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Gemüse mit Bodenhaftung: Das von Kennern geschätzte Teltower Rübchen wird vor allem in der Region verkauft.

© Manfred Thomas

Potsdam-Mittelmark: Zartes Pflänzchen für Genießer

Der Anbau von Teltower Rübchen ist im großen Stil kaum möglich, jetzt sollen Hobbygärtner ran

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Teltow - Teltower Rübchen sind vor allem eine regionale Angelegenheit. Ein Großteil der kleinen würzigen Knollen wird in Berlin und Brandenburg verkauft. Jetzt soll das Gemüse auch in den einheimischen Kleingärten wieder stärker etabliert werden. „Echte Teltower Rübchen wachsen schließlich nur hier, ihr Name ist geschützt“, sagte der SPD–Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Teltower Rübchenvereins, Sören Kosanke, auf einer Infoveranstaltung am Mittwochabend. Grund genug für die Teltower, selbst in die Samentüte zu greifen: „Selbst auf dem Balkon kann ausgesät werden, wichtig ist nur der sandige Boden, der für die Region typisch ist“, so Kosanke auf die Nachfragen der knapp 20 Zuhörer. Blumenerde aus der Gärtnerei sei hingegen zu schwer.

Erstmals erwähnt wurde die Rübe mit dem leicht scharfen Geschmack und der mehligen, kartoffelähnlichen Konsistenz um 1542. Lange galt sie als Delikatesse, in der kollektivistischen Landwirtschaft der DDR geriet sie in Vergessenheit. Seit 1998 kämpft der Rübchenverein für ein Comeback. Um das Image der grau-braunen Rübe aufzupolieren, müht sich der Landtagsabgeordnete für einen Fernsehbeitrag schon mal selbst mit dem Pflug ab. Was der Verein mit der Ernte seines kleinen Ackers anstellt? Die Samen werden an Hobbygärtner verschenkt – „der Rest sollte zumindest für die Produktion von Rübchenschnaps reichen, sonst lohnt es sich ja nicht“, so Kosanke.

Der jahrelange Versuch, weitere Landwirte der Region für den Anbau zu begeistern, ist indes quasi erfolglos geblieben. Aktuell bauen nur Axel Szilleweit und Uwe Schäreke die Knollen gewerblich an. Schuld daran seien zum einen die hohen Bodenpreise in der Region, hieß es am Mittwochabend. Der Anbau ist zudem mühsam, geerntet wird von Hand. Versuche in Brück hätten zwar gezeigt, dass der Einsatz von Kartoffelrodern möglich sei. In Teltow werde aber die traditionelle Art des Anbaus geschätzt, so Kosanke.

Bislang können Schäreke und Szilleweit den regionalen Bedarf weitgehend decken, lediglich an den Wochenenden komme es mal zu Engpässen. Auch Anfragen aus Süddeutschland würden teilweise durch die Erträge der beiden Teltower Bauern gedeckt. Dort leben offenbar besonders viele Genießer, in andere Gebiete Deutschlands wird hingegen kaum exportiert.

„Durch ein steigendes Angebot und entsprechendes Marketing könnte die Nachfrage auch bundesweit erhöht werden“, so Kosanke. Dann aber müssten andere Vertriebswege gewählt werden. Und hier liegt das Problem: Um das Teltower Rübchen zu listen, müssten die großen Handelsketten schon im Januar wissen, mit wie vielen Tonnen Ernte sich rechnen können – doch so lässt sich das zarte märkische Pflänzchen nicht verplanen. Der Ertrag ist stark vom Wetter abhängig.

Dieses Jahr sieht es allerdings gut aus. Bei den aktuell hohen Temperaturen gedeihen die Knollen – solange es zwischendurch ausreichend regnet. Offiziell wird mit der Aussaat am 15. August begonnen, rund acht Wochen dauert es, bis die Pflanzen ausgereift sind. Noch ist es auch für Laien nicht zu spät: Etwa zehn Tage kann noch ausgesät werden – dabei reicht es, die Samen in flache Furchen zu streuen und darauf zu achten, dass sie nicht zu eng beieinander liegen – sonst kannibalisieren sich die Pflanzen gegenseitig. Die ersten Rüben werden – ob als Gemüse, Marzipan oder eben Schnaps – beim Rübchenfest am letzten Septemberwochenende probiert. Netter Nebeneffekt: Ob aus dem Blumenbeet oder dem Supermarkt: Öko sind die Rübchen immer, weil es keine zugelassenen Pflanzenschutzmittel gibt.Ariane Lemme

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