
© Andrea Metzler
Potsdam-Mittelmark: Sprechchöre vor dem Landratsamt
„Der Landkreis ist nicht knapp bei Kasse, mehr Geld für Bildung wäre Klasse“: Mit Sprechchören und Transparenten haben gestern rund 60 Mitarbeiter von Kreismusik- und Volkshochschule für eine bessere Bezahlung demonstriert.
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Potsdam-Mittelmark – Dazu waren sie vor das Landratsamt in Bad Belzig gezogen – pünktlich zur Sitzung des Kreistages. Das Gremium ist für den Kreishaushalt und damit auch für die jährlichen Zuschüsse an die beiden Einrichtungen verantwortlich, die vor neun Jahren in einer kommunalen GmbH zusammengefasst worden sind.
Vor allem die Lage der freien Dozenten – allein 130 arbeiten für die Kreismusikschule „Engelbert Humperdinck“ – sei prekär: Nur rund 18 Euro brutto verdienen sie pro Unterrichtseinheit à 45 Minuten – und das, obwohl sie ein Hochschulstudium vorweisen können. Hinzu kommen Nachteile wie die Arbeit auf Basis von Ein-Jahres-Verträgen und Verdienstausfall bei Krankheit und in Ferienzeiten. Von ihrem Honorar, dass sie gern auf 27 Euro erhöht sehen würden, müssen sie sich selbst bei den Krankenkassen versichern. Für die Altersvorsorge bleibt im Moment kaum etwas übrig. Nicht einmal die Fahrkosten werden den freiberuflichen Musik- und Volkshochschullehrern erstattet. „Der Punkt ist erreicht, an dem wir sagen: Es geht nicht mehr“, so die Vorsitzende der Honorarlehrervertretung Kristin Hofmann. Die Folge: Viele Musikschullehrer wandern ab nach Berlin oder in die Landkreise Teltow-Fläming und Elbe-Elster, wo sie wesentlich mehr Geld verdienen können. „Wir bemerken die hohe Fluktuation der Lehrer“, sagte Elternvertreterin Franziska Oeff, darunter würde der Unterricht leiden.
Doch auch die Festangestellten liegen rund 14 Prozent unter dem Tariflohn, wie Lehrervertreterin Katharina Achilles erklärte – ein Ausnahmefall im gesamten Land. Auch das mittelmärkische Landratsamt hatte diese Zahl im vergangenen Jahr eingeräumt und zugleich eine langsame Steigerung der Kreiszuschüsse in die Wege geleitet. In diesem Jahr fließen rund 675 000 Euro aus der Kreiskasse in die KVHS/KMS-GmbH, das seien 27 Prozent der jährlichen Kosten, erläuterte Achilles. 40 Prozent seien vom Land vorgeschrieben. Weitere zehn Prozent kommen aus der Landeskasse, der Rest wird über Gebühren finanziert. Die Lehrervertreterin beklagte, dass die Zuschüsse über die Jahre sogar noch abgenommen hätten, während die Schülerzahlen allein bei der Kreismusikschule von 2500 im Jahr 2003 auf 4000 im vergangenen gestiegen sind. Noch einmal so viele Bürger haben 2011 die über 400 Seminare der Kreisvolkshochschule besucht.
Einen Verbündeten fanden die Pädagogen in Landrat Wolfgang Blasig (SPD), dem sie auch eine Liste mit über 3600 Unterschriften überreichten. „Wir sind tatsächlich in einer komfortablen Haushaltslage“, erklärte er vor den Abgeordneten und verwies auf das gerade diskutierte Leitbild für den Landkreis, in dem die Bildung ein wesentlicher Punkt sei. Für die Arbeit der Lehrer sprach er seine Anerkennung aus: Die Bildungsstätten hätten eine exzellente Qualität und würden förmlich von Schülern überrannt werden. Vor allem auf eigene Kosten hätten sie zusätzlich Unterricht angeboten und so über Jahre die langen Wartelisten abgebaut. „Zumindest über die nächsten drei Jahre sollten wir zu einem zufriedenstellenden Ergebnis kommen“, so der Landrat.
Die Forderungen der Volkshoch- und Musikschulmitarbeiter nach Erhöhung des Kreiszuschusses, Tarifbezahlung und der Schaffung von 20 Vollzeitstellen sollen nun im Bildungsausschuss diskutiert werden. Für die Demo gestern, das unterstrichen die Pädagogen, sei keine Unterrichtsstunde ausgefallen. Man habe sich freigenommen – in den meisten Fällen unbezahlt.
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