Betrugsprozess gegen Ex-Hotelier in Frankfurt (Oder): Wende im Fall Axel Hilpert
Hilpert triumphiert: Im Betrugsprozess gegen den ehemaligen Schwielowsee-Hotelier verstrickten sich Mitarbeiter der Brandenburgischen Investitionsbank in Widersprüche. Und nicht nur das.
Stand:
Frankfurt (Oder) - Der Angeklagte Axel Hilpert, der frühere Schwielowsee-Hotelier, wirkte richtig glücklich an diesem Tag. „Ich bin zufrieden, ich habe lange auf diesen Tag gewartet“, sagte der 69-Jährige, als am Montag die Verhandlung am Landgericht Frankfurt (Oder) im Betrugsprozess vorbei war. „Schade, dass im ersten Prozess nie so danach gefragt worden ist.“ Nun ja, damals hatte Hilpert bis zum Urteil selbst geschwiegen, immer nur seine Anwälte sprechen lassen.
Doch tatsächlich waren es sechs Stunden im Saal 007, in denen es auf den ersten Blick um trockene Wirtschaftsmaterie, um die Auslegung von Paragrafen ging, die aber eine Wende in dem spektakulären Fall markieren könnten. Als Zeugen wurden mit dem Resort Schwielowsee damals maßgeblich betraute Mitarbeiter der Brandenburgischen Investitionsbank (ILB) vernommen, nachdem sich das Landgericht das letzte Mal völlig überraschend für eine komplette neue Beweisaufnahme entschieden hatte.
Welche Rolle hat die ILB damals wirklich gespielt?
Es waren die ersten Zeugen. Und prompt gerät Brandenburgs Förderbank nach den Aussagen in Erklärungsnöte, welche Rolle sie bei der von Brandenburgs Politik gewollten, mit 9,8 Millionen Euro geförderten Hotelanlage damals wirklich gespielt hat. Hilpert war 2012 vom Potsdamer Landgericht wegen Betruges zu fast sechs Jahren Haft verurteilt worden. Und die Rollen waren klar verteilt, hier der böse Betrüger, da die hinters Licht geführte ILB, so sah es zumindest bisher aus. Aber genau dieses Bild bekommt nun Risse. Nach den Aussagen der ILB-Zeugen, auf bohrende Fragen von Gericht und Verteidigung, wusste die ILB über die
Hintergründe des Projektes von Anfang an weit mehr als bislang bekannt, oder hätte es nach den in der Förderbank vorliegenden Unterlagen wissen können, und die ILB fand daran nie etwas Anstößiges. Im Berufungsprozess geht es nach der teils erfolgreichen Revision Hilperts beim Bundesgerichtshof darum, wie viel von den 9,8 Millionen Fördermitteln er sich privat erschlich. Von der Höhe des Betrugsschadens hängt ab, ob Hilpert doch noch ins Gefängnis muss. Den Betrug selbst hatte auch Karlsruhe nicht in Frage gestellt. Unstrittig für seine Verurteilung ist sein Rabattsystem, bei dem im Grunde jeder, der für das Resort einen Auftrag bekam, an Hilpert gesondert eine „Provision“ zahlen musste.
Hilpert könnte mit einer Bewährungsstrafe davon kommen
Wäre aber allein der Anteil der Provisionen an der Förderkalkulation der Schaden, käme Hilpert wohl mit einer Bewährungsstrafe davon. Doch aus Sicht der Staatsanwaltschaft war das Ausmaß weit höher. Und so stand auch am Montag die Firmenkonstruktion für das Resort Schwielowsee im Mittelpunkt, bei der die Dachfirma „Theodor Fontane“ (Geschäftsführer Hilpert, Firmenanteil 24,5 Prozent), damals von der Hilpert-Firma PMPS (Geschäftsführer: Hilpert, Anteil 100 Prozent) bauen ließ. Die wiederum vergab die Aufträge an Dritte, etwa einen Generalunternehmer, der das Hotel baute. Die Staatsanwaltschaft sieht schon in dieser Konstruktion den Betrug. Und sie stützt sich auf den Förderbescheid, der eine Abrechnung von Kosten „verbundener und verflochtener Unternehmen“ ausschloss. Der trägt das Datum vom 18. März 2004. Was in den Monaten vorher passierte, wird aber immer mysteriöser. Ein erster Entwurf vom Dezember 2013, der explizit Gewinnaufschläge der PMPS ausgeschlossenen hatte, war umformuliert worden.
Auf Wunsch Hilperts, in einem Schreiben am 14. Januar 2004, und zwar verschärft, so die Aussagen des ILB-Sachbearbeiters Elmar K. und der damaligen Referatsleiterin Marion S. Warum Hilpert, der im Schreiben von „begrenzen“ sprach, das hätte tun sollen? Schulterzucken. Hat die ILB Hilpert je darauf hingewiesen, wie die Förderbank diese Formulierung versteht? Nein, sagte erst K. aus, dann S. Und nach der Aussage von ILB-Sachbearbeiter K. war der ILB der Errichtungsvertrag zwischen den Firmen „Fontane“ und PMPS für das Resort Schwielowsee sogar von Beginn an bekannt, der ausdrücklich „Gebühren“ enthielt, also Gewinne Hilperts. Und auf diesen Vertrag bezog sich später die „Fontane“, als sie, nie beanstandet von der ILB, die Fördermittel abrief. Oder die in früheren Jahren von Hilpert (günstig) erworbenen Grundstücke, die mit Aufpreis in dem Vertrag zwischen beiden Firmen einkalkuliert waren. Betrügerisch, so die Staatsanwaltschaft. Kein Förderproblem, sagte K. aus. So hatte Hilpert im Zuge des Vorhabens sein Eigenkapital „erwirtschaftet“.
ILB-Teamleiterin bei einer Lüge ertappt
Geradezu zum Desaster für die Staatsanwaltschaft wurde der Auftritt der damaligen Referatsleiterin S., inzwischen nach eigenen Worten „Teamleiterin“ bei der ILB, über deren Inkompetenz nach kurzer Zeit schon die Mienen auf der Richterbank Bände sprachen. Auch Beobachter der ILB protokollierten im Gerichtssaal fleißig mit. Wenn ich eine Aktie von Telekom und eine von Vodafone habe, sind das dann verbundene Unternehmen, fragte ein Richter. Antwort: „Ja.“ Und dann wurde Marion S. sogar bei einer Lüge ertappt. Sie bestritt zunächst, dass sich das mit dem Resort befasste Trio in der ILB vor dieser Verhandlung extra zusammengesetzt hatte. Nur, dass der ILB-Sachbearbeiter K. genau das vorher als Zeuge ausgesagt hatte. Und eher nebenbei las die Verteidigerin aus einem Vermerk vor, der sich in den Aktenordnern findet, datiert vom 23. Januar 2003, aus der Frühphase des Projektes.
Demnach saßen damals Hilpert-Leute, darunter auch der Potsdamer Unternehmensberater Torsten Bork – ein Mann mit besten Drähten in die damalige Landesregierung, etwa zu Finanzminister Rainer Speer (SPD) – und der für Hilpert damals tätige Linke-Politiker Rolf Kutzmutz, mit dem ILB–Mann und späteren Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums Udo R. zusammen. Und der gab danach Empfehlungen, wie das Resort Schwielowsee konstruiert werden müsse, damit eine Förderung möglich sei: So sei es „wichtig“, zitierte die Verteidigung aus diesem Vermerk, dass Hilpert an der Dachfirma nicht mehr als 25 Prozent halten dürfe. Genau so wurde alles gemacht. So hatte es Hilpert, unmittelbar nach seiner Verhaftung, gegenüber der Polizei ausgesagt. „Ich hatte keine Ahnung von Förderung. Ich wollte, dass ich unterstützt werde, damit es funktioniert“, sagte Hilpert den PNN. Und er sei dann vom Land unterstützt worden.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: