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Von Klaus Büstrin: Zum eigenen Erstaunen gedruckt

Von Menschen und Häusern in Werder: Aus dem Nachlass Balthasar D. Ottos erschien nun ein Buch

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Werder (Havel) - Welcher Ort mag gemeint sein, der so poetisch beschrieben wird: „Gärten und Obstbaumplantagen zu beiden Seiten; links bis zur Havel hinunter, rechts bis zu den Kuppen der Berge hinauf. Keine Spur von Unkraut Große Beete mit Erdbeeren und ganze Kirschbaumwälder breiten sich aus.“ Natürlich Werder. Theodor Fontane ist der Verfasser dieser Zeilen. An den Landschaftsschilderungen und Geschichtsberichten des märkischen Dichters wird man sich wohl messen lassen müssen, wenn man über seine Heimat schreiben möchte, gewollt oder nicht gewollt. Obwohl sich der Dichter manchmal nach unserem Wissensstand auch irrte.

Natürlich kann nicht jeder mit der subtilen Kunst des Dichtens Fontanes begnadet sein. Aber wer aufschreibt, was in Geschichte und Gegenwart erlebbar war und ist, der ist ein achtenswerter Chronist, einer, der das Geschehene dem Vergessen entreißt. Auch Balthasar Dieter Otto war ein Chronist. Einer, der mitten im Geschehen das Neueste erfuhr. Er war aber auch ein aufmerksamer Beobachter und Zuhörer, ein fleißiger Forscher, der sich vor allem auf Quellen stützte.

Jetzt wurde ein Buch mit seinen in vielen Jahren geschriebenen und gesammelten Texten im Eigenverlag veröffentlicht. „Von Menschen und Häusern – Geschichte und Geschichten aus Werder“ nennt Herausgeber Hartmut Röhn die vielfältig illustrierte Edition, deren Erscheinen von Ottos Lebenspartnerin Heidi Grabowitz maßgeblich unterstützt wurde. Eine kleine Kostbarkeit gibt die Potsdamer Druckerei Rüss nun dem Leser in die Hand, in drucktechnischer und gestalterischer Hinsicht.

Balthasar Dieter Otto hatte bereits vor vielen Jahren die Idee, seine zahlreichen heimatgeschichtlichen Texte in einem Buch zusammenzufassen. Nach der Wende begann er zu schreiben. Er bot die Artikel Potsdamer Zeitungen, darunter auch den PNN, zur Veröffentlichung an. „Das Geschriebene wurde – zum eigenen Erstaunen – gedruckt“, schreibt Otto. „So hat es sich fortgesetzt über ein Jahrzehnt mit unterschiedlichen Themen, gehört zu meinem Alltag und zu meinem Feiertag, füllt mittlerweile Mappen und Schachteln.“

B. D. Otto, der mit viel Liebe, Engagement und Sachkenntnis über die Baumblütenstadt geschrieben hat, stammt nicht aus Werder. Aufgewachsen ist er in der Nähe der Stadt, in Kuhfort bei Potsdam. Doch der Archivar, Historiker, Restaurator, Antiquitätensammler und Autor fühlte sich für mehrere Jahrzehnte heimisch in der Inselstadt Werder, bis zu seinem Tod am 25. April 2004.

Und so machte er Werder auch zum bevorzugten Thema seiner Beiträge. Ein buntes Kaleidoskop von Wissen, Erfahrungen und Begegnungen durchzieht das Buch, das auch zum Gedenken an den Autor erschien. Es hat ihn wohl alles interessiert, was an Geschichte von Interesse ist und auch weitergegeben werden soll. Da erfährt man unter anderen so manches über den Inselmarktplatz, den Wasserturm, über Hausinschriften und Hauszeichen, etwas über Kantor Oesers Vorgärten, das Bierbrauen, den bedeutenden Maler Karl Hagemeister, natürlich auch über die Fruchtsäfte und „Musbuden“, und zu guter Letzt wird das wichtigste Ereignis Werders, das Baumblütenfest und sein Ideengeber, der Obstzüchter Wilhelm Wils, in Augenschein genommen. Wenn der Autor sich restaurierten alten Häusern zuwendet, dann gibt er ihren Bewohnern stets Glück mit auf dem Weg.

„Alljährlich Ende April gibt es für die Bewohner der kleinen Havelstadt Werder ein ganz spezielles Frühlingserwachen. Schon Tage vorher kündigt es sich an – Das Baumblütenfest. Die Straßen des Ortes sind verstopft. Fahrendes Volk mit Mobilen unterschiedlicher Bauart reist aus ganz Deutschland zum größten Volksfest der Mark Brandenburg an. Im Schlepp haben sie allerlei merkwürdiges Gerät: als Almhütten und Hexenhäuser getarnte Bierbuden “ Solcherlei Eindrücke nahm Fontane vor gut 140 Jahren noch nicht mit von Werder mit nach Berlin. Aber für Balthasar Dieter Otto wiederholten sie sich Jahr für Jahr nach der Wende. Und so verbinden seine Texte oftmals Historie mit aktueller Zeitgeschichte.

B.D. Otto, Von Menschen und Häusern, Eigenverlag, herausgegeben von Hartmut Röhn, 16,80 Euro

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