200 JAHRE SCHLOSS GÜTERGOTZ Die Ausstellung zum Geburtstag: Zierde des Ortes Eine wechselvolle Geschichte und viele Gesichter
Schloss Güterfelde - vergessen, verschlafen, verborgen. Jetzt rückt es in den Focus einer Ausstellung.
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200 JAHRE SCHLOSS GÜTERGOTZ Die Ausstellung zum GeburtstagSchloss Güterfelde - vergessen, verschlafen, verborgen. Jetzt rückt es in den Focus einer Ausstellung. Stahnsdorf-Güterfelde - Güterfelde als eine einzige Ortsdurchfahrt wahrzunehmen, ist leicht. Direkt durch die 1500 Seelen-Gemeinde führt die L 40, ein Kreisverkehr inmitten des Dorfes erleichtert die Passage. Dass ein Schloss den Ort ziert, bekommen nur wenige mit. Selbst im benachbarten Stahnsdorf ist die Existenz des einst herrschaftlichen Baus längst nicht jedem bekannt. Verwundern muss das nicht: Hinter dem üppig grünem Schlosspark liegt der Renaissancebau im Dornröschenschlaf. Am Sonntag wird die 200-jährige Geschichte des Schlosses wachgeküsst. Eine Ausstellung wird über die Entstehungs- und Nutzungsgeschichte sowie über die Bewohner des ehrwürdigen Hauses berichten. Sie ist Teil des Themenjahres „Landschaft und Gärten“ von Kulturland Brandenburg. Verlorene Orte wiederherstellen, auffinden oder den Blick auf die derzeitige Situation öffnen ist ein Anliegen des Themenjahres. Die kaum bekannte Geschichte von Schloss Gütergotz zu recherchieren und am stehenden Denkmal zu illustrieren, erfüllt diese thematischen Kriterien trefflich. Die Kunsthistorikerin Petra Winarsky hat bislang als einzige intensiv in der Bau- und Architekturgeschichte des Güterfelder Schlosses geforscht. Erst sie machte die Güterfelder auf das anstehende Jubiläum ihres repräsentativsten Gebäudes aufmerksam. Mit einer kleinen Dokumentation wollte der Heimatverein auf den Jahrestag aufmerksam machen. 150 Euro beantragte der Verein bei der Gemeinde als finanzielles Zubrot. In Zeiten knapper Haushaltskassen freute man sich über das Zugeständnis, einer jedoch wollte sich nicht zufriedengeben: Peter Ernst – vielerorts bekannter Heimatforscher, Ortschronist, Naturschützer und Kommunalpolitiker – witterte die Chance, Güterfelde groß rauszubringen. Auf seine Initiative bewarb sich der Stahnsdorfer Heimatverein beim Kulturland Brandenburg e.V. um Teilnahme an dem Themenjahr. Mit Erfolg. In dem eigens gegründeten Verein „Gütergotz - Kultur und Landschaft“ wurden fünf Mitarbeiter eingestellt – Historiker, Designer, Journalisten und Betriebswirte –, die innerhalb der vergangenen acht Monate die Ausstellung entwickelten. Unterstützt wurde das Vorhaben von der Projektagentur „Domäne Dahlem“, die Personalkosten übernahm die Bundesagentur für Arbeit Potsdam. Die Alte Schule unweit des Güterfelder Schlosses dient als Ausstellungsort: 25000 Euro hat sich die Gemeinde die Politur der Räumlichkeiten kosten lassen. Die Landesarchive in Berlin und Brandenburg sowie des Geheime Staatsarchiv dienten Projektleiter Dirk-Marko Hampel und seinem Team als Quelle der Recherchen. „Dabei kann man viel tiefer gehen, es wir es getan haben“, meint Hampel, „doch es war ja ein Ausstellungs- und kein Forschungsprojekt geplant.“ War bisher lediglich die Architekturgeschichte des Schlosses Güterfelde erforscht worden, wird sich in der Ausstellung intensiv den Personen gewidmet, die hinter dem Bau und der Nutzung des Hauses stehen. Kunsthistorikerin Winarsky zählt Schloss Gütergotz zur „Crème de la Crème“ der preußischen Schlösser. Auch der Park, dessen einstige Form noch zu erahnen ist, trug einst die Handschrift königlicher Gartenbauer. Ferdinand Jühlke, nach Lenné preußischer Hofgartendirektor, war 1868 in Güterfelde tätig. Der Potsdamer Hofgärtner Theodor Nietner II gestaltete 1873 den Park neu, später wirkte er im Neuen Garten in Potsdam. Seit 1998 veranstaltet der Verein Kulturland Brandenburg seine Themenjahre, den Beginn machte Fontane. „Was blieb?“, fragen sich die Veranstalter selbst und nennen dabei u.a. die „Entdeckung spezifischer Orte in der Region“. Ab Sonntag ist Güterfelde nicht nur eine bequeme Ortsdurchfahrt, sondern Ausgangspunkt einer Entdeckungsfahrt. Peter Könnicke Stahnsdorf-Güterfelde - Das Timing könnte wirklich nicht besser sein: Denn es war der 4. Juli des Jahres 1804, als der Geheime Oberfinanz- und Kriegs-Rath August Friedrich Grothe durch einen Tausch in den Besitz des damaligen Gütergotz gelangte. Hier baute er sich kurz darauf ein Schloss, dessen wechselvolle Geschichte nun – am 4. Juli 2004 – in einer Ausstellung gewürdigt wird. Grothe war nicht nur Beamter, sondern auch Direktor der preußischen Lotterie. Und so hatte er die finanziellen Mittel, sich den Traum eines Schlosses mit Park zu verwirklichen. Wofür er den bekannten Architekten David Gilly engagierte. Sieht man in der Ausstellung die Darstellung des klassizistisch-strengen Originalentwurfs, so glaubt man kaum, dass es sich um dasselbe Gebäude handelt, das heute dort steht. Doch Kontinuität hat es kaum gegeben in der Geschichte des Baus. Schon 1817 verstarb der Bauherr, seine Witwe verkaufte das Schloss für 35000 Taler an den Güterspekulanten Ferdinand Wimmel, der es nach nur drei Jahren an den Revisionsrat Paul Humbert. Weitere neun Jahre später ging das Schloss dann an den Teltower Stadtrat Friedrich Ludwig Albrecht. Bis zum Jahr 1868 hatte das Schloss seine wechselnden Besitzer recht unverändert überstanden. Dann kaufte der damalige preußische Kriegs- und Marineminister Albrecht Theodor Emil von Roon das Anwesen, offenbar ohne es sich vorher genau anzusehen: „Na, Gütergotz! Was die Baulichkeiten anbelangt, schön reingefallen!“, schrieb er kurz darauf an einen Freund – und gab den ersten großen Umbau des Gebäudes in Auftrag. Die zentrale Kuppel wurde zu einem Turm erweitert, diese und weitere Veränderungen geschahen im mittlerweile aktuellen Stil der Neorenaissance. Nur fünf Jahre später folgte der zweite große Umbau. Roon war verstorben, das Schloss an Gerson von Bleichröder gegangen, den Bankier Bismarcks. Der Preis war mittlerweile auf 430000 Taler angestiegen. Von den Veränderungen, die er in Auftrag gab, sind die beiden äußeren Türme die auffälligsten. Als Vorbild nahm Bleichröder sich das Schloss Ferrières der französischen Bankiersfamilie Rothschild, mit der er befreundet war. Nach Bleichröders Tod wurde das Anwesen von den Erben 1893 an die Stadt Berlin verkauft und zum Erholungsheim einer Berliner Krankenkasse umgebaut. In den 30er Jahren übernahm die SA-Standarte „Feldherrenhalle“ den Bau, 1945 zog die Rote Armee für einige Jahre auf dem Schlossareal ein. Heute gehört das Schloss dem Landkreis Potsdam-Mittelmark, der darin ein Seniorenheim betreibt. eck
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