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Wer zahlt was in Werder (Havel): Waldorfkita in Bedrängnis

Stadt Werder kürzt Zuschüsse an freie Kitaträger. Statt weiter darüber zu streiten, sucht man das Gespräch

Von Enrico Bellin

Stand:

Werder (Havel) - Lässt die Stadt Werder ihre freien Kitas im Regen stehen? Der Kindergarten der Waldorfschule Werder ist jedenfalls in Bedrängnis. Und Schuld ist, so sieht es die Kita-Leitung, unter anderem eine neue Finanzierungsrichtlinie der Stadt für freie Kita-Träger, wie es bei einer Informationsveranstaltung der Stadt zur neuen Richtlinie am Mittwochabend im Schützenhaus hieß. Etwa 70 Eltern von Waldorf-Kindern und Stadtverordnete waren dabei. Die Stadt sieht es freilich ganz anders, immerhin redet man nach langem Streit endlich darüber.

Laut Rebekka Ley, Vorstandmitglied der Waldorfkita, klafft in diesem Jahr eine Lücke von etwa 140 000 Euro im Budget. „Betriebs- und Nebenkosten werden nur zum Teil durch die neue Richtlinie gedeckt, Abschreibungskosten für die Einrichtung nicht erstattet“, so Ley. Das Rathaus hat zwei Jahren an der Richtlinie gearbeitet, nachdem das Rechnungsprüfungsamt die alte Regelung beanstandet hatte. Grund: Die Stadt ist nur zur Zahlung der Nettokaltmiete verpflichtet, hat aber deutlich mehr Kosten und Rechnungen beglichen.

Neue Richtlinie soll rückwirkend wirksam werden

Die neue Richtlinie soll am 2. Oktober beschlossen werden und rückwirkend zum 1. Januar wirksam werden. Demnach kommt das Rathaus künftig für die Kaltmiete, aber auch für einen Betriebskostenanteil und Zusatzleistungen auf. Dazu soll es künftig einen festen Monatssatz von 35 Cent pro Quadratmeter Freifläche sowie 30 Euro pro Kind geben. „Die Waldorfkita bekommt in diesem Jahr in Summe also nicht nur 190 000 Euro verpflichtend, sondern mit unserem freiwilligen Zuschuss knapp 260 000 Euro“, betonte Werders Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU). Über weitere Zuschüsse für die Übergangszeit lasse man mit sich handeln. „Die Stadt hat kein Interesse, dass irgendeine Kita schließt.“

Der Stadtverordnete Peter Kreilinger (CDU) wurde deutlicher: „Ich verwette meinen politischen Kopf darauf, dass die Stadt die Kita zur Not übernehmen würde. Niemand würde seinen Platz verlieren.“ Das Problem der Waldorfkita, die 150 Plätze bietet, sei, dass sie mehr Personal anbiete als vorgeschrieben. „Das ist zwar wünschenswert, denn wir alle wissen, dass der Personalschlüssel vom Land zu niedrig ist.“ Um die Zusatzkosten abzufedern, müsse die Schule aber eigene Anstrengungen unternehmen, Paten suchen. Außerdem zahle die Stadt ja auch nach der neuen Richtlinie deutlich mehr als vom Land vorgeschrieben.

Beitragserhöhung soll Kürzung abfangen

Die Leitung der Waldorf-Kita plant bereits eine Beitragserhöhung für die Eltern, wie es hieß. Laut Bürgermeisterin Saß sind die Beiträge bisher deutlich geringer als in kommunalen Kitas. Auch eine Mutter im Publikum sagte, dass ein städtischer Kita-Platz monatlich 100 Euro teurer sei. Die städtischen Beiträge wurden als unsozial kritisiert, da Eltern ab einem Einkommen von 650 Euro zahlen müssen. Bei der Waldorf-Kita beginne die Zahlungspflicht bei 1500 Euro.

Saß zufolge muss auch die Stadt ihre Beitragssatzung überarbeiten, sie bot der Waldorf-Kita eine Annäherung der beiden Satzungstexte an. Außerdem zahle die Stadt für Plätze bei freien Kitas mehr als für die eigenen, nach einer Überschlagsrechnung der Bürgermeisterin 90 Euro pro Kind und Jahr. Bei 900 Plätzen der freien Träger käme da einiges zusammen. Die Stadt bietet in ihren Kitas Platz für 1750 Kinder. Genaue Zahlen, was das Rathaus für eigene Plätze ausgibt und was für die Freien, will Saß in der nächsten Stadtverordnetenversammlung liefern.

Stadt sieht Landkreis in der Pflicht

Zudem solle die Kita-Verwaltung noch einmal prüfen, ob nicht auch fehlende Gelder vom Landkreis, der für die Finanzierung des pädagogischen Personals zuständig ist, Schuld an der Finanzlücke sind. Die Stadt hat für kommunale Kitas nach eigenen Angaben in den vergangenen drei Jahren 1,35 Millionen Euro zu wenig erhalten, da der Kreis das Personal nur auf Grundlage der Vorjahreszahlen bezahlt und Tariferhöhungen sowie Mehrbedarfe durch mehr Kinder nicht berücksichtigt. Nötigenfalls will die Stadt den Landkreis auf Nachzahlung verklagen. Inzwischen fordern Saß zufolge alle Kommunen des Kreises Spitzabrechnungen, also die Abrechnung nach tatsächlichen Kosten.

Laut Rebekka Ley vom Kita-Vorstand habe man das geprüft. Auch Kita-Geschäftsführer Dieter Dörflinger sieht vor allem fehlende Abschlagszahlungen der Stadt als Grund der Schieflage. „Seit dem zweiten Quartal hat die Stadt den Abschlag von 90 000 Euro halbiert“, so Dörflinger. Er sei froh, dass es nun Gespräche gibt und das Rathaus weitere Förderungen prüfen will. „Wir haben begonnen, Brücken zu schlagen.“ Das soll jetzt auch bei Informationsrunden in den anderen freien Kitas in Werder passieren.

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