Von Henry Klix: Teltows Oberschule in Not
Elternsprecher schaltet Stellenanzeige für Schulleiterstelle / Ministerium will das Gespräch suchen
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Teltow - Zu Beginn des Schuljahres wurden an der Mühlendorf-Oberschule in Teltow sechs Lehrer ausgetauscht – fast ein Drittel der Mannschaft, ärgert sich Horst Ritter. Der Schulelternsprecher fürchtet, dass es bald überhaupt kein bekanntes Gesicht mehr gibt: Die Sek II-Lehrer werden an Gymnasien abgezogen, vier Lehrer sind wegen Krankheit oder Elternzeit längerfristig außer Dienst. Zwei haben einen Umsetzungsantrag gestellt. Angesichts befristeter Verträge, miesem Osttarif, Pendelei zwischen zwei Schulen oder Arbeitswegen von bis zu 160 Kilometern prophezeit Ritter, dass es bald noch mehr werden.
So engagiert das Kollegium auch ist – der Unterrichtsalltag leide zwangsläufig, wenn für 186 Schüler zwei statt vier Deutschlehrer zur Verfügung stehen. Als bekannt wurde, das Schulleiter Jürgen Voigt im Januar 2011 in den Ruhestand geht, überlegte Ritter, was er noch tun kann. Die Stellvertreterstelle ist seit zwei Jahren unbesetzt geblieben. Aber eine Schule ohne Schulleiter?
Am Samstag war eine Anzeige des Elternsprechers in den PNN zu lesen: „Schulrektor/in gesucht für Mühlendorf-Oberschule“. Frustrierte Schüler, hohe Fluktuation der Lehrkräfte und verzweifelte Eltern würden die Bewerber erwarten. Sie sollten am besten eine Zusatzausbildung als Dompteur mitbringen, heißt es da. Ritters Ironie klingt bitter, doch der Elternsprecher hat seit Jahren in der Schule und beim Schulamt vergeblich versucht, die Lage zu entspannen. „Ich habe eher den Eindruck, das Schulamt bemüht sich, Unruhe reinzubekommen“, resümiert er. Und was Stellenausschreibungen angeht, reiche es einfach nicht aus, das Amtsblatt des Bildungsministeriums zu bemühen. „Das liest doch keiner.“ Am Sonntag hat er auch an Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) geschrieben. „Soll die Mühlendorf-Oberschule in Teltow ausgehungert werden?“, steht über dem Brief.
Im Bildungsministerium wird eingeräumt, dass Teltow „besonders gebeutelt“ ist. Tatsächlich habe sich im aktuellen Fall niemand für die Stellvertreter-Stelle beworben, sagt Ministeriumssprecher Stephan Breiding. „An sich gibt es immer Bewerber auf solche Ausschreibungen im Amtsblatt, oft auch aus der eigenen Schule heraus“, so Breiding. Inzwischen habe das Schulamt jemanden im Blick, der im nächsten Schuljahr anfangen soll. Die Mühlendorf-Oberschule bekomme allerdings auch ohne Vize die entsprechenden Verwaltungsstunden zugewiesen. „Das ist keine nominelle Krise.“ Damit es einen möglichst fließenden Übergang gibt, soll die freiwerdende Schulleiterstelle bereits im Januar 2010 ausgeschrieben werden.
Insgesamt sei die Situation im Land Brandenburg angesichts des Schülerschwunds nach wie vor schwierig. Steigender Bedarf im Speckgürtel, Schulschließungen im ländlichen Raum – Breiding spricht von einer „Umsetzungskarawane“. Im Schulamtsbezirk Brandenburg hätten zu Beginn des Schuljahres 14 Prozent aller Lehrer die Schule wechseln müssen. Auch Sek II-Lehrer würden „möglichst ausbildungsgemäß“ eingesetzt und gegen Sek I-Lehrern an Gymnasien oder Gesamtschulen ausgetauscht, sagt Breiding. In den Grundschulen habe sich die Lage etwas beruhigt und das Bildungsministerium geht davon aus, dass es im Jahr 2013/14 „für mehrere Jahre“ zu einer stabileren Situation in der Schullandschaft kommt.
Mittelfristig will „Rot-Rot“ die Engpässe etwas aufweiten: Die knappe Vertretungsreserve von drei Prozent soll überprüft werden, kündigte Breiding an. Laut Koalitionsvertrag will das Land 1250 neue Lehrkräfte einstellen, die meisten zu Beginn der Legislaturperiode. Wie viele davon zusätzliche Stellen werden, sei noch offen. Immerhin: „Jeder, der in Brandenburg Lehrer werden will und entsprechend qualifiziert ist, hat ab dem kommenden Schuljahr gute Chancen“, verspricht Breiding. „In der Regel“ sei eine Verbeamtung vorgesehen, befristete Verträge soll es nicht mehr geben.
Dass es in der Teltower Oberschule eine besonders kritische Situation gebe, sei im Ministerium angekommen. „Wir werden das Gespräch suchen und schauen, was wir zu geordneteren Verhältnissen beitragen können.“ Ob Elternsprecher Horst Ritter der Schule mit der Anzeige einen guten Dienst erwiesen hat, bezweifelt der Ministeriumssprecher allerdings. Breiding spricht von einem „Eigentor“: „Das hat der Mühlendorf-Oberschule eher nicht genutzt.“
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