
© twl
KulTOUR: Vor der letzten Klappe
Filmjahr Brandenburg endet mit düsteren Visionen für die Landkinos. Neue Ideen und Unterstützung sind gefragt
Stand:
Potsdam-Mittelmark - Im bläulichen Winterlicht leuchtet der neonrote Schriftzug ,,Scala" des Werderaner Kinos kontrastreich gegen den Abendhimmel. Autos rauschen vorbei, Kinogänger finden vereinzelt den Weg hinein. Das knapp 200 Plätze fassende Haus lockt mit Spezialreihen oder wie zum Jahreswechsel auch als Premierenkino: Rubbeldiekatz, der neue Film des Komödien-Regisseurs Detlef Buck, flimmert über die Leinwand.
Filme zum Seniorentee, Autorenfilme, Erstaufführungen: die Versuche des Berliners Knut Steenwerth in Werder sind respektabel. Doch klingt er bitter, wenn er resümiert: „Das Kino funktioniert nur mit gnadenloser Selbstausbeutung.“ Von 2000 bis 2003 waren die einstigen Fontane-Lichtspiele schon einmal geschlossen. Dann übernahm Steenwerth das denkmalgeschützte Haus, doch immer wieder scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, dass auch im Scala wieder der letzte Vorhang fällt. Selbst zum neuen Film von Detlef Buck ist das Haus nur mäßig gefüllt. Richtig voll war das Scala einmal im Sommer, da wurde Musik im Saal gespielt. Immer häufiger denkt der Mittsechziger Steenwerth an Fremdnutzung, wobei Musik, Theater und Film klassischerweise in engem Bezug zueinander stehen.
Ähnliche Probleme kennt auch der Eigentümer der Kleinmachnower Kammerspiele, Karl-Heinz Bornemann. Der etwa gleichaltrige Kleinmachnower ist aber schon einen Schritt weiter gegangen. Er will die Kammerspiele nicht mehr betreiben. Und die Gemeinde hat wegen der erwarteten Kosten für Investitionen und Betrieb gerade den Kauf abgelehnt.
Die Kosten sind eine der vielen Ursachen des Kinosterbens auf dem Lande. In Kleinmachnow hat Bornemann bislang einen monatlichen Zuschuss von 1500 Euro von der Gemeinde erhalten. Über eine solche Unterstützung wäre Steenwerth froh. Seit Jahren wünscht er sich von der Stadt Werder eine Art Sockelfinanzierung, faktisch eine institutionelle Förderung für den Kulturbetrieb. 1500 Euro im Monat von der Stadt, und er könnte sorgenfrei weitermachen, sagt er. Doch es bewege sich nichts.
In Teltow haben die Stadtverordneten im Jahr 2011 ein Zeichen gesetzt und Grünes Licht für den Kauf des seit Jahren leer stehenden Diana-Kinos durch die Kommune gegeben. Doch es soll nur ein Zwischenerwerb sein, um den endgültigen Verfall zu verhindern. Ein Investor und Betreiber für Kneipen-Betrieb und Kulturzentrum wird gesucht.
Oft ist es der Denkmalschutz, der Probleme bereitet. Er verteuert Investitionen und schränkt die Nutzung ein. Andererseits sind die Kammerspiele Treuenbrietzen als Denkmal unlängst auch von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gefördert worden.
Einen Verleih-Ring zu organisieren, um zu besseren Konditionen neue oder beliebte Filme in verschiedene Kinos zwischen Havelland und Fläming zu bringen, ist eine Idee, um die Bilder am Laufen zu halten. Ein weiterer Ansatz ist – wie für die Kammerspiele Treuenbrietzen praktiziert – mit Hilfe eines Fördervereins junge Cineasten einzubinden. Und ein Bekenntnis der Kommune zum Kulturdenkmal ist hilfreich. Auch Beelitz geht jetzt mit gutem Beispiel voran. Bürgermeister Bernhard Knuth (Bürger für Beelitz) hat angekündigt, dass das verfallene Zentrallichtspielhaus Lintow an der Berliner Straße von der Kommune erworben werden soll. Von 50 000 Euro ist die Rede, das entspräche dem Verkehrswert. ,,Es ist ein wunderschöner Saal“, bekundet der kulturliebende Bürgermeister.
So könnten Beelitz mit dem Bekenntnis, Teltow mit dem Kauf und Treuenbrietzen mit dem Förderverein in mancher Hinsicht ein starkes Licht auf Werder und Kleinmachnow werfen – wo die Häuser noch erhalten sind und noch bespielt werden. Und die Lichter müssen nicht notgedrungen nach 100 Jahren Kinoproduktion am nahegelegenen einstigen Ufa-Standort Babelsberg verlöschen.
Thomas Wendel
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: