Potsdam-Mittelmark: Wach geküsst
Jahrelang gammelte das Diana-Kino in Teltow vor sich hin, jetzt wird das Haus zu einem schicken Landhotel umgebaut. Ein Besuch
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Teltow - Dort, wo früher der Filmprojektor stand, könnten bald schon Schnitzel in der Pfanne brutzeln. Auf der alten Filmbühne soll der Vorhang für Musiker und Kabarettisten aufgehen und unterm Dach werden Teltower Gäste schlafen. In das alte Diana-Kino kehrt nach Jahren des Leerstandes wieder Leben ein. Im November dieses Jahres soll das ehemalige Lichtspieltheater als Landhotel Diana an der Potsdamer Straße wiedereröffnen.
Bis dahin muss noch einiges passieren: Vom ehemaligen Kinosaal sind nur die Bühne und zwei verzierte Wandteile aus Gips geblieben. Der Rest ist noch grauer Beton, Elektrokabel ragen aus der Wand, der Estrich muss nach einem schweren Wasserschaden durch einen starken Wolkenbruch vor wenigen Wochen noch mal neu verlegt werden. Der 45 Jahre alte Investor, André Franell, steht inmitten von Arbeitern. Ein Koch schiebt sich durch den Flur am Hintereingang, vorbei an Bauarbeitern und Elektrikern. Er kommt zum Bewerbungsgespräch und sucht den Restaurantleiter.
Während das Kino von innen kaum wiederzuerkennen ist, bleibt die Außenfassade erhalten. Das 1936 erbaute Haus, dem vor mehr als zehn Jahren schon der Abriss drohte, ist mittlerweile unter Denkmalschutz gestellt worden. Filme flimmerten mehr sechs Jahrzehnte lang über die Leinwand; zu Hochzeiten – von 1936 bis zum Bau der Mauer – soll das Kino sogar über 600 Plätze verfügt haben. 2005 fiel dann der Vorhang, im Jahr darauf versuchte ein neuer Betreiber noch mal sein Glück, das jedoch nur vier Monate währte. Das Kino moderte danach vor sich hin, kurz vor dem endgültigen Verfall kaufte es die Stadt, sicherte es und verkaufte es vor zwei Jahren wieder.
Franells Idee, das Kino zu einem Landhotel mit Restaurant, Biergarten und Veranstaltungsbühne umzubauen, kam in Teltow gut an. Der schlanke Mann mit den hellen blonden Haaren investiert nach eigener Aussage nur in für ihn besondere Projekte. Ein altes Krankenhaus und eine DDR-Platte gestaltete er auf schicke Art um. Das alte Kino in Teltow reizte ihn sofort. Nach wie vor ist er von der Historie begeistert. Via Facebook rief er die Teltower dazu auf, ihm ihre schönsten Diana-Erlebnisse zu erzählen.
Veröffentlicht wurden viele kleine Geschichten und Anekdoten. Ein Nutzer erinnert sich an seine Einschulung auf der Bühne des Kinos. Jedem Erstklässler sei eine rote Nelke in die Hand gedrückt worden. Ein anderer Facebook-Nutzer hat noch die bunten Abreißkarten vor Augen, wieder ein anderer hat im Diana seinen ersten Film, „Ronja Räubertochter“, gesehen. Eintritt: 25 Pfennig. Und lecker soll auch ein Getränk namens „Drachenblut“ gewesen sein, das einst im Kino-Café angeboten wurde.
Der neue Eigentümer des alten Kinos geht behutsam mit der Geschichte des Hauses um. Kurz vor dem Umbau bot er die Filmsessel Selbstabholern gegen eine Spende an. Auch während der Bauarbeiten kam Historisches zum Vorschein: „Wir haben einen alten Filmprojektor, viele Zeitungsartikel und auch eine Nähmaschine gefunden“, berichtet Franell. Letztere stehe wohl weniger mit dem Kinobetrieb in Verbindung. Die historischen Stücke will Franell im ausgebauten Dachgeschoss des Hauses für alle Interessierten ausstellen, auch seine Gäste sollen wissen, in was für einem Haus sie absteigen.
Wer vom Diana-Kino nichts weiß, kann nach dem Umbau kaum erahnen, dass hier mal Filme über die Leinwand flimmerten. Gemütlich, modern und dennoch rustikal soll das Vier-Sterne-Landhotel werden. Die hellen elf Zimmer im Dachgeschoss, darunter mehrere Maisonette-Apartments, sollen Urlauber, die Berlin und Potsdam besuchen wollen, aber auch Geschäftsleute ansprechen. Im Gegensatz zu anderen Teltower Hotels will Franell ein individuelleres Ambiente bieten.
Zudem soll das Diana-Kino wie schon einst zu einem kulturellen Treffpunkt werden. Franell plant drei bis vier Veranstaltungen pro Woche, auf die Bühne sollen Musiker und Kabarettisten. Berliner A-Promis seien angefragt, erzählt der Eigentümer, darunter die Schauspielerin und Sängerin Katja Riemann sowie der Jazzmusiker Till Brönner. In dem alten Kinosaal gibt es Platz für 430 Gäste, „1000 brauchen wir pro Woche“, rechnet Franell vor. Mit wirklich viel Gewinn rechnet er aber nicht. In das Projekt hat er dennoch mehr als 2,3 Millionen Euro investiert. Das Diana sei etwas, wo er seine Kreativität ausleben könne, sagt Franell. Und es sei auch eine Art Familienprojekt: Seine Partnerin, von der er getrennt lebt und mit der er zwei Kinder hat, lebt in Teltow. Sie wird das Hotel leiten.
Über die Familie kam der Berliner Investor nach Teltow und bemerkte schnell, dass die Stadt derzeit einen einmaligen Bauboom erlebt. Auch Franell hat daran seinen Anteil: Wenn das Landhotel steht, kommt das nächste Projekt – der Bau von 40 Reihenhäusern im Teltower Mühlendorf. Auch das sei neu für ihn, so viele Reihenhäuser habe er zuvor noch nie bauen lassen, sagt Franell. So spannend wie der Umbau eines Kinos sei das dann aber doch nicht.
Zum Tag der offenen Höfe ist auch das alte Lichtspielhaus am morgigen Sonntag geöffnet. Eine Begehung über die Baustelle in der Potsdamer Straße 54 ist von 12 bis 20 Uhr möglich
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