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Liebhaberstücke. Vom Cabriolet und der weißen Limousine will sich Frank Ehle nach dem Ende der Saison trennen. Die Trabis schaltet man noch mit einem Hebel am Lenkrad.

© A. Klaer

Brandenburg: Trabantvermietung Potsdam vor dem Aus

Frank Ehle betreibt seit 2009 die Trabantvermietung Potsdam in Neuseddin. Im Oktober wird er sie schließen - und hofft auf einen Nachfolger.

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Seddiner See - Servolenkung, Klimaanlage, Sitzheizung – nichts davon hat der Trabi nötig, um seinen Kultstatus zu verteidigen. „Das ist einfach pures Autofahren, ohne jeden Schnickschnack“, sagt Frank Ehle, Inhaber der Trabantvermietung Potsdam. Auf einem Lagerhallengelände in Neuseddin stehen seine drei Schmuckstücke nebeneinander. Der hellblaue sei der erste gewesen, sagt Ehle, und klingt ein bisschen wehmütig. Die letzte Saison der Trabantvermietung wird in diesem Oktober zu Ende gehen, danach schließt Ehle sein Kleinunternehmen. Die Zahl der Aufträge seit der Eröffnung 2009 sei unter den Erwartungen geblieben, sagt der 34-Jährige. Und, ein vielleicht noch wichtigerer Grund: Da seine Frau und er sich Kinder wünschen, möchte er nicht mehr ständig am Wochenende arbeiten müssen. Seinen bisherigen Teilzeitjob als Kurier wird Ehle ab Oktober darum in Vollzeit ausüben.

Schöne Urlaube in der Kindheit mit dem Trabi in der Brandenburger Umgebung

Seine drei Schätze jedoch wird der Trabi-Fan vermissen. Das Interesse am DDR-Kultauto ist bei ihm in persönlichen Erinnerungen begründet. „Meine Eltern sind Trabi gefahren, einen runden P50 mit total ausgeblichenem Lack“, erinnert er sich. „Der sah im Grunde mehr aus wie eine Schüssel als wie ein Auto.“ Weite Fahrten hätten die Eltern mit dem Gefährt nicht unternommen. „Aber ich weiß noch, dass wir ein paar schöne Urlaube hier in der Brandenburger Umgebung gemacht haben.“

Schon während seiner Lehre zur Fachkraft für Lagerlogistik habe er gemerkt, dass weder die Branche noch das Angestelltendasein das Richtige für ihn seien, sagt Ehle. Schließlich inspirierten ihn die Kindheitserinnerungen dazu, sein eigenes Unternehmen zu gründen. Anfangs betrieb er es von seinem Zuhause in Potsdam aus. Als es dort zu klein wurde, mietete Ehle einen Raum in Babelsberg: „Es war wirklich ein großer Raum, keine Garage. Man musste schon etwas rangieren, damit die drei Fahrzeuge da reinpassten.“ Als der Vermieter Eigenbedarf anmeldete, musste Ehle mit seinen Trabis erneut umziehen. Nach einer kurzen Station in Werder (Havel) zog es Ehle schließlich nach Neuseddin, wo er in der Lagerhalle ein kleines Büro mit PC angemietet hat. Normalerweise kommt er nur her, wenn Kunden sich angemeldet haben, denn sonderlich gemütlich ist das Büro – eigentlich nur ein abgetrennter Bereich innerhalb der Halle – nicht.

Für Ungeübte gibt Ehle auf dem weitläufigen Gelände gern erst mal eine kleine Einweisung in das Trabifahren. Das kann sich für manchen Kunden anfühlen wie eine Rückkehr in die erste Fahrstunde. Nicht nur der ohrenbetäubende Lärm und der durchdringende Benzingeruch nach dem Drehen des Zündschlüssels sind gewöhnungsbedürftig, auch in die Gangschaltung neben dem Lenkrad müssen sich Neulinge erst einfinden. Zur Erinnerung liegt in jedem von Ehles Trabis eine grafische Anleitung parat, die erklärt, in welche Richtung der Hebel gezogen und gedrückt werden muss, um hochzuschalten oder rückwärts zu fahren. Einige seiner Kunden seien schon Trabi-erfahren und bräuchten die Anleitung nicht, sagt Ehle. „Das sind Ältere, die in der Vorwendezeit einen eigenen hatten und dann beim ersten Gasgeben ganz emotional werden.“ Es gebe allerdings auch Jüngere, die zu ihm kämen, um das Fahrerlebnis einfach mal auszuprobieren. Manche Kunden mieteten sogar einen oder gleich alle drei Wagen für ihre Hochzeit.

Zwei Stunden Ostalgie für 50 Euro

Die meisten seiner Kunden kämen aus Berlin, wahrscheinlich wegen der dort deutlich höheren Preise, sagt Ehle. Zwei Stunden Ostalgie kosten in Neuseddin 50 Euro, in Berlin müssen Kunden mit fast dem doppelten Betrag rechnen. Langfristig aber habe sich das Geschäft dennoch nicht gerechnet. Die Versicherung für Mietwagen sei teuer und außerhalb der Sommermonate stünden sie ungenutzt herum, verursachten also Kosten, ohne etwas einzubringen. Auch sei Neuseddin für viele wohl doch etwas zu weit außerhalb. „Vielleicht hätte ich auch nur etwas mehr in Marketing investieren müssen“, sagt der Unternehmer. Aber für Investitionen mit ungewissen Aussichten habe ihm dann doch immer das nötige Kleingeld gefehlt.

Wenn jemand aber bereit sei, ihm das Unternehmen abzukaufen und mit mehr finanziellen Mitteln weiterzuführen, würde ihn das sehr freuen, sagt Frank Ehle. Sollte sich bis zum Ende der Saison niemand gefunden haben, werde er den weißen und den türkisfarbenen Trabanten verkaufen. Wenigstens das wird für ihn ein gutes Geschäft sein: „Die sind heute schon gut das Doppelte von dem wert, was ich vor ein paar Jahren bezahlt habe.“ Unfassbar findet er, dass nach der Wende viele Besitzer ihren Trabi einfach im Wald stehen ließen.

Kunden, die bei ihm Gutscheine gekauft hätten, könnten diese übrigens innerhalb der Gültigkeit auch nach Ablauf dieser Saison noch einlösen, sagt Ehle. Dann allerdings nur noch mit dem hellblauen Trabi, den er auf jeden Fall behalten werde.

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