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Buntes Gewimmel. Anke Reimann bei der Arbeit im Atelier.

© Eva Schmid

KulTOUR: Vom Lerndorf und von Wimmelbildern Anke Reimann und ihr Schaffen in Michendorf

Michendorf - Frei bleiben und doch nicht arm, wirksam werden ohne die tägliche Tretmühle in irgendeinem Betrieb, gedanklich unabhängig und vor allem kreativ, das wollen viele. Und doch ist es schwer, sozusagen seine „persönliche Marktlücke“ zu finden, da, wo fast alles passt und wo die genannten Bedingungen greifen.

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Michendorf - Frei bleiben und doch nicht arm, wirksam werden ohne die tägliche Tretmühle in irgendeinem Betrieb, gedanklich unabhängig und vor allem kreativ, das wollen viele. Und doch ist es schwer, sozusagen seine „persönliche Marktlücke“ zu finden, da, wo fast alles passt und wo die genannten Bedingungen greifen. Der Michendorfer Buchautorin und -illustratorin Anke Reimann ist das offenbar gelungen. In Leipzig vor weniger als 50 Jahren geboren, im Westharz aufgewachsen und dort mit Sporn und Ehren dem wirklich harten Leben ausgeliefert, darf man sie getrost ein Vielseitigkeitstalent nennen. Von eigener Hand illustrierte Sach- und Kinderbücher, Hörspiele, Lied- und Gebrauchstexte für die Kleinkunst-Bühne, Wimmelbilder, Cartoons, Theaterstücke, Werbe-Illustrationen, Postkarten, Porträts, vieles davon Auftragsarbeiten. Sogar das Schnitzwerken zählt zu ihrem Oeuvre. Einiges aus ihrem bildnerischen Schaffen konnte man letztes Jahr in Kähnsdorfs Kulturscheune bewundern, die lustige Gesellschaft von Wollmaus und Wanderhuhn, Pferd und Pusteblume zum Beispiel. Der größere Rest ist vielleicht nicht so bekannt. Es gibt ja so viele dieser Zunft. Anke Reimann jedenfalls wohnt und arbeitet in Michendorf, dort, wo Has' und Fuchs sich eben nicht Gut Nacht! zu sagen wagen, in einer weitläufigen Reihenhaussiedlung zwischen Bahnhof und Wildwald. Kurz vor dem Himmel, im zweiten Geschoss, ist ihr Arbeitsplatz: Maltisch mit Stiften und Farben, Computer, Entwürfe, Bücher, eine begrünte Terrasse führt ins Freie hinaus.

Zeichnen und Schreiben halten sich bei ihr ungefähr die Waage, doch die Arbeit mit dem Wort war zuerst: Noch in Leipzig arbeitete sie als Hörzeitschriftenredakteurin in der Deutschen Zentralbücherei für Blinde, nach dem Umzug gen Goslar dann bei einer Zeitung als Lokalredakteurin und freie Journalistin. Irgendwann kam das Zeichnen hinzu, ohne dass sie es hätte lernen müssen. 20 Jahre Harz, dann der Umzug mit Mann und Sohn in den Speckgürtel. Ihr neuestes Buch „Das ist der Harz. Fachwerk, Dampfross, Hexenberg“ von 2017 reflektiert ihr gelebtes Verhältnis zum norddeutschen Bergklotz ganz persönlich. Im vergangenen Jahr hat sie sich zur Gründung des Verlages „Asthor“ entschlossen.

Zweierlei macht das Werk dieser Autorin so besonders: Die Welt von Kindheit und Kindern und das, was da in der Fauna so kreucht und fleucht, quakt und springt. Poesie, könnte man sagen. Auch in der Sprache. Sie schreibt und illustriert „Entspannungsgeschichten für Kinder“, will mit den schönsten Zungenbrechern das Mundwerk von Jung und Alt trainieren, veröffentlicht selbst illustrierte Fingerspiele und Abzählreime. Ihre unverwechselbare Handschrift findet man aber auch im Tiergehege zu Kunsterspring, in Wimmelbildern, deren neuestes (noch in Arbeit) Potsdam gewidmet ist. Früher war auch schon mal eines für ein Autohaus dabei. Besonders interessant ein Projekt, welches sie zusammen mit einer Harzer Schule entwickelte: Mit kindsnahen Bildern können die Klein-Eleven selber bestimmen, ob sie schon im „Englisch-Bus“ sind, in der „Mess- und Wiegewerkstatt“ (für Maßeinheiten) oder im Schreibturm. Ein didaktischer Bilderbogen für Kinder und Lehrer, sehr hübsch, und vor allem „kompetenzorientiert“! Das ist Anke Reimann auch. Wer vieles bringt, kann eben manchem etwas bringen. Gerold Paul

Gerold Paul

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