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Im Atelier pro Arte werden Bücher transformiert: Siegrid Müller-Holtz macht aus literarischen plastische Kunstwerke.

© Thomas Lähns

Potsdam-Mittelmark: Wie der Wälzer zum Kunstwerk wird

Kunsttour Caputh in diesem Jahr mit 28 Ausstellern / Pro Arte startet bereits Mitte August Ausstellung

Schwielowsee - Caputh wird in diesem Sommer wieder zur internationalen Kunstlandschaft: Zum vierten Mal veranstalten das Kulturforum und die Gemeinde Schwielowsee die Kunsttour Caputh. Vom 28. August bis zum 4. September werden insgesamt 28 Künstler aus dem In- und Ausland ihre Werke in 13 Ateliers und Gärten im Ort ausstellen und auch zum Verkauf anbieten. Die Veranstaltung lockt erfahrungsgemäß vor allem Publikum aus der Hauptstadt an den Schwielowsee. „Die Berliner lieben Caputh“, sagt Siegrid Müller-Holtz, die zurzeit für die Kunsttour wirbt.

An zwei Wochenenden und dem ersten Mittwoch im September werden die Ateliers hiesiger Künstler wie dem Mundmaler Thomas Kahlau oder der Bildhauerin Ilka Raupach von 11 bis 18 Uhr geöffnet sein. Die meisten von ihnen haben darüber hinaus befreundete Maler, Grafiker oder Kunsthandwerker nach Caputh eingeladen und bieten ihnen hier ein Podium. Aus Paris zum Beispiel wird Patrick Demazeau anreisen, der mit „Landart“ eine moderne Form der bildenden Kunst betreibt. Dabei werden Landschaften in die gestalterischen Objekte eingebunden. Das plakativste Beispiel ist ein Baum, den der Franzose scheinbar aus einer Bank hat wachsen lassen. In Caputh wird er im Offenen Garten Zagora seine Werke vorstellen. Vor dem Atelier der Malerin Oda Schielicke wird man beobachten können, wie mit der Kettensäge Skulpturen hergestellt werden, und im Haus der Klänge ist ein mittelalterliches Konzert mit der Sängerin und Harfenistin Amy Green geplant.

Auch Siegrid Müller-Holtz wird in ihrem Atelier Pro Arte ein breites Spektrum ihrer Arbeiten präsentieren – und das nicht erst zur Kunsttour. Bereits am 15. August ist die Vernissage zu einer gemeinsamen Ausstellung mit dem Weimarer Stahlbildhauer Michael Ernst. Er kreiert Windspiele und bewegliche Objekte, die – einmal in Schwung gebracht – mit Lichtreflektionen und Bewegungen vielfältige Bilder entstehen lassen. Im Atelier selbst präsentiert die Hausherrin Auszüge aus ihrer Arbeit, unter anderem Collagen und Buchobjekte.

Seit längerem beschäftigt sich die Künstlerin mit der „Verwandlung von Büchern in eine andere Formsprache“. Das heißt: Durch das Falten, Zerschneiden oder Gestalten der Seiten lässt sie aus alten Wälzern kleine Kunstwerke entstehen. Ein Beispiel ist die „Taschenharmonika“, ein Liederbuch aus den 1940er Jahren. Singen soll Freude machen, dachte sich Müller-Holtz, und übertrug einzelne Seiten auf Pergament, die jetzt in bunten Farben aus dem Einband quellen. Die Bücher als „Rohlinge“ bekomme sie von Antiquariaten gesponsert. „Die waren anfangs skeptisch, schließlich hat man vor einem Buch Respekt“, sagt die Künstlerin. Mittlerweile würden Leute aber sogar anfragen, ob die Caputherin nicht ihr Lieblingsbuch bearbeiten kann.

Ein weiteres Exponat im Atelier Pro Arte ist die Installation „Up to Date“: Auf einem Ständer hängen von Stahlstäben einzelne Schlagzeilen internationaler Zeitungen aus den vergangenen Monaten. Wirtschaftsnachrichten neben Obamas „Yes, we can“, teilweise zusammengeschlungen mit einem Strick. Das ganze Objekt stehe für die Globalisierung, die einerseits für neue Freiheiten sorge, die Menschheit andererseits aber auch fessele, sagt die Künstlerin. Auch an den Wänden gibt es allerhand zu entdecken, zum Beispiel Materialbilder auf Groß- und Kleinformaten. Viele der dafür verwendeten Stoffe stammen von den Reisen, die Müller-Holtz unternimmt. Von der spanischen Tragetasche bis hin zum balinesischen Opfertaler steckt die ganze Welt in ihren Werken. Ein bisschen Caputh ist auch dabei. Thomas Lähns

www.kunsttour-caputh.de

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