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Potsdam-Mittelmark: Wie Modrow Castro traf DDR-Regierungschef wirbt bei Teltows Linken

für sein neues Buch und die Solidarität mit Kuba

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Teltow - Er war letzter Vorsitzender des DDR-Ministerrats. Jetzt holte Hans Modrow die sozialistische Revolution nach Teltow. In der vom Basisverband der Linken initiierten Gesprächsreihe „Linke Ecke“ plauderte der 87-Jährige am Dienstagabend mit dem Ex-Chef des Berliner Landesverbandes der PDS, Wolfram Adolphi, über sein neues, im Verlag Wiljo Heinen erschienenes Buch „Amboss oder Hammer“. Mit dem Hamburger Journalisten Volker Hermsdorf reflektiert er darin seine Kuba-Erfahrungen der letzten 45 Jahre und seine Sicht der revolutionären Prozesse in dem Land.

In monatelangen Gesprächen, so sagt er, sei ein Buch entstanden, das Momentaufnahme, Zeitdokument und Informationsquelle sei. Modrow, einer der letzten noch lebenden DDR-Spitzenfunktionäre, nahm die gut 50 Gäste der Veranstaltung mit auf eine Zeitreise in Castros Karibikstaat. Kuba sei ein Beispiel für alle, die eine Gesellschaft der Solidarität, Gerechtigkeit und Freiheit erstreben, ist nachzulesen auf dem Klappentext. Modrow sprach unaufgeregt, seine Sympathien für Kuba sind bekannt. Vor dem Linken-Publikum musste er ohnehin nicht agitieren. Adolphi las, Modrow, der in rotem Hemd erschienen war, ergänzte, die Gäste lauschten gebannt. Als er das erste Mal von der Revolution auf Kuba hörte, wusste er noch nicht einmal, wo das lag, gestand Modrow. Das war zu Beginn der 60er-Jahre. Die DDR war im Aufbau der sozialistischen Gesellschaft begriffen, hatte eigene Probleme, erreichte die Jugend nicht mehr. Als sich der damalige Sekretär des Zentralrates der Freien Deutschen Jugend dann doch mit dem Geschehen befasste, habe er gespürt, dass hier ein Volk entschlossen war, die Geschicke in die eigenen Hände zu nehmen. Das imponierte ihm, gab Hoffnung. Zugleich wuchs auch die Unsicherheit. Anders als er es aus der DDR kannte, wurde die Revolution von jungen Leuten getragen, die nicht von einer kommunistischen Partei geführt wurden. „Niemand wusste, wohin das führt.“

Sein wohl beeindruckendstes Erlebnis auf Kuba hatte er erst nach der Wende, 1993. Inzwischen war Modrow Bundestagsabgeordneter und folgte einer Einladung. „Als ehemaliger DDR-Politiker kannte ich Kuba und war dem Land in Solidarität und Freundschaft verbunden“, das habe die Neugier des kubanischen Regierungschefs Fidel Castro geweckt. Zur ersten persönlichen Begegnung kam es nachts im Gästehaus des Diplomatenviertels. Sie wurden angehalten, das Haus am Abend nicht zu verlassen und nicht zu früh zu Bett zu gehen, erinnert sich Modrow. Dann, kurz nach 24 Uhr, fuhren zwei Limousinen vor.

Castro lächelte und umarmte Modrow wie einen alten Freund. Ihr Gespräch dauerte bis zum Morgen. Castro, der wegen der Isolierung durch die USA keinen Zugang zu vertraulichen Informationen mehr gehabt habe, informierte sich über den Zerfall des Sozialismus in DDR und Sowjetunion. Auch sprachen sie über Castros kritische Distanz zur Perestroika und Gorbatschow. Er fand den russischen Politiker gefährlich für sein Land. Heute sagt Modrow: „Der Revolutionsführer hatte Recht.“

Zum Schluss der Veranstaltung, die in eine kurzen Diskussion mit den Anwesenden mündete, rief Modrow zur Solidarität auf. Kuba und die Welt stünden vor neuen Herausforderungen. Mit der jüngsten Annäherung an die USA wachse der Druck auf das Land. Die Linken treibt die Sorge um, dass Kuba, das noch immer als Hoffnungsträger der linken Welt gilt, dem nicht standhält. Vor allem die europäische Linke müsse lauter werden, wünscht sich Modrow. Solveig Schuster

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