zum Hauptinhalt
Hereinspaziert. In Caputh setzte Hans-Georg Baaske mit dem Gemeindekirchenrat konsequent die Idee einer offenen Kirche um.

© hkx

Potsdam-Mittelmark: Sonnenstrom vom Gotteshaus

Kirche ist für ihn politisch. Ab Oktober wird Hans-Georg Baaske Leiter des neuen Umweltbüros der Landeskirche Berlin-Brandenburg. Seine Pfarrstelle in Caputh gibt er für die neue Aufgabe auf

Stand:

Schwielowsee/Potsdam - Solarpaneele auf Kirchendächern in Berlin und Brandenburg? Der Gedanke klingt kühn, Pfarrer Hans-Georg Baaske hält ihn aber nicht für abwegig. „Das sind genau die Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen“, sagt er. Seit 14 Jahren ist Baaske Pfarrer von Caputh. Ab Oktober hat er eine neue Aufgabe: Er wird Leiter des neuen Umweltbüros der Landeskirche Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz. Er habe sich nicht gegen Caputh entschieden, wie der 56-Jährige betont, sondern für eine neue Arbeit, eine Herausforderung. „Es ist die Chance, etwas, dass ich mit anderen auf den Weg gebracht habe, praktisch umzusetzen.“

Vor vier Jahren hatte Baaske als theologischer Umweltreferent – ein befristeter Nebenjob neben seiner Pfarrstelle – ein Umweltkonzept für die Landeskirche auf den Weg gebracht. „Es gab damals den Beschluss der Landessynode, den CO2-Ausstoß der Kirchengemeinden um 25 Prozent zu reduzieren. Aber keiner wusste, was überhaupt verbraucht wird.“ Im vergangenen Jahr wurde das weitreichende Konzept von der Landessynode verabschiedet.

Darin steht nicht nur, wie CO2 eingespart werden soll, sondern zum Beispiel auch, wie die Kirche mit vegetarischem Essen in Kirchen-Kitas und eigenen Windkraftanlagen zum Umweltschutz beitragen kann. Mehr als 70 Maßnahmen sind es insgesamt, es ist das erste Nachhaltigkeitskonzept einer deutschen Landeskirche. „Damit das kein Papiertiger wird, wurde ein ,Kümmerer’ gesucht“, sagt Baaske. Er bekam die Leitung eines neuen Umweltbüros übertragen, zur Unterstützung bekommt er einen Sachbearbeiter.

Baaske ist mit solchen Aufgaben vertraut: Kirche hat er immer als etwas Politisches verstanden und danach gehandelt. Von 1983 bis 1990 war er als Gemeindepädagoge der Babelsberger Friedrichskirchengemeinde tätig. Die Gemeinde war Heimstatt der „Schmiede“, einer Jugendgruppe, die sich für den Umweltschutz und Bürgerrechte engagierte und in Konflikt mit dem DDR-Staatsapparat geriet. Später wurde daraus die Gruppe „Kontakte“, die im Mai 1989 eine zentrale Rolle bei der Aufdeckung des Wahlbetrugs in Potsdam spielen sollte.

Nach der Wende war Baaske für die Jugendarbeit in der Landeskirche verantwortlich, bevor er die Pfarrstelle in Caputh übernahm. Dort setzte er mit dem Gemeindekirchenrat konsequent das Konzept einer offenen Kirche um, suchte mit der Gemeinde den Kontakt zu Nicht-Gläubigen. In seiner Pfarrzeit wurde eine „Arbeitsgruppe Gedenken“ auf den Weg gebracht, die sich um die Aufarbeitung der Kriegsgeschehnisse im Ort kümmerte. Die Kirche schaltete sich in die Fluglärmdebatte genauso ein wie in die Flüchtlingshilfe und die Diskussion um einen Windpark im Gemeindegebiet, an dessen Wertschöpfung, meint Baaske, die Region beteiligt sein sollte. Der Stromliefervertrag der Gemeinde wurde auf „Öko“ umgestellt und auf Kirchenveranstaltungen wird Fair-Trade-Kaffee serviert.

Nicht zuletzt wurde in Baaskes Zeit die Kirchenorgel saniert und ein gut gedämmtes Gemeindehaus gebaut, in dem inzwischen viele, auch nichtkirchliche Caputher Veranstaltungen bis hin zu Kommunalwahlforen stattfinden. Beim Bau des modernen Gebäudes in nächster Nachbarschaft zur denkmalgeschützten Stülerkirche waren Konflikte mit den Denkmalschutzbehörden auszutragen. Davon, sagt Baaske, hat er auf seinem neuen Posten womöglich einige vor sich.

Er nennt als Beispiel für solche „Zielkonflikte“ die von der Abbaggerung bedrohten Gemeinde Atterwasch. Mit Plänen für ein Solardach auf dem denkmalgeschützten Kirchengemeindehaus – ein Zeichen für die Energiewende – sei der Pfarrer massiv in Konflikt mit dem Denkmalschutz geraten. „Wenn das Dorf für die Braunkohle in 20 Jahren abgebaggert und das Gemeindehaus abgerissen wird, wird die Denkmalpflege das aber nicht mehr verhindern“, so Baaske.

Die Kirche habe sehr viele Immobilien, die sich nachhaltig umrüsten ließen. „Aber die meisten davon sind denkmalgeschützt.“ Baaske weiß, dass da schon die Dämmung zum Problem werden kann, dass es denkmalrechtlich schon gar nicht geht, Solarpaneele auf Kirchendächern zu installieren. „Wir sagen aber, dass es geht, weil die Denkmalwürdigkeit nicht das vorrangige Ziel eines Kirchengebäudes ist.“

Mit ihrer Ost-West-Ausrichtung und den großen Süddächern seien Gotteshäuser prädestiniert für diese Form der Energieerzeugung. „Theologisch aufgestellt, ökologisch nutzbar“, bringt es Baaske auf den Punkt. In allen Zeitaltern seien Kirchen den Bedürfnissen der Nutzer angepasst worden.

Baaskes Pfarramt übernimmt Thomas Thieme, der 37-Jährige Ehemann der Langerwischer Pfarrerin Juliane Rumpel, die zuvor in Potsdam Pfarrerin der Garnisonkirche war. Mit Thomas Thieme dürfte es nicht weniger lebhaft werden als mit Baaske. Derzeit ist er Pfarrer in der Kreuzkirchengemeinde Berlin-Schmargendorf. Als Vorlieben werden ihm lyrische Predigten im Geist der Romantik und Jazzgottesdienste nachgesagt. Mit eigenen Kunstprojekten ist Thieme in der Klosterkirche Cottbus und der Michaeliskirche Erfurt aufgetreten.

Abschiedsgottesdienst am 4. Oktober um 14 Uhr in der Stülerkirche

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })