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Sommer in Paretz : Wo schon Königin Luise Erholung suchte
Paretz glänzt nicht nur mit dem von David Gilly geplanten Schloss. Paretzer Scheune, Grottenberg und Veranstaltungen wie das dörfliche Sommerfest und der Kultursommer sind einen Ausflug ins Havelland wert.
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Im Sommer zog es Kronprinz Friedrich Wilhelm III. und seine Gattin Luise ins idyllische Havelland nach Paretz. Das Schloss und das dazu gehörende Bauerndorf passen sich perfekt der lieblichen Landschaft an. Kein Zufall, es wurde vom preußischen Stararchitekten seiner Zeit, David Gilly (1748 bis 1808), geplant. Ein Besuch in Paretz lohnt immer, seit zehn Jahren erzählt die Dauerausstellung im Schloss von den Höhen und Tiefen des königlichen Gebäudes. In den Wohnräumen der beliebten Königin Luise können Möbel, Gemälde und die berühmten Papiertapeten bewundert werden.
Wie schon zu Zeiten der Planung steht das Schloss auch heute nicht für sich allein. Die Dorfkirche und die Paretzer Scheune gehören ebenso zum Ensemble, wie der Platz hinter der Scheune, der Schmiedehof. Dort steht auch der gemeinschaftliche Backofen. Auf dem Platz findet am Sonnabend, 22. Juni das Sommerfest Paretz statt. Nach einer Vorführung der Kinderfeuerwehr Löschbande um 13.30 Uhr spielen die Akki-Harmonists, und es gibt Mitmachangebote, bei denen Gartentiere aus Ton gefertigt werden können. Dazu Markttreiben und ab 18 Uhr Public Viewing, weil an der Fußball-EM eben kaum etwas vorbeiführt.

© Kitty Kleist-Heinrich TSP
Ebenfalls am 22. Juni können Kinder und Jugendliche im Schloss historische Tänze lernen. Einmal von 13 bis 14 Uhr und dann noch mal von 15 bis 16 Uhr. Wie Königin Luise über das Parkett zu schweben, kann man ab 6 Jahren lernen. Die Königin soll eine leidenschaftliche Tänzerin gewesen sein. Wer die geselligen Gruppentänze aus ihrer Zeit erlernen möchte, wird von der zertifizierten Tanzleiterin Birte Hoffmann-Cabenda musikalisch in die Zeit um 1800 zurückgeführt. Bevor es ans Tanzen geht, gibt es eine Kurzführung durchs Schloss.
Auch die Pfaueninsel war ein Lieblingsort des Königspaares
Für ein abwechslungsreiches Programm steht auch der Paretzer Kultursommer, eine Veranstaltungsreihe der Stiftung Paretz. Die nächste Veranstaltung aus der Reihe, der Luisenmarkt, findet am 29. Juni, nur eine Woche nach dem Sommerfest statt.
Führungen gibt es in Paretz rund ums Jahr. Neben der bereits erwähnten Tour durch die Wohnräume der königlichen Familie lohnt sich auch die Dauerausstellung „Pfaueninsel zu Gast in Paretz“. Denn neben der Sommerresidenz im Havelland gehörte auch die Pfaueninsel zu den Lieblingsorten des Königspaares.
Hübsch ist auch eine Wanderung Richtung Ketzin, dort steht auf einer Anhöhe eine alte Bockwindmühle. Bis 1958 war sie in Betrieb, dann verfiel sie und wurde von einem Hobbyhandwerker wieder aufgebaut. Von April bis Mitte September kann sie sonntags zwischen 13 und 18 Uhr besichtigt werden.

© Kitty Kleist-Heinrich/Tagesspiegel
Ein zeitloses Familienvergnügen bietet die digitale Schnitzeljagd rund ums Schloss Paretz. Dabei kann sich die ganze Familie an der Lösung diverser Aufgaben versuchen. Dazu muss nur der Code mit der Actionbound-App gescannt werden. Das Rätselspiel verspricht für 90 Minuten viel Spaß rund um Paretz.
Für den kleinen Hunger zwischendurch ist ein Besuch in der Paretzer Scheune zu empfehlen. Hier öffnet jeden Sonnabend und Sonntag von 12 bis 16 Uhr das Café Odessa. Mit dem Café, initiiert von der Helga Breuninger Stiftung und der Stiftung Paretz, ist nicht nur ein Treffpunkt für Ukrainer entstanden. Auch Paretz-Besucher kosten gern die ukrainischen Bliny (Pfannkuchen) und Wareniki (Teigtaschen) sowie verschiedene Kuchen. Zubereitet werden die Speisen von Ukrainerinnen aus Paretz und Umgebung.
„Alle Gerichte, die wir zubereiten, haben schon unsere Mütter gekocht“, sagt Lena Kotovska, die für die Helga Breuninger Stiftung das Projekt betreut. „Wir kochen das, was wir selber schon als Kinder gegessen haben“, erklärt sie weiter. Und das so erfolgreich, dass auch in großen Portionen gekocht und dann eingefroren wird. Während der Öffnungszeiten des Cafés können auch die Tiefkühl-Spezialitäten aus der Ukraine gekauft werden.
Ganz ohne Zeitmaschine zurück ins Jahr 1800
Flanieren und lustwandeln lässt es sich hinter der Scheune auf dem Luisenmarkt. Ganz ohne Zeitmaschine geht’s zurück ins Jahr 1800. Es wird geschmiedet, Wolle gesponnen und getöpfert. Körbe werden geflochten, Klöpplerinnen erzählen von ihrer Kunst und wer mag, kann sei eigenes Lederarmband herstellen. Bei der Glasbläserei können sich Besuchende in der alten Kunst ausprobieren. Wem Glas zu zerbrechlich erscheint, der findet vielleicht bei den Töpferwaren das passende Stück. Stickereien und Filzprodukte werden feilgeboten.
Schönschrift ist in Zeiten des Computers eine aussterbende Kunst, hier kann sie jedoch erlernt werden. Die Kunst der Kalligrafie wird nicht nur gezeigt, hier darf auch selbst die Feder geschwungen werden. So zart wie die geschriebenen Worte erscheinen die Klänge der Harfe, der andächtig gelauscht werden kann. Spannend wird es beim Märchenerzähler.
Es werden Schloss- und Dorfführungen angeboten, und wer es lieber gemütlich mag, lässt sich mit der Postkutsche fahren. Und damit alles authentisch wirkt, erscheinen die Veranstalter in historischen Gewändern. „Die Besucher dürfen auch gern in Verkleidung erscheinen“, sagt Gabriele Radtke-Wolf von der Stiftung Paretz. Am 29. Juni lässt sich von 11 bis 17 Uhr das königliche Landleben nachempfinden.
Ebenfalls am 29. Juni gibt es von 14 bis 17 Uhr die seltene Gelegenheit, das Pumpenhaus und die Schleuse Paretz zu besichtigen. Das technische Denkmal ist nur unter fachkundiger Führung und im Rahmen einer Sonderführung zu erkunden. Die von 1913 bis 1916 gebaute Schleuse ist Teil des historischen Wasserwirtschaftssystems. 1719 gab der König den Befehl zum Ausbau dieses Systems, von dem noch heute, 300 Jahre später, die vielen Gräben im Havelland zeugen.
Wem das zu technisch ist, der kann sich an diesem Tag auf die geheimnisvolle Spur des Grottenberges begeben. Dort stand einst ein Pavillon im fernöstlichen Stil. Eine Grotte gibt es auch, sie ist mit Porzellan, Muscheln und Spiegelglas dekoriert. Und ein scheinbar versunkener antiker Tempel ergänzt das märchenhafte Ensemble. Die Gartenführung findet am Nachmittag statt.
Und schon einen Tag später, am Sonntag, 30. Juni geht es munter weiter mit der Führung „Königskinder auf Reisen“. Bei der Familienführung geht es in die Paretzer Schlossremise, in der kostbar verzierte Kutschen, Schlitten und Sänften nur darauf warten, entdeckt zu werden. Und es geht dabei um allerhand Geschichten, wie man sie sich auch früher schon gern erzählte. Zum Beispiel die von den Ziegen, die die Königskinder vor die Kutsche gespannt haben sollen. Wahrheit oder geflunkert? Bei der Führung erfährt man es – und auch, wozu der einst der sogenannte Wurstschlitten diente.
Apropos Schlitten, im Ort gibt es einige Parkplätze, stressfreier kommt man mit Bus & Bahn nach Paretz, zum Beispiel mit der Regionalbahn ab Bahnhof Spandau bis Wustermark und von dort mit dem Bus. Fahrzeit insgesamt weniger als eine Stunde.
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