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Wieder vor Gericht. Der ehemalige Hotelier Axel Hilpert und sein Anwalt Matthias Schöneburg am Landgericht Frankfurt (Oder), hier im April dieses Jahres. Das Gericht soll darüber entscheiden, um wie viel Geld der Unternehmer Brandenburgs Investitionsbank betrogen hat.

© Patrick Pleul/dpa

Hilpert-Prozess in Frankfurt (Oder): Wer den Schaden hat

Turbulenter Prozess: Nach einem neuen Gutachten betrog Ex-Hotelier Axel Hilpert die ILB am Resort Schwielowsee um 3,8 Millionen Euro. Doch der Gegenangriff der Star-Verteidiger zeigt Wirkung.

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Werder (Havel)/Frankfurt (Oder) - Der frühere Hotelier Axel Hilpert soll Brandenburgs Investitionsbank (ILB) beim Bau des Resorts Schwielowsee um 3,8 Millionen Euro betrogen haben. Diesen Betrugsschaden hat der vom Frankfurter Landgericht eingesetzte Gutachter Günther Conrad in einem neuen „forensischen Wirtschaftsgutachten“ ermittelt. Es wurde am Dienstag vorgestellt, dem zweiten Verhandlungstag des neu aufgerollten Betrugsprozesses gegen den 69-Jährigen. Ein erster Anlauf war im Frühjahr geplatzt, weil das Gericht Nacharbeiten am damals vorgelegten Gutachten verlangte, was Conrad in der gesetzlich vorgeschriebenen Dreiwochenfrist nicht möglich war. Damals war die Betrugssumme noch mit 2,7 Millionen Euro beziffert worden, nun sind es über eine Million Euro mehr. Um die Schadenshöhe dreht sich der aktuelle Hilpert-Prozess. Davon wird das Strafmaß abhängen – und damit, ob der schillernde Geschäftsmann ins Gefängnis muss oder mit einer Bewährungsstrafe davonkommt.

Die Investitionsbank des Landes hatte die 2006 bis 2008 in Petzow bei Potsdam im amerikanischen Stil errichtete Luxus-Hotel-Anlage mit 9,7 Millionen Euro gefördert. Grundlage waren angegebene Investitionskosten von 38 Millionen Euro, die nach dem neuen Gutachten um 14,6 Millionen Euro zu hoch angesetzt waren. Die Summe war aufgebläht, weil etwa Firmen, die Aufträge erhielten, an Hilpert Provisionen zahlten. Er kassierte zudem über Aufträge an eigene Firmen.

Als das Potsdamer Landgericht Hilpert 2012 zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilte, hatte es die Gesamtfördersumme als Schaden – und damit auch als Grundlage für die Strafe – zugrunde gelegt. Dies hatte der Bundesgerichtshof (BGH), der den Betrug selbst nicht infrage stellte, als zu hoch kassiert. Schließlich sei tatsächlich ein Hotel gebaut worden, der Förderzweck erfüllt, so der BGH. Im aktuellen Verfahren muss daher der betrügerisch erschlichene Anteil festgestellt werden.

Für die Ermittlung hatte Conrad rund 1600 Rechnungen ausgewertet. Ob die 3,8 Millionen Euro Bestand haben, ist aber fraglich. Die Vorsitzende Richterin Claudia Cottäus äußerte am Dienstag selbst Zweifel daran. Sie erinnerte an die Bindungswirkung des erstinstanzlichen Urteils. Vorher hatte die Verteidigung offenbar nicht ohne Erfolg versucht, das neue Gutachten anzugreifen. Vertreten wird Hilpert inzwischen von gleich drei Top-Anwälten. Bisher waren es Gerhard Strate, der in Bayern Gustl Mollath aus der Psychiatrie holte, und Matthias Schöneburg, einer der erfolgreichsten Strafverteidiger der Hauptstadtregion. Nun kam noch Martin Lailach von der auf Verwaltungsrecht spezialisierten Kanzlei Kapellmann hinzu, der das Conrad-Gutachten zu zerpflücken versuchte. Es enthalte Schadenspositionen, die gar keine seien und – ein Haupteinwand – über die Vorgaben von Landgericht und Bundesgerichtshof hinausgingen, sagte Lailach den PNN. „Wenn man alles zusammennimmt, dann liegt der Schaden deutlich unter 100 000 Euro.“ Und Strate erklärte, juristisch könne man die Rechnung nicht so aufmachen wie der Gutachter. In der ersten Instanz, im Prozess am Potsdamer Landgericht, sei allein das „Rückvergütungssystem“ als Schadensquelle herangezogen worden. Das jetzige Gutachten hingegen enthalte Posten, die im damaligen Verfahren keine Rolle spielten, aber nun den Schaden zusätzlich in die Höhe trieben. Außerdem habe Hilpert nicht gewusst, dass er die Provision nicht hätte vereinnahmen dürfen oder sie der ILB hätte melden müssen.

Ähnlich äußerte sich Hilpert in einer Verhandlungspause gegenüber den PNN: Es sei „Irrsinn“, wenn im jetzigen Verfahren sich nicht an die Vorgaben der früheren Urteile gehalten würde.

Auslöser der Turbulenzen ist allerdings das Landgericht Frankfurt (Oder) selbst. Dass der ermittelte Schaden jetzt um rund 1,1 Millionen Euro höher als im April ausfällt, begründete Gutachter Conrad mit Vorgaben des Gerichts vom April. Vorsitzender Richter der Kammer war damals allerdings noch der aus dem Maskenmann-Verfahren bekannte Matthias Fuchs, der aber inzwischen verstorben ist. Am 24. November wird der Prozess gegen Hilpert in Frankfurt (Oder) fortgesetzt.(mit dpa)

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