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74.244 war einmal: Die Kapazität des Olympiastadions wird immer geringer
Beim Spiel von Hertha BSC gegen den HSV war das Olympiastadion schon mit 71.500 Zuschauern ausverkauft. Das lag an einem geringeren Fassungsvermögen und zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen.
Stand:
Als Fabian von Wachsmann am vergangenen Samstag im Heimspiel von Hertha BSC gegen den HSV die Zuschauerzahl (71.500) verkündete und gleich darauf vermeldete, dass das Olympiastadion damit ausverkauft sei, da dürften einige Fans der Berliner ein wenig gestutzt haben. 71.500 und ausverkauft?
Bei „Ausverkauft“ kommt erfahrenen Hertha-Fans eher die Zahl 74.244 in den Sinn. Nach dem Umbau für die Fußball-WM 2006 war das für lange Zeit die offizielle Kapazität des Olympiastadions. Doch das war einmal. Inzwischen verfügt Herthas Heimspielstätte nur noch über 73.856 Plätze, nachdem es kurzzeitig mal 74.221 waren.
Grund ist die Fußball-Europameisterschaft im vergangenen Jahr. Weil für das Turnier die Zahl der Plätze für Rollstuhlfahrer von 168 auf 228 erhöht wurde, sank die Gesamtkapazität. Zudem wurden mehr Vorzugsplätze für Menschen mit körperlichen Einschränkungen eingerichtet.
Bei Herthas Heimspiel gegen den HSV am vergangenen Wochenende kamen weitere Beschränkungen hinzu – aus Sicherheitsgründen. So wurden im Unterring keine Karten für die ersten beiden Reihen hinter den Trainerbänken verkauft. Da die Sicht dort eingeschränkt ist, stehen die Zuschauer dort erfahrungsgemäß oft vor ihren Sitzschalen – was wiederum zu Beschwerden aus den Reihen dahinter führt, weil die Leute dort nichts sehen können.
Die Kapazität des Olympiastadions ist im Laufe der Jahrzehnte immer geringer geworden. Bei der Eröffnung zu den Olympischen Spielen von 1936 fanden noch 100.000 Menschen in der Arena Platz. Bis zum Bau des Zentralstadions in Leipzig in den 1950er-Jahren war das Olympiastadion damit das größte Stadion Deutschlands.
Da es nur über Sitzplätze verfügt, haben das Dortmunder Westfalenstadion und die Arena in München bei Bundesligaspielen inzwischen eine höhere Kapazität. Bei internationalen Begegnungen hingegen besitzt das Olympiastadion weiterhin das größte Fassungsvermögen in Deutschland.
Und noch immer hält das Stadion in Westend sowohl in der Bundesliga als auch in der eingleisigen Zweiten Liga den Zuschauerrekord. Am 26. September 1969, einem Freitagabend, sahen offiziell 88.075 Menschen das Spiel zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Köln. Inoffiziell sollen es bei Herthas 1:0-Erfolg sogar noch deutlich mehr Zuschauer gewesen sein.
Schätzungen zufolge waren es bis zu 120.000 Menschen, die sich auf den Rängen quetschten. „Janz Berlin war da“, hat Herthas Mittelstürmer Hans-Joachim Altendorff später einmal über das Spiel zwischen dem Tabellenachten der Bundesliga aus Berlin und dem Fünften aus Köln gesagt.

© dpa/Andreas Gora
Ähnlich voll war es auch knapp zehn Jahre später, im Halbfinal-Rückspiel des Uefa-Pokals gegen Roter Stern Belgrad – auch wenn die Zuschauerzahl mit 75.000 angegeben wurde. Die Einnahmen aus dem Ticketverkauf waren in jener Zeit die Haupteinnahmequelle der Fußballklubs. Mit der Abrechnung – so munkelte man damals – nahmen sie es daher nicht immer so genau.
Michael Sziedat, der frühere Verteidiger Herthas, ist sich jedenfalls sicher, dass es gegen Belgrad deutlich voller war als offiziell angegeben. Er wisse ziemlich genau, dass gegen Belgrad 106.000 zahlende Zuschauer ins Olympiastadion gekommen waren.
Damals wie heute stand es um den Klub finanziell nicht zum Besten, und um die Grundgehälter zu deckeln, hatte Hertha sich mit den Spielern als Kompensation auf eine Beteiligung an den Zuschauereinnahmen geeinigt. Das zahlte sich nun aus. Hertha scheiterte zwar dank der Auswärtstorregel an Roter Stern, aber: „Ich habe Geld gekriegt ohne Ende“, sagt Michael Sziedat.
Die 71.500 Zuschauer am vergangenen Samstag bei Herthas Spiel gegen den HSV waren der beste Besuch in der Zweiten Liga seit dem Berliner Derby im Februar 2013. Einen noch größeren Zuspruch verzeichnete Hertha am letzten Spieltag der Saison 2010/11, als die Berliner als neuer Zweitliga-Meister den Mitaufsteiger FC Augsburg empfingen.
Weil für das eine Woche später stattfindende DFB-Pokalfinale zwischen Schalke 04 und dem MSV Duisburg bereits eine Zusatztribüne am Marathontor aufgebaut war, lag die Kapazität bei 77.116. Bis heute ist das der Zuschauerrekord in der eingleisigen Zweiten Liga.
Zu Zeiten der zweigleisigen Zweiten Liga gab es im April 1977 bei Partie zwischen 1860 München und dem VfB Stuttgart noch ein paar hundert Zuschauer mehr. Das Duell zwischen dem Ersten und dem Zweiten der Süd-Staffel sahen 77.573 Menschen. Es fand ebenfalls im Olympiastadion statt. Allerdings in dem in München.
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