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Touristenmagnet. Die „MS Sanssouci“ der Weissen Flotte auf dem Weg von Potsdam nach Werder.

© Ralf Hirschberger/dpa

Potsdam-Mittelmark: Wassertouristen bringen Millionenumsatz

Seit zehn Jahren engagieren sich Kommunen von Potsdam bis Brandenburg/Havel für den Fremdenverkehr. Das lohnt sich

Von Enrico Bellin

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Der Wassertourismus auf der Havel zwischen Potsdam und Brandenburg/Havel wird für die Region immer wichtiger. Das wurde zum 10. Jubiläum der Wassertourismusinitiative Potsdamer und Brandenburger Havelseen, kurz „WIR“, am gestrigen Donnerstag deutlich, das mit einer Bootsfahrt von Ketzin nach Werder (Havel) gefeiert wurde. „Im vergangenen Jahr haben an unserem Stadthafen 2 472 Boote angelegt und uns Einnahmen von 25 300 Euro beschert“, sagte Ketzins Bürgermeister Bernd Lück (FDP). Im Jahr 2006, als sich die Initiative gegründet hat, waren es noch 788 Boote und 5300 Euro Einnahmen.

Die sieben Kommunen, die entlang der Havel liegen und die Initiative finanzieren, wollen es Touristen erleichtern, sich entlang der Havel zurechtzufinden. „Die wichtigste Entscheidung am Anfang war, eine regionale Wasserwanderkarte herauszugeben“, so Brandenburgs Oberbürgermeisterin Dietlind Thiemann (CDU). Schließlich interessieren sich Touristen nicht für Gemarkungsgrenzen. Inzwischen gibt es von der Karte sieben Auflagen, 320 000 Stück sind bereits verteilt worden. Darüber hinaus hat die Initiative auf 21 Messen deutschlandweit über Wassersport in der Region informiert. Die Kommunen haben 430 000 Euro für Marketingmaßnahmen rund um den Wassertourismus ausgegeben.

Mehr als 40 Bootsvermieter gibt es auf dem Abschnitt der Havel, anlegen können die Hobby-Skipper an über 50 gewerblichen Häfen. Erst im vergangenen Jahr hat eine Studie der Projekt M GmbH, die unter anderem von den Industrie- und Handelskammern Berlin und Brandenburg sowie dem Brandenburger Wirtschaftsministerium in Auftrag gegeben wurde, die wirtschaftlichen Gesamteffekte des Wassertourismus untersucht. Ergebnis: Der Tourismus bringt Millionenumsätze. So lasse ein Tourist, der mit dem Kanu unterwegs ist, am Tag 22 Euro in der Region, ein Tourist im Motorboot sogar 26 Euro – jeweils ohne den Mietpreis der Boote. Insgesamt 72 Millionen Euro Umsatz kommen für Berlin und Brandenburg jährlich zusammen, wenn man die Bootsvermietung und die anderen Tagesausgaben der Touristen zusammenfasst. Dazu kommen noch einmal 63 Millionen Euro aus der Fahrgastschifffahrt.

Neben den beiden Fährunternehmen in Brandenburg/Havel und der Weissen Flotte Potsdam sind in der Region die Ketziner Reederei Herzog und die Werderaner Reederei Bernd Kuhl unterwegs, auf deren „MS Bismarckhöhe“ die Jubiläumsfahrt stattfand. Seit 2013 gibt es das Unternehmen. Mit der Fahrgastentwicklung zeigt sich Mitarbeiterin Irina Funke zufrieden. „Es gibt viele Vorbestellungen etwa von Reisebüros, unser Angebot spricht sich immer mehr herum.“ Dienstag bis Sonntag legt die „MS Bismarckhöhe“ dreimal täglich von der Werderaner Insel ab. Die Fahrten gehen auf den Glindower See, nach Töplitz oder nach Caputh zur Nachbargemeinde Schwielowsee.

Deren Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) hofft sogar, künftig noch mehr Fahrgastverkehr auf dem Wasser zu haben. „Mein Traum ist es, die Wassertaxis der Weissen Flotte nach Caputh zu verlängern.“ Das sei für Touristen attraktiv, aber auch für Einwohner, wenn etwa die Straße von Potsdam nach Caputh saniert wird. Die Zusammenarbeit auch mit den großen Nachbarn beim Wassertourismus lobt Hoppe. „Auch die großen Städte Brandenburg und Potsdam haben einen fairen Weg gefunden, mit den kleineren Kommunen auf Augenhöhe zu arbeiten.“

Zu arbeiten gibt es auch künftig einiges. So muss Werders Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) zufolge der Wasser- und Fahrradtourismus noch besser verbunden werden, da auf vielen Booten Räder mitgeführt werden, mit denen sich die Touristen dann an Land fortbewegen. Und Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) zufolge müssen in der Wassertourismusinitiative auch Kulturevents besser vermarktet werden. Zudem sollten die Messeauftritte verstärkt werden.

Die WIR-Initiative war in der Mark ein Vorbild für ähnliche kommunale Zusammenschlüsse an der Unteren Havel und am Scharmützelsee. Doch laut der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH (TMB) zieht trotz des Engagements der Kommunen ein Beteiligter beim Thema Wassertourismus nicht mit: der Bund. Laut Dirk Wetzel, bei der TMB für Wassertourismus verantwortlich, sind bei einer Änderung vor Kurzem alle Wasserstraßen Ostdeutschlands als Nebenwasserstraßen im Bundesnetz eingestuft worden, da als Kriterium für die Einstufung nur die Anzahl der verschifften Güter diene. „Alle Touristiker sind jetzt nervös, da nicht klar ist, was der Bund mit diesen Nebenstraßen vorhat“, so Wetzel gegenüber den PNN.

Zwar wurde im September angekündigt, dass es im Bundeshaushalt auch Geld für die Unterhaltung der Nebenwasserstraßen geben wird. Wie viel das aber tatsächlich sein wird, sei noch völlig unklar. „Der Bund will sparen und vergisst dabei, welche regionalwirtschaftliche Bedeutung der Tourismus hat“, so Wetzel. Durch die gestiegenen Zahlen der Wasser- und Radtouristen fährt etwa die Ketziner Seilfähre, die lange ein Zuschussgeschäft der Kommune war, seit 2010 schwarze Zahlen.

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