zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Sorgen um Haselwurz und Pfeifenwinde

Tagung in Templin: Botaniker wollen alte Kulturpflanzen erhalten und vermehren

Stand:

Tagung in Templin: Botaniker wollen alte Kulturpflanzen erhalten und vermehren Von Ronald Bahlburg und Uwe Werner Botanik-Experten sind besorgt, dass viele alte Pflanzen in Brandenburg unwiederbringlich verloren gehen. Um dies zu verhindern, sei ein Netz regionaler botanischer Gärten notwendig, sagte kürzlich der stellvertretende Leiter des Naturparks Uckermärkische Seen, Mario Schrumpf. Gemeinsam mit rund 50 weiteren Fachleuten, Pädagogen und Schülern nahm er an einer Tagung zur Erhaltung alter Kulturpflanzen in Templin teil. Anlass war der 150. Geburtstag des Forschers und Lehrers Gustav Lehmann. Es gebe beispielsweise in der Uckermark rund 160 verschiedene Apfelsorten, manchmal aber pro Sorte nur noch einen Baum, berichtete Schrumpf. Ginge dieser ein, wären auch die – zum Teil angezüchteten – Eigenschaften für die Nachwelt verloren. Deshalb werde jetzt daran gegangen, die kartierten, verstreut stehenden Bäume in einer Baumschule auf 2000 zu vermehren. Der Gymnasiallehrer und Professor Gustav Lehmann hatte nach dem Umzug seiner Schule von Berlin nach Templin 1912 einen botanischen Garten eingerichtet. Seine Forschungsergebnisse dienen noch heute der Wissenschaft zu Vergleichen in der Pflanzenwelt. Etwa 50 Prozent der einst von Lehmann in der Region Perleberg beschriebenen Pflanzen stünden heute auf der Roten Liste bedrohter Spezies, sagte Schrumpf. In dem rund 2500 Quadratmeter großen Lehmann-Garten wachsen alte Gartenpflanzen, Feldkulturen und Kräuter. Es ist dem Templiner Fachschullehrer Wilhelm Gerhardt, Studenten und Gymnasiasten mehrere Jahrgänge zu verdanken, dass der zwischenzeitlich in Vergessenheit geratene Lehmann-Garten neu erblüht ist. Die Erben des Forschers haben hier schätzungsweise mehr als 300 Arten kultiviert. Als sie die verwilderte Fläche 1988/89 wieder urbar machten, kamen 40 Arten aus den Zeiten des Professors zum Vorschein, darunter Haselwurz, Osterluzei, Pfeifenwinde, Korkulme und Alpen-Sockenblume. Der Lehmann-Garten ist seitdem immer wieder Gegenstand von Umweltprojekten und Biologie-Leistungskursen. Neben 16 verschiedenen Tomaten-, 17 Kartoffel- und 8 Getreidesorten beziehungsweise -arten ist eine besondere Attraktion die „weiße Gurke“. Anhand von Hirse, Buchweizen und Lein können Besucher zurückverfolgen, wie sich die Nutzung von Kulturpflanzen über 10 000 Jahre hinweg entwickelt hat. Als Beispiele für erhaltenswerte Urformen für Nachzüchtungen nannte Gerhardt kälteresistente Kartoffelsorten sowie das Einkorn als Ur-Getreide. Mit der Bereitstellung einiger ABM-Kräfte wie in der Vergangenheit könnten die regionalen botanischen Gärten kaum aufrechterhalten werden, so Schrumpf. In diesem Jahr kommt noch hinzu, dass Gelder aus der so genannten Kulturbau-Richtlinie zu Gunsten von Ausgleichszahlungen für Dürreschäden in der Landwirtschaft umgeleitet wurden.

Ronald Bahlburg, Uwe Werner

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })