Potsdam-Mittelmark: „Wir sind nach wie vor Nachbarn“
Steffi Gopp-Wiechel ist neue Pfarrerin für Wilhelmshorst und Langerwisch
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Steffi Gopp-Wiechel ist neue Pfarrerin für Wilhelmshorst und Langerwisch Von Thomas Lähns Michendorf. In ihren Gemeinden ist sie längst keine Unbekannte mehr: Bereits seit dreieinhalb Jahren arbeitet Steffi Gopp-Wiechel als Pädagogin und Pastorin in den Kirchen von Langerwisch und Wilhelmshorst. Die 35-Jährige kennt die beiden Orte und die Menschen, die hier leben, recht gut. Viel wird sich für die evangelische Kirchengemeinde also nicht ändern, wenn sie am kommenden Sonntag ihren Einführungsgottesdienst wird. Für Gopp-Wichel schon. Bis Februar arbeitete sie befristet lediglich als „Entsendungsdienstlerin“, die kirchliche Zukunft im Süden Potsdams war also ungewiss. Jetzt aber, da der Evangelische Kirchenkreis Beelitz-Treuenbrietzen die Einrichtung einer festen Stelle ermöglicht hat, kann die junge Frau nach vollzogenem Wahlprozedere mit weitem Blick nach vorn an die Arbeit gehen. Die Richtung ist klar: Die Sanierung des Gotteshäuser in Langerwisch und Wilhelmshorst muss weitergehen, und außerdem sollen die Menschen in beiden Gemeinden enger zusammenwachsen. An Enthusiasmus mangelt es der Pädagogin und Theologin nicht: „Ich bin für Entwicklung“, sagt sie. Dabei baut sie auf die Gemeinschaft. Und die ist, wie sie inzwischen weiß, nicht immer einfach umzusetzen: Hier, am Rande Berlins, setzt sich die Bevölkerung aus Alteingesessenen und Hinzugezogenen zusammen. „Es gab Berührungsängste, teilweise gibt es sie immer noch. Das ist eine Herausforderung an die kirchliche Arbeit.“ Die Vielseitigkeit hat indes auch positive Seiten: „Die Leute hier sind ein total buntes Völkchen“, schmunzelt die Pfarrerin. Manche der Bürger haben ihr ganzes Leben hier verbracht, teilweise gibt es noch die traditionelle Großfamilie. Jeder von ihnen habe ein Stück Lokalpatriotismus im Herzen. „Die Leute lassen sich nicht die Butter vom Brot nehmen“, so Gopp-Wiechel. Dass sich das auch in etwas rauerem Maße äußern kann, habe man im Zusammenhang mit der geplanten Umgehungsstraße erfahren: „Ich selbst bin natürlich auch gegen die Trasse, dennoch kann ich auch die Michendorfer verstehen, die direkt an der B2 leben müssen.“ Der Umgang untereinander sei teilweise sehr unfreundlich, das dürfe nicht so bleiben, wünscht sich die neue Pfarrerin. „Schließlich sind wir hier nach wie vor Nachbarn.“ Dessen ungeachtet sei es außergewöhnlich, wie unermüdlich gegen die Straße protestiert wird, immer wieder aufs Neue und trotz aller Rückschläge. Und immerhin sorge das gemeinsame Aufbegehren für Einigkeit, zumindest in Wilhelmshorst und Langerwisch. Wenn die Pastorin von ihren Nachbarn und Gemeindemitgliedern spricht, dann merkt man ihr an, dass sie „eine von hier“ ist. Sie ist in Potsdam geboren, aufgewachsen und studierte hier. „Eigentlich wollte ich mein Abitur machen, anstatt in der Computerbranche eine Berufsausbildung zu absolvieren", bemerkt sie – in ihren Augen eine typische Repressalie des DDR-Regimes an einem kirchlich-gläubigen Bürger. Sie wehrte sich auf ihre Weise und machte ihre Reifeprüfung an einer Abendschule. Ein Informatikstudium hätte folgen sollen, aber es gab keine freien Plätze. Daraufhin wollte die Potsdamerin ein Wirtschaftsstudium aufnehmen, doch die Ernüchterung kam fliegenden Fußes: Zwei Drittel der Literaturliste beinhalteten Marxismus-Leninismus. Beim Gedanken daran rümpft sie die Nase. Durch ihren damaligen Freund sei sie auf die Möglichkeit gekommen, ihren Glauben zum Beruf zu machen und schrieb sich für den Studiengang Gemeindepädagogik ein. „In dieser Fachrichtung ist die Verquickung von Theologie und Humanwissenschaften das Spannende.“ Von der Rolle der Kirche im Dreibuchstaben-Land gibt sich die Pastorin fasziniert: „Es war ein Platz, wo man sich engagieren und diskutieren konnte, einer der wenigen Orte für Oppositionelle.“ Heute sei Kirche ein Hobby unter vielen, stellt sie bedauernd fest. Manchmal fehle der „Biss“, das „Aufrüttelnde“ – auch so etwas mache Kirche aus. „Wir müssen aufpassen, dass Religion nicht im Mainstream untergeht.“ Häufig finden die Menschen erst in extremen Situationen den Weg zur Kirche und suchen Trost im Glauben. Gesamtgesellschaftlich sei aber festzustellen, dass die kirchliche Arbeit heute stärker akzeptiert wird. In den beiden Neu-Michendorfer Ortsteilen sei das zum Beispiel beim Martinsfest spürbar, an dem sich auch Kita und Feuerwehr beteiligen. Auch der erst vor Kurzem gegründete Kirchenchor zeige das Interesse der Bürger. Zu Pfingsten wird das Langerwischer Gotteshaus unter dem Motto „Begegnungen“ des Nachts wieder seine Pforten öffnen und zu Kunst und Kultur einladen. Wenn sich die Bürger von ihrer Pastorin mitreißen lassen, dürfte dieses Motto über die Feiertage hinaus Programm in beiden Orten werden. Am 14. März hält Steffi Gopp-Wiechel ihren Einführungsgottesdienst um 14 Uhr in der Dorfkirche Langerwisch.
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