Potsdam-Mittelmark: „Teil der regionalen Identität“
Minister Woidke will sich bei der EU für den guten Namen des Werderaner Obstweins einsetzen
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Werder - Mit allen Mitteln will sich Brandenburgs Landwirtschaftminister Dietmar Woidke (SPD) dafür einsetzten, dass der Werderaner Obstwein auch künftig noch Wein heißen darf. Wie berichtet, soll nach Plänen der EU-Kommission diese Bezeichnung bald nur noch tragen dürfen, was aus Trauben hergestellt wird. „Unseren Obstwein gibt es schon länger als die Bürokraten bei der EU“, sagte er gestern gegenüber den PNN. Obstwein sei ein Teil der regionalen Identität, betonte Woidke.
Auch Manfred Kleinert, Vorsitzender der Fachgruppe Obstbau im Landesverband Gartenbau, hält den Gesetzentwurf nicht für durchsetzbar. Er geht davon aus, dass der Werderaner Obstwein seinen Namen behalten darf, weil er dem Reinheitsgebot entspreche: „Jeder weiß das, nur die Politiker in Brüssel nicht. Es muss zwischen Brüssel und der Region einen Kompromiss geben.“ Trotz europaweit einheitlicher Regelungen müsse Rücksicht auf regionale Besonderheiten genommen werden, so Kleinert.
Eigentlich macht das die EU auch: Mit hohen Summen fördert sie Entwicklung im ländlichen Raum, unterstützt regionale Produkte. „Die Wein-Regelung wäre jedoch kontraproduktiv“, sagte René Lehmann vom Verband Pro Agro. Er sieht die Ursache des Konfliktes in einem sprachlichen Problem. In anderen europäischen Ländern hat der Obstwein eigene Namen: „Cidre“ heißt er in Frankreich, „Cider“ in England. In Deutschland gibt es seit jeher einfach nur Obstwein, sieht man von regionalen Bezeichnungen wie dem hessischen „Äppelwoi“ ab.
Die Werderaner Obstbauern fürchten nun durch die geplante EU-Verordnung Verluste. Mit einem anderen Namen müssten sie ihre Produkte wieder neu auf dem Markt positionieren. Ob die Fruchtweine dadurch für die Kunden an Attraktivität verlören ist ungewiss.
Betroffen könnte auch das Baumblütenfest sein. „Unser Obstwein ist mit Tradition verbunden und lockt jährlich Tausende Besucher nach Werder“, sagte Manfred Memmert, Geschäftsführer der Hohenseefelder Süßmost- und Weinkelterei. Diese Einnahmequelle für Obstwein–Produzenten aus der Region würde sicher leiden. Hinzu kämen Umstellungskosten: Etiketten, Kartons, Internetauftritt, Werbematerial und Preislisten müssten erneuert werden. Umsatzeinbußen befürchtet auch Obstbauer Stefan Lindicke: „Es wäre schwer, die Kunden an einen neuen Produktnamen zu gewöhnen.“ Er vertraut indes darauf, dass es die Politik in Brüssel noch richten wird. Auch Werders Bürgermeister Werner Große (CDU) kündigte bereits entschiedenen Widerstand gegen diesen Teil der Weinreform an.
Die Diskussion um die Bezeichnung des süffigen Getränks hält Obstweinproduzent Memmert indes auch fachlich für müßig: „Das ist vollkommener Blödsinn, jeder Wein besteht aus vergorenem Obst – auch Traubenwein, das ist per Definition so.“ Der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission sei einfach unausgereift. Memmert kann sich keinen anderen Begriff für seine Weine vorstellen: „Der Obstwein bleibt ja ein Wein. Und er ist ebenso hochwertig, wie der Traubenwein.“ Auch der Herstellungsprozess sei sehr ähnlich.
Nachdem im Zuge der EU-Weinmarktreform auch der Obstwein bisher als Weinsorte anerkannt werden sollte, tauchte ein entsprechender Abschnitt in der jüngsten Fassung nicht mehr auf. Ob der Absatz wieder in den Entwurf von Agrarkommissarin Mariann Fischer-Boel (Dänemark) aufgenommen wird, bleibt abzuwarten. Der EU-Ministerrat wird sich voraussichtlich im Dezember mit der Reform befassen. Ein Ergebnis wird bis Mitte 2008 erwartet. Carina Körner
Carina Körner
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