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Im Juli ist das absolute Rauchverbot vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden, doch die momentan gültigen Ausnahmen lassen nicht alle Wirte aufatmen.

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Von Thomas Lähns: Viele Gäste gehen früher

Ein Jahr Rauchverbot: Mittelmärkische Kneipen verbuchen weniger Umsatz, Restaurants haben keine Probleme

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Potsdam-Mittelmark - Rauchen ist schlecht für die Gesundheit, aber ist das Rauchverbot gut fürs Geschäft? Seit mittlerweile einem Jahr ist der Griff zum Glimmstängel in Restaurants, Kneipen und Hotels bis auf kleinere Ausnahmen gesetzlich verboten. Der von den Gastronomen im Vorfeld befürchtete Besucherschwund ist im Landkreis Potsdam-Mittelmark zwar ausgeblieben, doch glücklich sind die Wirte hierzulande nicht: Sie würden gern selbst entscheiden, ob und wo sie ihre Gäste rauchen lassen.

Besonders verärgert sind die Betreiber von Kneipen, denn wo früher die Gäste gemütlich beim Bier rauchten, herrscht jetzt eher Rastlosigkeit: Man muss pendeln zwischen Tür und Tresen, und das würden nur die wenigsten den ganzen Abend lang mitmachen. „Es kommen zwar nicht weniger Stammkunden, doch sie gehen früher – manche gleich nach dem Essen“, berichtet Dieter Schiller, Inhaber der Gaststätte „Stadt Görlitz“ in Beelitz. Die Ausnahmeregelung, nach der die Betreiber von Kneipen mit einer Fläche von maximal 75 Quadratmetern selbst über das Rauchverbot entscheiden dürfen, gilt für ihn nicht: Er bietet kleinere Speisen wie Bockwurst und Bouletten an und bleibt schon damit außen vor. Platz für ein separates Raucherzimmer – auch die Möglichkeit wird eingeräumt – habe er nicht. „Wir leiden richtig darunter“, so Schiller, „denn die Leute, die sich früher über den Rauch aufgeregt haben, kommen ja jetzt nicht öfter.“

Im Juli ist das absolute Rauchverbot vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden, doch die momentan gültigen Ausnahmen würden die Wirte in den ländlichen Regionen nicht gerade auf atmen lassen, wie Bodo Rückschlag berichtet. Er ist Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Brandenburg und kennt die Sorgen: Neben steigenden Energiekosten hätten die Wirte nun zwar nicht mit Kunden-, sehr wohl aber mit Umsatzeinbußen zu kämpfen. „Denn die Gäste trinken ihr Bier und gehen nach Hause“, so Rückschlag. Immerhin: Eine Umfrage der Dehoga habe ergeben, dass die Ordnungsämter der Kommunen auf gezielte Kontrollen verzichten würden, dafür hätten dann die Mitarbeiter der Gesundheits ämter ein Auge darauf.

Entschieden wurde in Karlsruhe auch, dass der Nichtraucherschutz Sache der Länder ist. Die arbeiten zurzeit eigene Gesetze aus. Das Brandenburgische Gesundheitsministerium hat sich mit seinem Entwurf im Wesentlichen an den bestehenden Regeln orientiert: Geraucht werden darf auch künftig nur in Kneipen unter 75 Quadratmetern, in denen keine Speisen angeboten werden und Jugendliche unter 18 keinen Zutritt haben – oder in separaten Räumen. „Im Moment stimmen wir uns noch mit den Berlinern ab, damit die Vorgaben deckungsgleich sind“, so Ministeriumssprecher Jens Büttner. Bis zum Sommer solle das „Gesetz zum Nichtrauchendenschutz“ beschlossen werden.

Bis dahin hoffen die Gastronomen noch auf Veränderungen: Es müsste ein Unterschied gemacht werden zwischen Kneipen und Restaurants, findet der Beelitzer Wirt Dieter Schiller. Tatsächlich scheint das Rauchverbot für letztere weniger problematisch zu sein. „Wir haben vorher schon die Gäste gebeten, nicht zu rauchen, da wir eine reine Speisewirtschaft sind“, so Jutta Köthe, Chefin der „Fresdorfer Heide“. Zwar gebe es hier einen abgetrennten Raucherraum, wenn es draußen zu kalt ist, doch werde der nie genutzt. Ähnlich sieht man es im Beelitzer Ortsteil Elsholz in der Gaststätte „Zur Lindenschänke“: „Wir haben keine Probleme mit dem Verbot, brauchen auch kein Raucherzimmer. Nur bei größeren Feiern spaltet sich die Gesellschaft dann.“

Dieses Problem kennt auch Franz Katzmann, Inhaber des „Hotels zur Insel“ in Werder: Es sei störend für Familienfeiern, wenn die Hälfte der Gäste plötzlich den Tisch verlässt. Einen separaten Raucherraum könne er nicht schaffen, also müssen Raucher auch hier vor die Tür – auch das Personal, dass dann Pause machen muss. Andererseits sei aber die Luft besser geworden. Vor- und Nachteile würden sich die Waage halten, sagt Katzmann. Eine Trendwende sieht er übrigens bei den Anfragen für Übernachtungen: Wurde früher gezielt nach Nichtraucher-Zimmern gefragt, fragt man heute nach welchen für Raucher. Davon gibt es aber ausreichend: In 13 der insgesamt 40 Zimmer dürften die Gäste rauchen.

„Die Wirte sollten selbst entscheiden dürfen, es muss nicht alles reguliert werden“, sagt Bernd Gerstädt. Er betreibt die Gaststätte „Dausberg“ in Werder. Bereits vor dem Verbot habe es ein separates Raucherzimmer bei ihm gegeben, und in dem steht sogar ein Billardtisch. Einen interessanten Vorschlag macht indes Steffen Wolff, Inhaber des gleichnamigen Restaurants Caputh: Wie zu DDR-Zeiten könne man das Rauchen zeitlich befristen und den blauen Dunst nur während der Mahlzeiten verbieten.

In einem Punkt sind sich alle befragten Gewerbetreibenden allerdings einig: Die Gäste halten sich an das Rauchverbot und gehen ohne Proteste vor die Tür. „Sie sind sehr diszipliniert“; lobt Franz Katzmann. Ein Lichtblick für die Wirte: Zumindest der Unmut der Raucher bleibt ihnen erspart.

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