Potsdam-Mittelmark: Von Bundeswehr zur Bündniswehr
In Geltow wurde eine Ausstellung zu 50 Jahren Bundeswehr vorgestellt – die Öffentlichkeit blieb draußen
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In Geltow wurde eine Ausstellung zu 50 Jahren Bundeswehr vorgestellt – die Öffentlichkeit blieb draußen Schwielowsee · Geltow - Der Jubilar wird am 12. November 50 Jahre, sein Name scheint überholt: „Von der Bündnisverteidigung zum Einsatz im Bündnis“, heißt eine Wanderausstellung zu Geschichte der Bundeswehr, die gestern im Einsatzführungskommando in Geltow vorgestellt wurde. Also vielleicht Bündniswehr? Von einem „tiefgreifenden Veränderungsprozess“ sprach der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos, Holger Kammerhof, zur Eröffnung, 6200 Soldaten seien derzeit im Ausland eingesetzt. „Ziel zeitgemäßer Sicherheitspolitik muss es sein, Gefährdungen unserer Sicherheit mit unseren Partnern dort zu begegnen, wo sie auftreten.“ Die Hälfte der 20 Schautafeln ist mit dieser Thematik befasst – ein dicker aktueller Anstrich. Die kleine aber gut strukturierte Ausstellung entstand in Kooperation des Einsatzführungskommandos mit dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt Potsdam, als Ouvertüre zu den kommenden Jubiläums-Feierlichkeiten. Erste Station ist vom 6. bis 9. September der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin. Die anschaulich erläuterten Großtafeln sollen übernächste Woche auch bei der Nato-Verteidigungsministerkonferenz in Berlin gezeigt werden. Schwetzingen, Heidelberg, Mannheim, Garlstedt und Hamburg sind weitere Stationen. In Potsdam und Geltow gibt es keinen Termin, eventuell ist die Schau in den „Wanderpausen“ im Militärgeschichtlichen Forschungsamt zu sehen – keine Adresse für eine breite Öffentlichkeit. Der in der Ausstellung hofierte „Staatsbürger in Uniform“ bleibt hier also eher draußen. Auch der Auftakt gestern war eine geschlossene, von ranghohen Militärs dominierte Veranstaltung. Dass es sich bei der Bundeswehr um eine Parlamentsarmee handelt, wie auf Schautafeln hervorgehoben wird, spiegelte sich in der Gästeschar auch nicht wider – Landtagsabgeordneter und Reserveoffizier Wieland Niekisch war der einzige Vertreter der Legislative. Schade, denn es werden erhellende Einblicke in das sich wandelnde militärische Selbstverständnis zwischen „Kaltem Krieg“ und „Kampf gegen den Terrorismus“ geboten. Besonders erinnerungswürdige Daten werden in längeren Textbeiträgen diskutiert. Mancher könnte an die Stationierung von Atomraketen in den 70er und 80er Jahren oder die Tornados im Kosovo 1999 denken, die Ausstellung sieht andere Marksteine: Die Wiedervereinigung auf Streitkräfte-Ebene oder den Golfkrieg 1990/91, der aus militärhistorischer Sicht – abgesehen von Katastrophenhilfe – ja schon den Auftakt für Bundeswehr-Präsenz im Ausland gab. Titelbild ist eine lachende afghanische Kinderschar, im Hintergrund ein deutscher Panzerspähwagen mit lächelndem Soldaten hinterm MG. Eines der Kinder steht neugierig an einer offenen Tür des Fahrzeugs. Auf knatternde Militärimpressionen wird verzichtet – stattdessen Fotos der Eröffnung einer Mädchenschule im Kunduz, vom Wiederaufbau in Bosnien-Herzegowina, von der Hilfe bei der Oderflut oder der Flut in Hamburg 1962, der Transall bei Hungerkatastrophen. Motive von Einschusslöchern im Tender „Neckar“, der 1987 in den Dunstkreis eines polnischen Manövers geraten war, oder vom ausgebrannten Bus bei Kabul, in dem vor zwei Jahren vier deutsche Soldaten ihr Leben verloren, wirken da fast wie Fremdkörper. Man ist ehrlich mit der Gegenwart, aber nur ein bisschen. Neben einer Szene, in der einer der Särge überführt wird, das Zitat von Peter Struck: „Es ist nicht auszuschließen, dass wir in Einsätzen Soldaten verlieren werden – nicht nur durch Unfälle oder Anschläge, sondern auch durch eine militärische Auseinandersetzung.“ Bündniswehr im Kampfeinsatz – das gab es vorher nicht.
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