Potsdam-Mittelmark: Wenn der Schüler zum Meister wird
Zum 50. Geburtstag der Musikschule Mittelmark zeigen ehemalige Schüler ihr heute virtuoses Spiel
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Zum 50. Geburtstag der Musikschule Mittelmark zeigen ehemalige Schüler ihr heute virtuoses Spiel Kleinmachnow - Als die Belziger Außenstelle der Musikschule Potsdam im September 1955 ihre ersten Schüler aufnahm, war Musikerziehung eine im Vergleich zu heute noch recht ernste Angelegenheit. Die stark begrenzten Plätze an den staatlichen Musikschulen waren heiß begehrt und der Leistungsdruck bei den Kindern entsprechend hoch. Aufgenommen wurden in der Regel nur Schüler bis zur dritten Klasse, während Jugendlichen und Erwachsenen die Ausbildung an einer staatlichen Musikschule verwehrt blieb. Sie hatten zwar die Möglichkeit, an den Kreiskulturhäusern ein Instrument zu erlernen, jedoch war der Unterricht dort teurer. Diese Strenge der staatlichen Musikschulen mag nicht immer gerecht gewesen sein, kam aber dem spielerischen Niveau der Musikschulschüler sehr zu Gute. Nach sechs Unterrichtsjahren machten sie ihren Grundstufenabschluss, der als Voraussetzung galt, um in einem der über die Grenzen der DDR hinaus angesehenen Jugendorchester spielen zu dürfen. Besonders gute Schüler machten nach etwa zehn Jahren ihren Oberstufenabschluss, der sie vom spielerischen Können zur Aufnahmeprüfung an einer Musikhochschule befähigte. Heute, 50 Jahre später, steht die Leistung nicht mehr im Vordergrund und die Lehrer der Kreismusikschule Potsdam-Mittelmark „Engelbert-Humperdinck" gehen verstärkt auf die Wünsche ihrer Schüler ein. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es heute neben den staatlich geförderten Musikschulen auch zahlreiche private Schulen gibt, die miteinander konkurrieren. Jede Schule ist bemüht, ihre Schüler zu halten, so dass es inzwischen selbstverständlich geworden ist, dass die Schüler Lerntempo und Repertoire mitbestimmen. Auch die Altersbeschränkungen sind längst aufgehoben. Der Leiter der „Engelbert-Humperdinck"-Musikschule Michael Goldammer beschreibt den Wandel: „Schon mit anderthalb Jahren kann die musikalische Früherziehung beginnen und zu alt ist man nie, um ein Instrument zu lernen." 1994 wurden die Musikschulen Potsdam Land und Belzig zur Kreismusikschule „Engelbert-Humperdinck" zusammen gelegt und Michael Goldammer betreut heute rund 2700 Schüler, die von Fachlehrern in Saiten, Tast-, Schlag- und Blasinstrumenten, Gesang oder Musiktheorie ausgebildet werden. Einerseits begrüßt Goldammer, dass sich die Musikschulen heute verstärkt auch der Breitenausbildung widmen. Andererseits sei das spielerische Können der Schüler auch entsprechend geringer, als früher. Einige Lehrer aus der ehemaligen DDR sind nach wie vor im Zwiespalt zwischen wirtschaftlichen Erwägungen und dem Anspruch, ein Instrument richtig zu beherrschen. Stolz sind Musikschulleiter Goldammer und seine Fachbereichskollegen auf Schüler, die den musikalischen Weg weiter beschreiten, obwohl der Beruf des Musikers oft als „brotlose Kunst" gilt. Einige ehemalige Schüler, die diesen Weg gegangen sind, gehören heute zu den besten ihres Fachs und sind an den großen Konzert- und Opernhäusern Deutschlands engagiert. Cellist Claudio Corbach war von 1986 bis 1990 Musikschulschüler und ist heute Ensemblemitglied im Orchester der Deutschen Oper in Berlin. Violinistin Katrin Scholz hat die Musikschule von 1974 bis 1979 besucht und ist jetzt künstlerische Leiterin des renommierten Berliner Kammerorchesters und Professorin an der Bremer Hochschule für Künste. Ein weiteres Aushängeschild der Musikschule “Engelbert-Humperdinck" ist die ehemalige Klavierschülerin Susanne Grützmann, die von 1969 bis 1978 Unterricht nahm und heute zu den besten Pianisten in Deutschland zählt. Mit fünf Jahren begann sie, auf Wunsch ihrer Mutter, die selbst ausgebildete Klavierlehrerin ist, das Tastenspiel zu erlernen. Susanne Grützmann fiel das Erlernen ihres Instruments leicht: „Ich habe das tägliche Üben nie als Druck empfunden." Schon mit sechs Jahren gewann sie ihren ersten Wettbewerb, zur großen Freude ihrer Lehrerin Modeste Beer, die lange Zeit ihr großes Vorbild war. Nach insgesamt neun Jahren an der Musikschule studierte Grützmann an der „Hanns-Eisler-Musikhochschule" in Berlin Klavier bei Dieter Zechlin und konzertierte anschließend mit bedeutenden Orchestern, wie dem Gewandhausorchester zu Leipzig und dem Bayrischen Staatsorchester München. Die Pianistin lebt auch heute noch in Kleinmachnow und übt dort täglich drei bis vier Stunden, um sich auf Konzerte oder CD-Produktionen vorzubereiten. Dabei gehe es nicht nur darum, die Fingertechnik zu beherrschen: „Besonders schwierig ist es, alles im Gedächtnis zu behalten.", verrät sie. Zu ihrem Repertoire gehört die romantisch-klassische Klavierkonzertliteratur und Solokonzerte von Bach bis zur Moderne. Wer das virtuose Fingerspiel der drei ehemaligen Musikschulschüler selbst einmal in Augenschein nehmen möchte, hat dazu am 21. September im Stiftstheater des Augustinums Gelegenheit. Susanne Grützmann, Claudio Corbach und Katrin Scholz geben ein Jubiläumskonzert anlässlich des 50. Geburtstages der Kreismusikschule Potsdam-Mittelmark. Konzertbeginn ist um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei. Juliane Schoenherr
Juliane Schoenherr
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