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Potsdam-Mittelmark: Souverän gegen Rechts Austausch zu Naziszene in der Region Teltow

Kleinmachnow - Die meisten Teltower haben gelernt, Provokationen der rechtsextremen Szene souverän zu begegnen. Das berichtete Beate Koch gestern bei einem Podiumsgespräch in der Akademie 2.

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Kleinmachnow - Die meisten Teltower haben gelernt, Provokationen der rechtsextremen Szene souverän zu begegnen. Das berichtete Beate Koch gestern bei einem Podiumsgespräch in der Akademie 2. Lebenshälfte, das sich mit dem Thema Rechtsextremismus in Brandenburg beschäftigte. Die ehemalige Lehrerin ist Mitglied im „Netzwerk Tolerantes Teltow“, das sich erfolgreich dafür starkgemacht hat, dass ein Bekleidungsgeschäft der rechten Szene die Altstadt verlässt. Kopfschüttelnd erzählte sie, dass sogar eine Feuerwehr ihre T-Shirts dort bestellt hatte. Das lokale Nazimilieu habe bereits versucht, sich in Sportgruppen zu etablieren. Ein Elternvertreter habe seinen Einfluss genutzt, um mit Schülern militärische Übungen zu absolvieren. Bildung und Aufklärung seien nötig, damit rassistischer und antisemitischer Propaganda der Nährboden entzogen wird, befand Referent Michael Hüllen vom brandenburgischen Verfassungsschutz.

Laut Erkenntnissen des Verfassungsschutzes existiert im Raum Teltow die Band „Hassgesang“, die auch an der 2009 produzierten und beschlagnahmten Schulhof-CD der NPD beteiligt war. Drohende Untergangsszenarien, Stichworte wie „Volkstod“ und „Überfremdung“ gehören zum Vokabular der Texte, die meist zum Marsch auf die Straße aufrufen.

Zwar sei die NPD mit rund 60 Mitgliedern im Kreisverband relativ klein, aber zunehmend werde der Blick auf die Jugend gerichtet, erklärte Hüllen, wobei die „Jungen Nationalen“ (JN) mit derzeit 40 Mitgliedern im Land Brandenburg eine Scharnierfunktion erfüllen. Mit „rechtem Lifestyle“ bediene man sich des Internets, Netzwerke werden genutzt, um sich auszutauschen. Ebenso laufe über das Netz der Vertrieb von Szenekleidung und Musik. Letztere würde als akustisches Lockmittel eingesetzt, auch um sich eine moderne Aura zu geben. Entsprechende Webseiten abzuschalten sei schwierig, räumte Hüllen ein, da die Server oft in Russland, der Schweiz oder den USA stünden.

Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers, der mit seinem Kleinmachnower Amtskollegen Michael Grubert an der Diskussion teilnahm, resümierte für Stahnsdorf: „Seit 1991 ist im Ort eine Menge passiert, da stehen wir ganz gut da.“ Der Bürgermeister erinnerte an den Fehler, dass auf die Treffen rechtsorientierter Jugendlicher der Klub geschlossen wurde. Heute bemühe sich die Kommune über die Freizeiteinrichtung Clab, die Jugendlichen in demokratische Gestaltungsprozesse einzubeziehen. Wichtige Voraussetzung sei eine gute soziale Infrastruktur im Ort, so Albers.

Auch der Schulleiter der Teltower Mühlendorfoberschule, Christof Kürschner, zog ein positives Fazit der Aktivitäten gegen rechtsextreme Umtriebe. Im Rahmen einer Lernpatenschaft reisten kürzlich acht Schüler nach Santiago de Chile, um sich mit chilenischen Schülern zum Thema Rassismus im Sport auszutauschen. Die Partnerschulen hatten sich ein Jahr lang vorbereitet. „Erfahrungen müssen lebendig sein“, meint Kürschner und stellte klar: Viele Jugendliche seien einfach nur verunsichert.

Das gilt offenbar auch für manche Lehrer: Beate Koch hat Kollegen erlebt, die Angst hatten, Farbe zu bekennen. Dabei sei es wichtig, als Lehrer Vorbild zu sein, weshalb sie selbst sich im Netzwerk und auch in der Teltower Stolpersteingruppe engagiere. Bedauerlich fand Koch, dass der Geschichtsunterricht von wöchentlich drei Stunden auf eine gekürzt worden sei. Da gab ihr Verfassungsschützer Hüllen recht. Kirsten Graulich

Kirsten Graulich

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