zum Hauptinhalt
Nach dem Amakolauf von Winnenden hat der Schießsport auch am Schwielowsee keinen leichten Stand.

© Uwe Steinert

Potsdam-Mittelmark: Winnenden im Hinterkopf

Schützengilde Caputh bekommt Geld von der Gemeinde für Großkaliber-Anlage, das „Ja“ fiel nicht leicht

Stand:

Schwielowsee - Die Arbeit der Schützengilde Caputh 1920 ist unter Beschuss geraten. Auf ihrer Sitzung am Mittwochabend sollten die Gemeindevertreter über eine Finanzspritze für den Bau eines Großkaliber-Schießstandes auf dem Vereinsgelände in Flottstelle in Höhe von 55 000 Euro abstimmen. Doch nach dem Amoklauf von Winnenden, bei dem Mitte März ein 17-jähriger Schüler mit der Waffe seines Vaters 15 Menschen tötete, und in Anbetracht der aktuellen Diskussion um ein schärferes Waffenrecht, hatten einige Abgeordnete Bauchschmerzen mit der Vorlage. Letztendlich ging es um die Frage, ob man diese Investition den Bürgern vermitteln kann.

Allen voran machte Capuths Ortsvorsteher Jürgen Scheidereiter (BBS) seine Bedenken laut und bemerkte, dass eine solche Investition nicht mehr zeitgemäß sei. Holger Teichmann (FDP) pflichtete ihm bei: „Nach allem, was geschehen ist, sollten wir in der Gemeinde Schwielowsee keine Vorreiterrolle übernehmen.“ Und Dietrich Kalicki (Linke) bemerkte kurz und knapp: „Das Ding passt nicht in unsere Landschaft.“ Ein weiterer Kritikpunkt war der offenbar zu geringe Eigenanteil des Vereins, nur 6 200 Euro will die Gilde selbst dazuschießen. Dafür will man aber künftig auf die jährlichen Zuwendungen aus dem Ortsbeirat verzichten, und die haben in der Vergangenheit immerhin 2 500 Euro betragen. Zudem hätte der Verein damals das Gelände in Flottstelle selbst gekauft – im Gegensatz zu anderen Vereinen, bemerkte Bernd Lietz (SPD). „Es ist ein anerkannter Sport im Landessportbund“, versuchte er, die Wogen zu glätten.

In der gleichen Zwickmühle steckten erst vor kurzem die Werderaner Stadtverordneten: Anfang April wurde über eine Zuwendung in Höhe von 50 000 Euro aus dem Konjunkturpaket für die Erweiterung der dortigen Kleinkaliber-Schießanlage der Werderaner Schützengilde diskutiert. Die Mittel wurden schließlich bewilligt (PNN berichteten). Mit neun zu sechs Stimmen wurde am Mittwoch auch die Vorlage in Schwielowsee angenommen, wohl auch, weil die Gemeindevertreter dem gleichen Antrag im vergangenen Jahr noch zugestimmt hatten. Da es damals aber keine Fördermittel vom Land gab, blieb das Geld im Haushaltssäckel. In diesem Jahr hat der Landessportbund nun Fördermittel in Aussicht gestellt: 118 000 Euro könnten aus dem „Goldenen Plan Brandenburg“ kommen, die 55 000 Euro von der Gemeinde als Eigenanteil vorausgesetzt. Mit den ersten Bauarbeiten auf dem Vereinsgelände in Flottstelle ist längst begonnen worden.

Helfried Fritzsch, Vorsitzender der Schützengilde, kann die Diskussion durchaus nachvollziehen. „Es ist klar, dass der Vorfall von Winnenden dabei eine Rolle spielt“, sagte er gestern gegenüber den PNN. Dies sei auch im Verein erörtert worden, doch man könne nur immer wieder darauf hinweisen, dass die gesetzlichen Vorgaben zum Halten von Waffen bei der Caputher Gilde rigoros durchgesetzt würden, so Fritzsch. Dazu gehöre die getrennte Lagerung von Waffen und Munition ebenso wie die notwendige Qualifizierung der Mitglieder. Auch gegen unangemeldete Kontrollen, wie sie in einer aktuellen Gesetzesnovelle der Bundesregierung vorgesehen sind, hat Fritzsch nichts, wie er unterstrich. Die Schützengilde Caputh hat derzeit 38 Mitglieder, niemand ist unter 18.

Der Beschluss der Gemeindevertretung zeige, dass die gesellschaftliche Arbeit der Gilde anerkannt wird, so Fritzsch. So beteiligen sich die Schützen an Veranstaltungen wie dem Fährfest und der Maifeier und sind bemüht, auch andere am Vereinsleben zu beteiligen. Gemeinsame Wettkämpfe im Kleinkaliberschießen werden mit den Feuerwehren und der Bundeswehr unternommen, und beim Vereinspokalschießen darf jeder mitmachen. Thomas Lähns

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })