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POSITION: Wichtige Zeitzeugenberichte

Beweislage für medizinische Experimente Scheunerts im Zuchthaus eindeutig Von Roland Thimme

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Mitglieder der Nuthetaler Gemeindevertretung werfen mir vor, dass bei meinen Recherchen zu Arthur Scheunert angeblich nur sogenannte Sekundarquellen herangezogen worden seien, die keine Beweise sind. Verkannt wird dabei, dass diese Dokumente, besonders als Zeitzeugenberichte, oftmals erstrangige Unterlagen sind. Verkannt wird ferner, dass für einen gerechtfertigten Vorwurf „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ es keineswegs konstitutiv ist, ob eine Todesfolge zu verzeichnen ist. Unter politischen Verbrechensarten sind psychologische Foltermethoden von Gefangenen, die nicht zum Tod führen, wie sie im Dritten Reich und in der DDR angewendet worden sind, häufig anzutreffen. Auch eine Vergewaltigung ist ein derartiges Verbrechen.

Die Beweislage für die medizinischen Experimente Scheunerts im Zuchthaus Waldheim mit Häftlingen ist eindeutig und vielfach belegt durch Berichte Betroffener, durch Dokumente der Justizbehörden und durch Scheunert selbst. Bereits Martin Habicht hat in seiner 1983 in Leipzig vorgelegten Dissertation Scheunerts Versuche mit Häftlingen im Zuchthaus Waldheim beschrieben und ihn infolgedessen mit „schwer erkrankten Versuchspersonen“ belastet. Er hat auf die Aussagen der Waldheim-Häftlinge Fritz Selbmann und Horst Sindermann hingewiesen, ersterer bezeugte einige Tote infolge der Experimente.

Es zeugt von moralischer Indifferenz, die Erlebnisse der politischen Gefangenen anzuzweifeln, weil sie im Zuchthaus keine Aufzeichnungen anfertigen konnten. Die Versuchsleiter, darunter Scheunert, werden von Habicht und seinen marxistischen Professoren, darunter ein weiterer Waldheim-Häftling, als Faschisten bezeichnet, ein vernichtendes Verdikt, dass zu dieser Zeit nicht übertroffen werden konnte.

Meine Forschungen haben die vorliegenden Erkenntnisse von Habicht und anderen Autoren durch zahlreiche Quellenfunde erweitert. Scheunert schreibt selbst in seinem Bericht vom 23.3.1940 für den Reichsminister der Justiz, dass er mit „erwachsenen Strafgefangenen“ im Zuchthaus Waldheim medizinische Experimente durchgeführt habe. Er beschreibt die eingetretenen Mangelerscheinungen, die an den Probanden zu beobachten waren.

Scheunerts Bericht durfte nach einer Warnung des Präsidenten des Reichsgesundheitsamts und des Reichsministers der Justiz nicht im Original veröffentlicht werden, um unliebsames Aufsehen zu vermeiden. Der Professor erklärte sich bereit, seine Ergebnisse so zu verharmlosen, dass die inhumanen Aspekte der Menschenversuche nicht mehr allzu deutlich zu erkennen waren.

Bisher hat in Rehbrücke allein ein Kollege Scheunerts, Professor Berthold Gaßmann, die Tätigkeit seines Direktors als unentschuldbar bezeichnet. Eine unverständliche politische Voreingenommenheit könnte „in der Gemeinde“ zu einer Haltung geführt haben, die den Opfern nationalsozialistischer Politik nicht gerecht wird.

Es ist zu begrüßen, wenn sich Laien mit Geschichte befassen, doch sollten sie nicht versuchen, neue dilettantische Kriterien aufzustellen, die gerade passend erscheinen. Dazu gehört die unsinnige Einstufung von Sekundärquellen und die absurde Neudefinition der Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Roland Thimme nimmt in seinem Beitrag Stellung zur Kritik von Nuthetaler Gemeindevertretern an seinen Recherchen zu Forschungen des Rehbrücker Ernährungswissenschaftlers Arthur Scheunert (1879 - 1957) während der NS-Zeit.

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