gegründet wurde Big Image von dem Industriefotografen Werner Schäfer 1984 in Schweden, bis heute ist dort auch ihr Hauptsitz. Seine Idee: Kommunikation, die allein über große Bilder funktioniert. Nach der Wende suchte der gebürtige Berliner Schäfer einen zweiten Standort in Deutschland – und entschied sich für Stahnsdorf. Unter anderem wegen der Nähe zu Babelsberg sind die Mitarbeiter mit Filmproduktionen schon vertraut, haben unter anderem viele Kulissen für Telenovelas entworfen. Aber auch internationale Produktionen wie Polanskis „Der Pianist“ nutzten schon die großformatigen Bilder von Big Image.

Zudem sind Theaterhäuser wichtige Kunden, nicht zuletzt kam so ja auch der Kontakt zu Moretti zustande. Selbst war der Regisseur nicht in Stahnsdorf. Szenenbildnerin Bizzari half jedoch mit ihrem fotografischen Gedächtnis, beim Druck die richtige Farbigkeit zu treffen. Um Farbverschiebungen zu vermeiden, arbeiten die Drucker bei Großaufträgen wie dem zu „Habemus Papam“ in drei Schichten – so lange, bis alle Bahnen einer Kulisse fertig sind. „Werden die digital gesteuerten Maschinen zwischendurch heruntergefahren, kann es beim nächsten Druck zu leichten Verschiebungen im Farbton kommen“, erklärt Neuenburg. Und auch wenn die für das Auge des Laien nicht erkennbar sind, im fertigen Film soll alles exakt stimmen.

Im Vatikan war Firmenchef Manfred Müller übrigens erst, nachdem die Kulissen fertig waren. Als Vorlage dienten den Stahnsdorfern Grafiken und Bildmaterial aus dem Vatikan, Bücher und digitale Vorlagen. Während die großen Wandgemälde der Kapelle mit dem etwas weicher wirkenden Airbrushverfahren gedruckt wurden, nutzen Neuenburg und seine Mitarbeiter für den unteren Kapellenteil mit seinen filigranen Faltenvorhängen den herkömmlichen InkjetDruck. Wie viel sich die italienisch-französische Filmproduktion ihre aufwendigen Kulissen hat kosten lassen, will Neuenbauer aber nicht sagen: Betriebsgeheimnis. Stattdessen muss – ganz getreu Schäfers Firmenphilosophie – der fertige Film für sich sprechen.

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