Potsdam-Mittelmark: Unbedingt studieren
Fachkräftemangel in Brandenburg / Arbeitsminister Baaske am Beelitzer Gymnasium
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Fachkräftemangel in Brandenburg / Arbeitsminister Baaske am Beelitzer Gymnasium Beelitz. Wie kommen Schüler an Nebenjobs? Warum soll jeder in Zukunft zehn Euro für den Arzt bezahlen – und was macht eigentlich ein Frauenminister? Diesen Fragen stellte sich gestern Günter Baaske (SPD) im Sally-Bein-Gymnasium. Die zwölfte Klasse hatte Brandenburgs Minister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen in den Politikunterricht eingeladen. Baaske forderte bei dieser Gelegenheit die Gymnasiasten dazu auf, nach ihrem Abitur unbedingt zu studieren. Trotz ungefähr 270000 Arbeitslosen in Brandenburg mangele es im Land stark an Fachkräften. Mit einem Studium habe man wesentlich größere Chancen auf dem Arbeitsmarkt, hob der Minister hervor. „Von den Universitätsabsolventen sind nur drei Prozent arbeitslos.“ Anders sehe es bei den Leuten ohne Ausbildung aus: Von ihnen hätten 22 Prozent keinen Job. In Brandenburg würden weniger Abiturienten studieren wollen, als in anderen Bundesländern – wodurch die Lage auf dem Ausbildungsmarkt verschärft werde. Ein Studium sei immerhin auch eine Kostenfrage, gab eine Schülerin zu bedenken. „Nicht jeder kann sich das leisten, und wenn man während des Studiums für den Lebensunterhalt arbeiten muss, kann es sich in die Länge ziehen.“ Für finanziell schlechter Gestellte gibt es ja Beihilfe in Form des Bafög, entgegnete Baaske. Und selbst wenn Studenten arbeiten müssen, sei die Regelstudienzeit zu schaffen – der Minister habe während seiner Studienzeit als Discjockey gearbeitet, „und ich war nach vier Jahren fertig.“ Aber auch mit fertig Studierten habe der Minister seine Not: Viele würden sich nach dem Abschluss nicht ins Berufsleben trauen. Ähnlich sei es bei Absolventen der Real- und Hauptschulen: 1500 Jugendliche seien in Brandenburg ohne Ausbildung, „aber viele suchen auch nicht richtig“. Der Minister erkundigte sich nach ehemaligen Mitschülern der angehenden Abiturienten. „Die sind alle irgendwo untergekommen, vorwiegend im Handwerk“, versicherten die Schüler. Das erste selbst verdiente Geld können einige Beelitzer Gymnasiasten gar nicht erwarten, doch wegen der schlechten Lage auf dem Arbeitsmarkt würden keine Pauschalkräfte gesucht werden. „In Beelitz bietet niemand Schülerjobs an“, erzählte Gymnasiast Philipp Käthe. „Eigentlich sollt ihr ja auch lernen und nicht arbeiten gehen“, bekräftigte der Minister die Prioritäten. Natürlich sei es schwer, an solche Mini-Jobs zu kommen, viel Kreativität sei gefragt. Baaske erzählte von einem Schüler, der morgens Brötchen verkauft und sich damit ein bisschen Geld verdient. Er hatte auch eine Erfolgsstory parat: An einem Gymnasium in Brandenburg habe sich ein Abiturient mit seiner Schülerfirma selbstständig gemacht. Er führt heute ältere Menschen an das Internet heran. Von der Gesundheitsreform bis hin zur niedrigen Geburtenrate in der Mark wurden Themen diskutiert. „Die Schüler hatten mal gesagt: Politiker lassen sowieso nicht mit sich reden“, erinnerte sich Lehrer Ekkehard Kunze. Zumindest darin ließen sie sich eines Besseren belehren.Thomas Lähns
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