Potsdam-Mittelmark: Zwei Städte, die sich mögen
Eine Ausstellung widmet sich der Partnerschaft zwischen Teltow und Gonfreville I'' Orcher
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Teltow - Noch heute verwundert es vor allem junge Teltower, wenn sie hören, dass ihre Stadt seit 40 Jahren in Frankreich eine Partnerstadt hat. Denn von ihren Eltern wissen sie, wie schwierig es einst zu DDR-Zeiten war, ins kapitalistische Ausland zu reisen. Das galt auch für Besuche zwischen Städtepartnern und schränkte so das Kennenlernen stark ein. Ging es der DDR-Führung in den sechziger Jahren noch darum, mit Partnerschaften zu französischen Kleinstädten ein Stück Weltoffenheit hinterm Eisernen Vorhang zu demonstrieren, wurden allzu enge Kontakte in späteren Jahren eher beargwöhnt.
Auch zwischen Teltow und Gonfreville I'' Orcher blieb so der Austausch notgedrungen einseitig, da es nur den französischen Partnern vorbehalten war, reisen zu können. Eine kleine Ausstellung im Foyer der E.on-edis AG in der Oderstraße gibt nun Auskunft, wie trotz mancher Einschränkungen vielerlei Kontakte geknüpft wurden und Freundschaften entstanden. Mehrere Fotos dokumentieren, wie französische Gewerkschafter Teltower Großbetriebe besichtigten und Kommunalpolitiker aus Gonfreville Schulen und Kindergärten besuchten. Auch die Enthüllung des Straßenschildes „Rue de Teltow“ wurde im Bild festgehalten, gleichfalls die Einweihung der Teltower Gonfrevillestraße.
Private Erinnerungsfotos erzählen von Freundschaften, die deutsche und französische Kinder während der Sommerferien knüpften, die sie gemeinsam in Betriebsheimen an der Ostsee oder im Erzgebirge verbrachten. Auch das Freibad Kiebitzberge war jedes Jahr ein beliebtes Quartier für die jungen französischen Gäste. Berichtet wird in der Ausstellung auch von Brieffreundschaften, die Interesse weckten, die Sprache des anderen zu lernen, um so noch mehr voneinander zu erfahren. „In einem meiner Briefe schrieb ich einmal das Wort Arbeitslosigkeit und schon im nächsten Brief fragte meine deutsche Freundin an, was denn eigentlich Arbeitslosigkeit sei“, erinnert sich die Französin Martine Leberquier.
Auch Jean Paul Lecoq, Bürgermeister von Gonfreville, weilte einst als Zwölfjähriger in den Ferien in Teltow, und bei einem Streifzug durch die Altstadt, stand er plötzlich in der Zehlendorfer Straße vor einem Zaun. Dort war plötzlich die Stadt zu Ende und ein Posten verwies darauf, dass hinter ihm die Grenze beginne. „Zuvor glaubte ich immer, Berlin sei noch einige Kilometer von Teltow entfernt. Seitdem weiß ich, wo Teltow wirklich liegt“, erzählte Lecoq einst bei einem Treffen mit seinem Amtskollegen Thomas Schmidt. Lecoq war es auch, der immer wieder an den Freundschaftsvertrag von 1966 erinnerte, den er in seinem Bürosafe wie eine Kostbarkeit verwahrt und von dem nun auch eine Kopie in der Ausstellung zu sehen ist.
Für Teltow unterzeichnete der damalige Bürgermeister Alfred Pape das Dokument und Jacques Eberhard für Gonfreville. Doch nach der Wende taten sich Teltows Kommunalpolitiker schwer mit der Partnerschaft, die einige für eine Altlast hielten, von der man sich lieber trennen sollte. „Ich bekam damals Schelte in der Stadtverordnetenversammlung als ich erwog, diese Partnerschaft fortzuführen“ erinnert sich der ehemalige Bürgermeister Siegfried Kluge. Das war 1996 und Kluge bat seinen Amtskollegen Lecoq deshalb um etwas Geduld. In drei Jahren sehe es bestimmt anders aus. Er behielt recht – 1999 unterschrieben beide einen neuen Vertrag und in beiden Städten wurden Partnerschaftsvereine gegründet. Dazu trug auch bei, dass private Beziehungen zwischen Bürgern beider Städte fortdauerten, vor allem aber drängten Vertreter von PDS und BIT darauf, die Partnerschaft offiziell anzuerkennen.
Wie sehr die beide Städte nun davon profitieren, zeigte sich beim Kulturaustausch, bei Treffen zu Stadtfesten und Sportveranstaltungen, an die viele Fotos der Ausstellung erinnern. „Doch die Zusammenarbeit kann noch breiter werden“, meint Bürgermeister Schmidt im Hinblick auf Kontakte zu Schulen und Firmen, „denn was damals trotz Einschränkung möglich war, muss jetzt erst recht funktionieren“. Kirsten Graulich
Die Ausstellung wird noch bis zum 15. November in der Oderstraße 29 gezeigt.
Kirsten Graulich
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