Potsdam-Mittelmark: Verluste für Getreidebauern
Einbußen bis 50 Prozent wegen Dürre / Bauernverband zieht positive Bilanz aus Milchpreis-Protesten
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Potsdam-Mittelmark - Die mittelmärkischen Bauern schauen dieser Tage wieder bangen Blickes gen Himmel: Die Getreideernte hat begonnen und bereits jetzt zeichnen sich aufgrund der Wetterextreme Einbußen von bis zu 30, in einzelnen Betrieben sogar bis zu 50 Prozent ab. Die Lage könnte sich noch verschlimmern, wenn nach den vergangenen beiden Dürremonaten jetzt wieder ein regnerischer Juli kommt. Das Wetter lässt sich nicht ändern, der Wasserhaushalt auf den Feldern schon: Auf der diesjährigen Pressekonferenz zum Erntebeginn forderte der Kreisbauernverband einmal mehr eine professionelle Bewirtschaftung der hiesigen Grabennetze. Dafür sprach sich auch Udo Folgart (SPD), Landtagsabgeordneter und Chef des Landesbauernverbandes aus. „Wir brauchen eine beidseitige Wasserregulierung: gegen Trockenheit und Feuchtigkeit gleichermaßen.“
Seit Jahren drückt der Klimawandel die Erträge. Im vergangenen Herbst sorgten reichliche Niederschläge dafür, dass das Getreide kaum Wurzeln ausbilden musste und nun, in den trockenen Monaten, fehlen genau die, um die fehlende Feuchtigkeit aus dem Boden zu ziehen. Dies führt zu einer geringeren Qualität des Getreides: die Körner sind zu leicht. Auswirkungen auf den Markt habe dies jedoch nicht, sagte Thomas Vogt, Geschäftsführer der Agrargenossenschaft „Thomas Müntzer“ im Lehniner Ortsteil Krahne. „In den anderen Bundesländern sind die Erträge normal, und so gibt es nach wie vor auch bei uns für einen Doppelzentner Gerste zum Beispiel 16,50 Euro.“
Wie Vogt suchen auch andere Betriebe nach Möglichkeiten, solche Verluste zu kompensieren. In Krahne bildet die Gewinnung von Biogas mittlerweile ein wichtiges Standbein, auch die Mutterkuhhaltung stützt den Betrieb – und normalerweise würde auch die Milchwirtschaft Gewinne abwerfen. Dies hatte sich im vergangenen halben Jahr jedoch überall grundlegend geändert: Nur noch 32 Cent haben die Molkereien an die Erzeuger gezahlt und damit die Bauern auf die Barrikaden gebracht. Während bundesweit Molkereien mit Traktoren abgeriegelt wurden und Bauern die Milch an die Tiere verfüttert haben, drückten die mittelmärkischen Bauern ihren Protest mit dem Aufkaufen von Milch in hiesigen Supermärkten aus.
Und dieser Protest hat jetzt gefruchtet: „Wir haben die nötige Verhandlungsbereitschaft im Lebensmittelhandel erreicht“, bilanzierte Udo Folgart. Verträge, die eigentlich noch bis Oktober laufen würden, seien jetzt geöffnet worden – und in Anbetracht der Kostensteigerung für die Landwirte würde man einen Preis von mindestens 40 Cent pro Liter Milch erreichen müssen. Zudem will der Deutsche Bauernverband (DBV), dessen Vizepräsident Folgart ist, jetzt auch das Kartellamt einschalten: „Wenn Aldi den Preis gegenüber den Molkereien vorgibt und alle anderen ziehen nach, dann sind das Absprachen.“
Der DBV will nun auch Arbeitsgruppen aus Landwirten und Molkereien einberufen, um die künftige Zusammenarbeit neu zu gestalten. „Im Moment ist es so, dass wir Milch liefern und einen Monat später sagt man uns, was wir verdient haben. Solche Methoden gibt es sonst nirgends in der Wirtschaft“, sagte Kreisbauernverbandschef Wolfgard Preuß kopfschüttelnd. „Wir müssen noch einiges Eis brechen“, prophezeite Folgart, gab sich aber optimistisch: Aus den Protesten seien die Bauern gestärkt hervorgegangen. „Der Bauernverband war selbst überrascht über die Bereitschaft der Landwirte, die Milchlieferung zu stoppen.“ So beeindruckend wie der Zusammenhalt sei auch das positive Echo in der Öffentlichkeit gewesen. Folgart: „Jetzt können die Preise eigentlich nur noch steigen.“
Thomas Lähns
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