Von Thomas Lähns: Wenn Bäume politisch werden
Ausstellung „Mein Freund der Baum“ in Michendorf eröffnet / Ersatzpflanzung für Stückener Ulmen 2009
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Michendorf - „Mein Freund der Baum ist tot, er starb im frühen Morgenrot“, so geht der Kehrreim eines Schlagers aus den 70ern. In Michendorf hat dieses Klagelied wohl schon so mancher auf den Lippen gehabt: wenn der Nachbar die Kettensäge ansetzte, um sich mehr Licht im Garten zu verschaffen, oder als Bäume reihenweise abgeholzt wurden, wie beim Bau der Umgehungsstraße vor drei Jahren. Der Mensch müsse die Natur erhalten – für diese Botschaft haben fünf Frauen aus der Region zum Pinsel gegriffen. Ihre Werke sind jetzt im Bürgerbüro der Landtagsabgeordneten Susanne Melior (SPD) zu sehen. Die Ausstellung wurde kürzlich von Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) eröffnet.
Es sei bemerkenswert, wenn sich Menschen in der Kunst mit der Natur beschäftigen, so der Minister. Er habe noch die Diskussionen beim Bau der neuen B2 durch die Wälder zwischen Wilhelmshorst, Langerwisch, Wildenbruch und Michendorf in Erinnerung. „Diese Diskussion geht weiter“, bemerkte er. Jeden Tag würden über hundert Hektar Fläche in Deutschland durch Straßen oder Gebäude versiegelt werden. Die Konsequenz: Bauern verlören wertvolle Anbauflächen – und Tiere ihren Lebensraum.
„Mein Freund der Baum“ – der Titel der Ausstellung ist wesentlich optimistischer als das Lied. Es sind zumeist idyllische Bilder, die die Künstlerinnen im Rahmen eines Volkshochulkurses haben entstehen lassen: Kiefern, Weiden und der Michendorfer Apfelbaum. „Behütet“ heißt eines der Werke, auf dem ein junges Mädchen unter einem schützenden Baum sitzt. Ein weiteres zeigt einen stillen Waldweg in der Nähe der Caputher Chaussee: Viel Grün – Hoffnung für die Natur? Die Malerin Inge Büttner berichtete von einem Erlebnis, dass Anlass dazu gibt: Als sie und ihr Mann vor kurzem im Garten einen morschen Baum abgeholzt haben, fragte sogleich ein Passant, ob sie denn auch an die Nachpflanzung denken würden? Für Büttners eine Selbstverständlichkeit, aber für andere?
„Wir wollen die Leute dazu anregen, sich mit dem Thema Wald auseinanderzusetzen“, so Inge Büttner. Von ihr stammt auch das Titelbild: Eine fast entlaubte Weide mit abgebrochenem Ast vor glühend-rotem Himmel. Sie hat ihm den Titel „Leben?!“ gegeben. „Man hört hier noch zu oft die Kettensäge“, sagte „Kuratorin“ Susanne Melior, die unbedingt ein politisches Thema für ihre Ausstellung haben wollte. Andere leisten im Stillen ihren Beitrag, so wie der Langerwischer Eckhard Schulze: Der Rentner pflegt ganz selbstlos die noch jungen Bäume in der Bergholzer Straße. Dessen Engagement würdigte Melior ebenfalls – mit einem Strauß Blumen.
Michendorfs Bürgermeisterin Cornelia Jung (parteilos) gab sich von den Bildern beeindruckt: „Sie gehören hier her, wie die Bäume zu Michendorf.“ Dass in jüngster Vergangenheit nicht nur von Bürgern, sondern auch von der Gemeinde viel gerodet werden musste, bedauerte sie, unterstrich aber auch die Notwendigkeit. 15 Jahre lang sei nichts in Sachen Baumpflege in den Orten geschehen. So sind unter anderem die alten Ulmen in der Stückener Dorfstraße unter lautem Protest gefällt worden. Erste Nachpflanzungen im Gemeindegebiet hat es in diesem Jahr bereits gegeben, Ersatz für die Stückener Ulmen sei für 2009 geplant. Im kommenden Jahr wolle Jung sich mit den Ortsbeiräten um eine Liste von möglichen Ausgleichsflächen bemühen, damit Bauherren direkt in der Gemeinde Ersatzpflanzungen vornehmen.
So könnten die Michendorfer viele neue Freundschaften schließen - und den alten Schlager in die Mottenkiste legen.
Die Öffnungszeiten in der Potsdamer Straße 55: montags, donnerstags und freitags 9 bis 13 Uhr, dienstags 13 bis 18 Uhr.
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