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Potsdam-Mittelmark: Zukunft hängt an historischem Strang

Die Wiederbelebung der S-Bahntrasse nach Stahnsdorf sieht die Kirche als wichtiges Element für den Südwestkirchhof

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Die Wiederbelebung der S-Bahntrasse nach Stahnsdorf sieht die Kirche als wichtiges Element für den Südwestkirchhof Von Peter Könnicke Stahnsdorf – Die Zukunft des Stahnsdorfer Südwestkirchhofes hängt – unter anderem – an einem historischen Strang. Die Wiederherstellung der S-Bahntrasse, die bis zum Bau der Mauer den Friedhof mit Wannsee verband, nennt Kirchhofsverwalter Olaf Ihlefeldt ein „ganz entscheidendes Mittel“ für eine erfolgreiche Bewirtschaftung der weitläufigen Anlage. Seit Jahren streiten Kirche und Deutsche Bahn. Erstere brachte 1909 Land und 1,28 Millionen Reichsmark für den Bau der Trasse ein. Die damalige Königlich Preussische Eisenbahn verpflichtete sich vertraglich für Betrieb und Erhalt der Strecke. An diese Verpflichtung sieht die Kirche die Deutsche Bahn AG als Rechtsnachfolgerin des einstigen Vertragspartners noch immer gebunden. Geld zurück oder Wiedereinrichtung der Strecke, lautet daher ihre Forderung. Die Bahn hingegen betrachtet den Vertrag als verjährt, den Betrieb der Strecke als unmöglich und die Geschäftsgrundlage als nicht mehr gegeben. Arne Ziekow, Referent im Konsistorium der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz, kündigt nun eine Offensive an: „Die Kirche wird eine Entscheidung herbeiführen müssen, da wir außergerichtlich keinen Erfolg hatten.“ Die Wiederbelebung der Friedhofsbahn, die heute volkswirtschaftlich als Ringschluss über Stahnsdorf, Teltow nach Lichterfelde als sinnvoll gesehen werden kann, ist jedoch nicht das Allheilmittel für den Südwestkirchhof. Der Rückgang an Bestattungen einserseits, anderseits der enorme Aufwand für Pflege und Erhalt der kulturhistorisch bedeutsamen Anlage sind zu einer wirtschaftlichen Belastung geworden. „Allein aus den Einnahmen lässt sich der Südwestkirchhof nicht erhalten“, räumt Ziekow ein. Doch es gebe keine Überlegungen, den Südwestkirchhof für Bestattungen zu schließen. Auf diesen Vorschlag, den der Berliner Senat in seiner aktuellen Friedhofsentwicklungsplanung macht, wird die Kirche nicht eingehen. Über die Zukunft des Kirchhofes entscheide allein die evangelische Kirche als Trägerin. Sowohl die ureigenste Widmung des Friedhofes, wie auch seine kulturhistorische Bedeutung, sein Denkmalwert und mehr als 4000 Grabstätten der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, die für die Ewigkeit eingerichtet sind, verpflichten die Kirche, die parkähnliche Anlage als Begräbnisstätte zu erhalten. Allerdings werde man intensiv an der Umsetzung von Konzepten arbeiten, die bereits im Sommer für eine effektivere Unterhaltung der ingesamt 206 Hektar geschrieben wurden. „Denn dauerhaft wird die Kirche nicht in der Lage sein, die Gesamtfläche zu bewirtschaften“, so Ziekow. Bislang sind 150 Hektar des Gesamtbestandes benutzte Bestattungsfläche – viel zu viel bei jährlich etwa 140 Beerdigungen. Daher sollen vor allem die Randbereiche künftig nicht mehr genutzt werden. Dort sollen Erhalt der Grabstätten und Landschaftspflege durch ehrenamtliches Engagement und Patenschaften gesichert werden. Beisetzungen sind weiterhin auf den vier intensiv genutzten Bereichen sowie in weiten Teilen der historischen Friedhofsbereiche möglich. Dabei soll eine großzügige und individuelle Bestattungskultur ermöglicht werden, frei von religiösen Konfessionen. Dass in Stahnsdorf auch jüdische oder muslimische Bestattungen möglich sind, soll stärker kommuniziert werden. Auch die Bedeutung, die der Kirchhof durch die Ruhestätten berühmter Persönlichkeiten wie Corinth, Zille oder Murnau genießt, will man weiter befördern. 280000 Euro erwirtschaftet der Südwestkirchhof jährlich durch Beisetzungen und Grabpflegegebühren. Die Kirche steuert für die laufende Unterhaltung 247000 Euro pro Jahr bei. Zwar trägt die Kirche die finanzielle Last und das kulturhistorische Erbe nicht ganz allein – 1,5 Millionen Euro der Stiftung Deutsche Klassenlotterie flossen in den vergangenen Jahren in die Sicherung von 200 Grabdenkmälern –, doch wirbt Ziekow bei Ländern und auch der Kommune, sich der Bedeutung des Südwestkirchhofes als „weichen Standortfaktor“ bewusst zu werden. Konkretes Anliegen dahinter: Auf ihrer Fläche vis à vis des Kirchofes und der Potsdamer Allee will die Kirche Wohnungen bauen. Das Land erwarb die Kirche einst als Zusatzflächen für den Kirchhof. Um es jetzt zu verwerten, braucht sie Baurecht von der Kommune.

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