KulTOUR: Zum Himmel hinauf – zur Erde herab
In der Petzower Schinkelkirche widmen sich acht Künstler dem Thema „Grenzenlos“
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Werder (Havel) - „Freiheit, Gleichheit, Brandenburg", die leicht fragmentierte und wohl auch gar nicht so bierernst gemeinte Jahreslosung von Kulturland Brandenburg hat sich inzwischen bis zum „Kulturpunkt Stilus“ durchgeboxt. Ein wenig gewalkt und mutiert, erscheint sie jetzt unter dem Decknamen „grenzenlos“ in Gestalt der Jahresausstellung dieses Berlin-Brandenburgischen Vereins auf dem Petzower Grelleberg. Grenzenlos mag die Freiheit über den Wolken sein, wie ein Liedermacher dunnemals mitteilte, aber darunter, hienieden? Die neun Teilnehmer dieser Schau, das ist wohl auch ihre Botschaft, sind da eher skeptisch.
Mit grenzenlos liebevollem Spott hat der Musiktherapeut und Liedermacher Olaf Kaminski sein spezielles Verhältnis zu Brandenburg auf drei Cartoons aquarelliert, die „Märkische Venus“ entspricht zum Erschrecken der märkischen Mentalität, während der heroische Rote Adler im Zorro-Look alles andere als eine gute Figur macht. Wonach im Schönbohm-Land noch gesucht werden muss, ist der Grüne mit den drei Brillen, ein arges Dubiosum! Der Fotograf und Filmer Jürgen Rudow stellt dem Thema fünf Worte - fünf Bilder entgegen: So ist ein Ameisenhaufen etwa „grenzenlos voll“, ein Mauerstück im Berlin von 1990 „grenzenlos offen“, doch was wie ein Loch im Festbeton wirkt, erweist sich als nur spiegelnde Folie. Schöne Idee.
Hin und her gerissen zwischen Großstadtlob und Fluchtgedanke malt Ellen Ernst ihre huschigen Berlin-Bilder. Manche erinnern an Lyonel Feiningers Art, es lohnt sich, auf Zusammengehörendes oder auch „Vermisstes“ zu achten! Sympathisch naiv sucht Regine Gronau nach den Sinnen des Lebens, findet sie in einem aquarellen Seenidyll: Sonne ist Auge, Segel ist Nase.
Fred Tille lebt in Berlin, malt aber bezeichnenderweise in der Uckermark. Auf eine hinreißend intellektuelle Art stellt er dar, wie „der Mensch“ in die wahrlich grenzenlosen Informationsnetze der Neuzeit hineingewoben und so zum Gefangenen seiner selbst wird. Ähnlich labyrinthische Formen entdeckt man bei dem neuen Stilus-Chef DEJO Denzer, nur drücken sie hier, mehr oder weniger abstrakt, konkrete Gefühle, aus, zum Beispiel „Grenzenlose Freude“. Ein anderes Werk des Naturwissenschaftlers will „Energien“ durch Farben sinnlich machen. Skulpturisches gibt es von ihm dieses Mal nicht. Die Ecuador-Fotos von Ekhard Gaede fallen ein wenig aus dem Rahmen, sie wollen ein Spannungsfeld herstellen zwischen Warten und Erfüllung, zwischen Frage- und Ausrufungszeichen. Auch Ingo Kuzia hat drei Fotos zu dieser Ausstellung beigesteuert, sie stellen Fragen mehr an den inneren Menschen. In dieser Ausstellung findet man übrigens auch ein Text-Werk des 2008 verstorbenen Gründungsmitglieds Jürgen F. Schmidt, in memoriam.
Hinzuzufügen wäre, dass der „Kunst- und Kulturverein" diese sehr umfassende wie vielseitige „Vorgabe“ exklusiv für Petzow produziert hat, hier wurde er ja 1995 schließlich geboren! Nicht mal sein zweiter Wohnsitz bekommt sie original zu Gesicht, Schönwalde. Grenzenlos einmalig also. Schade nur, dass außerhalb der Satire keine Arbeit so richtig „abhebt“, wo es doch ein so lohnend politisches Thema ist! Das brauchte Abstand, einen Übermut gar, weniger Bodenhaftung. Umgekehrt ist es natürlich eine grenzenlose Herausforderung an Künstler in Richtung „Ewigkeit“. Von dieser Bewegung hätte man gern etwas mehr sehen wollen.
Die Ausstellung ist bis zum 13. September an den Wochenenden und feiertags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.
Gerold Paul
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