Von Tobias Reichelt: Teltows Abschied von den Stadtwerken
Die meisten Stadtverordneten scheuen die Risiken und wollen Zusammenarbeit mit eonedis fortsetzen
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Teltow - Die Stadt Teltow will nicht in den Energiemarkt einsteigen. Die Stadtverordneten haben am Mittwochabend die Debatte um die Übernahme der Strom- und Gasnetze in der Stadt gestoppt – und sowie auch die Gründung eigener und später vielleicht regionaler Stadtwerke mit den Nachbarkommunen Kleinmachnow und Stahnsdorf. „Wir schießen damit zum jetzigen Zeitpunkt über das Ziel hinaus“, erklärte Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) seine und die Bedenken der Mehrheit der Stadtverordneten. Auf dem Weg zur Gründung eigener Stadtwerke hätte die Kommune Millionenkredite aufnehmen müssen – Befürworter hatten hingegen die Gewinnaussichten hervorgehoben.
In der Abwägung zwischen Chancen und Risiken lehnten die Stadtverordneten – gegen die Stimmen von Linken und Grünen – die Ausschreibung eines Interessenbekundungsverfahrens ab. Mit dem Verfahren sollten Partner aus der Wirtschaft gefunden werden, die sich an der Gründung der Teltower Netzgesellschaft beziehungsweise der Stadtwerke hätten beteiligen können. Das Verfahren galt als Voraussetzung zum Kauf der Energienetze. Der Preis allein für das Stromnetz hätte sich auf 11 bis 14 Millionen Euro belaufen. Mit einem Partner aus der Wirtschaft sollte das finanzielle Risiko der Stadt bei der Kreditaufnahme begrenzt werden. Teltow hätte eine Minderheitsbeteiligung an der zu gründenden Netzgesellschaft erworben.
CDU-Fraktionschef Peter-Joachim Trog sprach von einem „Bazillus“, der einige Stadtverordnete in der Debatte erfasst hätte. Fünf Millionen Euro Vermögenszuwachs wies eine angefertigte Machbarkeitsstudie aus – „aber in wievielen Jahren steht dort nicht“, sagte Trog. FDP Politiker Uwe Valentin sah gar ein „Abenteuer“. SPD-Fraktionschefin Christine Hochmuth hob hervor: „Wir sind eine Stadt ohne Schulden.“ Erhard Wigand pflichtete ihr bei: „Mit absoluter Sicherheit werden wir unseren Schuldenstand erhöhen.“ Das sei unverantwortungsvoll und unseriös. Mit der Übernahme der Enegienetze erwerbe man keine Gelddruckmaschine. Im Gegenteil, erklärte auch FDP-Politiker Hans-Peter Goetz: Der jetzige Inhaber der Stromnetze, eonedis, sorge für ein reges Gewerbesteuereinkommen und zahle für die Leitungen auf öffentlichem Grund und Boden eine Konzessionsabgabe. Die Konzessionsverträge sollten verlängert werden, um stabile Einnahmen zu erhalten.
Ein Kauf der Netze ist nur möglich, wenn die Konzessionsverträge nicht verlängert werden. So versuchten Linke und Grüne lange, die Stadtverordneten vom Interessenbekundungsverfahren zu überzeugen. Es könne belastbare Zahlen über das tatsächlich zu erwartende Risiko der Netzübernahme liefern, betonte Linken-Chef Steffen Heller. „Es geht um die Prüfung der Chancen. Da kann man nicht ernsthaft dagegen sein.“ Parteikollege Wolfgang Köhn unterstützte ihn: In Kleinmachnow sei man den Schritt gegangen, habe sich der Idee eines regionalen Stadtwerkes nicht verschlossen. Teltow vergebe eine große Chance, warnte der Grünen-Politiker Eberhard Adenstedt. Mit den Netzen erhalte die Stadt Mitbestimmungsrechte und der erwirtschaftete Gewinn bliebe in der Region.
Doch die Zweifel überwogen. Ludwigsfelde betreibe eigene Stadtwerke, sagte Eberhard Derlig (FDP), die Strompreise in der Stadt seien aber nicht geringer. Parteikollege Goetz verglich die Teltower Stadtwerkegründung mit dem Glücksspiel Monopoly: „Sie können den Bahnhof oder das E-Werk kaufen, aber sie werden damit nicht das Spiel gewinnen.“
So kündigte Bürgermeister Schmidt an, die Verhandlungen mit den Energielieferanten über die Verlängerung der Konzessionsverträge fortzuführen. „Damit fahren wir nicht schlecht.“ Die Laufzeit soll kürzer ausfallen als bisher – eine neue Debatte um eigene Stadtwerke rückt damit in nicht allzuweite Ferne.
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