Potsdam-Mittelmark: Wie die Friseure zum Tatort
Versuchter Einbruch dreier Maskierter in Teltower Callcenter
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Versuchter Einbruch dreier Maskierter in Teltower Callcenter Teltow/Potsdam. Lutz W. hatte gerade die Reste seines Abendessens verspeist, als er auf dem Monitor verdächtige Gestalten wahrnahm. Der Wachschutzmitarbeiter schnappte sich seinen Hund und betrat das Bürogebäude. Die drei Maskierten, denen er sich plötzlich gegenüber sah, hatten offensichtlich mit keiner Störung gerechnet. Völlig verdutzt rissen sie sich die Verkleidung vom Kopf und gaben Fersengeld. Der Vierbeiner lief ihnen zwar noch eine Weile hinterher, hatte dann aber keine Lust mehr, die Einbrecher zu verfolgen. Ermittelt wurden sie trotzdem. Die Tür war offen Jetzt mussten sich Pawel K. (25), Rafael S. (22) und Georg C. (22) wegen versuchten Diebstahls vor dem Amtsgericht verantworten. Die gebürtigen Polen redeten auch gar nicht lange um den heißen Brei herum. Ein Bekannter, dessen Namen er allerdings nicht nennen wolle, so Mathematik-Student Pawel, habe ihnen den Tipp gegeben, dass in dem Teltower Callcenter die Eingangstür häufig nicht verschlossen sei. Besagter Mann habe ihnen auch erzählt, dort gäbe es massenweise Computer und Laptops, die man leicht herausholen und zu gutem Geld machen könne. „Er warnte uns vor Überwachungskameras und riet, uns zu maskieren“, erinnerte sich Rafael. Die Vermummung – handelsübliche, nagelneue Motorradmasken – habe ihnen der Tippgeber zur Verfügung gestellt, erzählte der Bäckerlehrling Rafael. Und da sie am Abend des 24. April 2002 nichts Besseres zu tun hatten, seien sie vom heimatlichen Berlin gen Teltow gefahren. „Die Tür war tatsächlich offen“, bestätigte Georg. Deshalb stimme die Anklage nicht, die ihnen vorwerfe, gewaltsam ins Innere des Bürogebäudes eingedrungen zu sein. „Kaum waren wir drin, war der Wachmann auch schon da“, berichtete der Arbeitslose. Er sei gar nicht dazu gekommen, sich einen Überblick zu verschaffen, was an Computertechnik stehlenswert gewesen wäre. „Wir wollten dort Laptops rausholen“, gestand auch Rafael. „Verschiedene Mitarbeiter sind mitunter nachts im Callcenter tätig“, erklärte Wachschutzmann Lutz W. (40) im Zeugenstand. Machmal käme es vor, dass sie beim Verlassen des Gebäudes die Tür nicht ordnungsgemäß ins Schloss fallen lassen würden. Wie es in der besagten Nacht war, wisse er allerdings nicht. „Wie wollten Sie das Diebesgut eigentlich abtransportieren?“, fragte der Staatsanwalt. „Hatten Sie irgendwelche Hilfsmittel dabei?“ Das Trio auf der Anklagebank schüttelte den Kopf. „Wir hätten die Sachen nacheinander herausgetragen und im Auto von Pawels Vater verstaut“, gab Rafael zum Besten. „Das war wohl eine ziemlich unausgegorene Sache“, glaubte der Staatsanwalt. „Sie sind wie die Friseure am Tatort erschienen.“ Er regte an, das Verfahren gegen Pawel und Rafael – bislang nicht vorbestraft – gegen Zahlung einer Geldbuße von je 300 Euro einzustellen. Das Gericht stimmte dem zu. Georg, der bereits fünf mal mit dem Gesetz kollidierte, u. a. wegen gemeinschaftlicher schwerer räuberischer Erpressung, schweren Raubes, Bandendiebstahls in 98 Fällen, Hausfriedensbruchs sowie gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung, wurde zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je zehn Euro verurteilt. „Wären die Angeklagten nicht gestört worden, hätten sie die Dinge, die für sie interessant gewesen wären, hinausgetragen, war sich das Gericht sicher. G. Hohenstein
G. Hohenstein
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