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 Achraf Hakimi und Hakim Ziyech feiern den Coup der marokkanischen Mannschaft.

© Reuters/Hannah Mckay

Als Gruppensieger ins Achtelfinale: Marokko ist die bisherige Überraschung der WM

Erstmals seit 1986 hat sich das afrikanische Team wieder für eine K.-o.-Runde qualifiziert. Nun könnte ausgerechnet Deutschland auf die Marokkaner warten.

Marokkos WM-Helden tanzten nach ihrem historischen Sieg wild feiernd durch den Mittelkreis, die ganze Erleichterung nach 36 Jahren Warterei fiel von der Mannschaft um den früheren Bundesliga-Star Achraf Hakimi ab.

Erstmals seit 1986 hat sich das Team am Donnerstag durch ein 2:1 (2:1) gegen Kanada wieder für ein Achtelfinale bei einer Fußball-WM qualifiziert. Und wie es das Schicksal will, könnte Marokko als Sieger der Gruppe F am Dienstag in Katar auf Deutschland treffen - ausgerechnet gegen die DFB-Auswahl war damals in Mexiko das Abenteuer durch eine späte 0:1-Niederlage zu Ende gegangen.

„Es ist wunderbar. Wir haben mit unserer Qualifikation für die nächste Runde Geschichte geschrieben“, sagte Torschütze Hakim Ziyech: „Ich bin stolz auf das, was wir heute geschafft haben. Wir kämpfen in allen Spielen zusammen.“

Teamkollege Romain Saiss ergänzte: „Wir haben mit unserem Herzen für unser Land gespielt. Wegen dieser Momente entscheidet man sich dafür, Fußball zu spielen.“ Im mit 43 102 Fans nicht ausverkauften Al-Thumama Stadion sorgten Hakim Ziyech (4. Minute) und Youssef En-Nesyri (22.) mit ihren Treffern für einen geschichtsträchtigen Abend und Platz eins in Gruppe F.

Erst zum zweiten Mal nach 2014 stehen zwei afrikanische Mannschaften in einem WM-Achtelfinale, vor Marokko hatte sich bereits der Senegal qualifiziert. Ghana kann am Freitag nachziehen und für ein nie dagewesenes afrikanisches Trio in der K.o.-Runde sorgen. Der Erfolg Marokkos gegen die überforderten Kanadier, für die Nayef Aguerd (40.) per Eigentor traf, war zudem der sechste afrikanische Sieg bei dieser Endrunde - Rekord.

Kanada wirkte anfangs völlig hilflos

„Wir waren nicht weit vom ersten Punkt entfernt“, sagte Kanadas Trainer John Herdman: „Wir werden feiern, was wir hier erreicht haben. Wir können erhobenen. Hauptes abreisen.“

Mit dem erstmals in der Startelf stehendem früheren deutschen U21-Nationalspieler Abdelhamid Sabiri drängte Marokko schnell auf klare Verhältnisse - und bekam sie mithilfe von Kanadas Torwart Milan Borjan. Der Kapitän drosch einen Befreiungsschlag genau in den Fuß von Ziyech, der Chelsea-Profi lupfte den Ball ins Tor. Die ohnehin schon prächtig gelaunten zahlreichen Fans aus Marokko sorgten für Gänsehaut-Atmosphäre.

Kanada wirkte völlig hilflos, hatte gegen die schnellen und präzisen Angriffe Marokkos überhaupt kein Gegenmittel. Im Mittelfeld der Nordamerikaner fehlte der verletzte Antreiber Stephen Eustáquio immens, der auf der Bank sitzende Rekordnationalspieler Atiba Hutchinson wurde als Ruhepol vermisst. So knüpfte Kanada zu keiner Phase an die mutigen Auftritte gegen Belgien und Kroatien an.

Es ist wunderbar. Wir haben mit unserer Qualifikation für die nächste Runde Geschichte geschrieben.

Hakim Ziyech, Marokkos Torschütze zum 1:0

Zwar war die Eishockeynation bereits ausgeschieden, doch als Ziel hatte man sich den ersten WM-Punkt der Geschichte gesetzt. Dagegen hatten die wie im Rausch spielenden Marokkaner etwas einzuwenden. Hakimi spielte einen atemberaubenden Pass über 30 Meter in den Lauf von En-Nesyri, der drosch den Ball zum zweiten Tor in die kurze Ecke. Wieder sah Borjan alles andere als gut aus.

Das kanadische Lebenszeichen kam durch Marokkos Verteidiger Aguerd. Der lenkte eine scharfe Hereingabe von Sam Adekugbe unglücklich zum Anschluss ins eigene Tor. Kurz vor der Pause stellte En-Nesyri (45.+3) den alten Abstand wieder her, doch Aguerd stand beim zweiten Tor des Sevilla-Stürmers im Abseits. Der Einzige, der die Entscheidung des brasilianischen Schiedsrichters Raphael Claus zunächst nicht mitbekam, war En-Nesyri, der sich an der Eckfahne ausgiebig von den Fans feiern ließ.

Nach dem Wechsel drückte Kanada - begleitet von den ausdauernden Pfiffen der marokkanischen Fans - zunächst auf den Ausgleich. Trainer John Herdman brachte zudem Hutchinson und Star-Stürmer Jonathan David. Marokko hatte es auf Konter abgesehen, die die Mannschaft aber nicht konsequent genug umsetzte. Das rächte sich fast, als Hutchinson (71.) mit einem Kopfball die Latte traf - doch die Ecke hatte ohnehin zuvor die Torauslinie überschritten.

Große Trauer herrschte hingegen rund um die belgische Nationalmannschaft, die als Mitfavorit ins Turnier gestartet war, aber wegen des 0:0 gegen Kroatien die Gruppe F nur als Dritter beendet. Roberto Martínez erklärte anschließend umgehend seinen Rücktritt. „Das war heute mein letztes Spiel als Nationaltrainer. Das ist natürlich sehr emotional“, sagte der Spanier. Belgien verpasste damit erstmals seit 1998 bei einer WM-Endrunde die K.o.-Runde.

Der 49-jährige Martínez erklärte weiter, bereits vor der WM die Entscheidung getroffen zu haben, nach dem Turnier aufzuhören. „Sie können sich vorstellen, dass ich nach dem dritten Platz 2018 viele Angebote hatte, aber ich wollte loyal sein und meinen Vertrag erfüllen. Jetzt ist unsere Reise vorbei.

Meine Entscheidung hat aber nichts mit dem Ausscheiden in der Vorrunde zu tun“, sagte Martínez, der bereits nach dem Spiel gegen Kroatien viele Spieler innig umarmt hatte. Martínez war seit 2016 belgischer Coach. Bei der WM 2018 und der EM im vergangenen Jahr scheiterte er mit Belgien jeweils gegen die späteren Titelträger. (dpa)

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