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Gianni Infantino setzt kurz vor Beginn der WM noch einen drauf.

© IMAGO/Shutterstock

Neues aus der Lügenwelt von Infantino: Verhöhnender kann eine Rede kaum sein

Einen Tag vor dem WM-Eröffnungsspiel fühlt sich Gianni Infantino „arabisch, schwul und behindert“. Seine Aussagen schockieren. Das Problem: Der Fifa-Boss kann es sich leisten.

Inga Hofmann
Ein Kommentar von Inga Hofmann

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Dreimal, womöglich sogar noch häufiger musste man hinsehen, um zu realisieren: Dieses Video ist kein Fake, sondern Gianni Infantino hält gerade tatsächlich die wohl absurdeste Rede, die es im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar gegeben hat. 

„Heute fühle ich mich katarisch, heute fühle ich mich arabisch, heute fühle ich mich afrikanisch“, sagt der Fifa-Boss am Samstag auf einer Pressekonferenz in Doha und fügte nach bedeutungsschwerer Pause hinzu: „Heute fühle ich mich schwul, heute fühle ich mich behindert, heute fühle ich mich als Gastarbeiter.“

Dass ein Schweizer Multimillionär sich anmaßt, so zu sprechen, zeugt nicht nur von dessen Realitätsverweigerung. Es beweist, dass der Weltverband jeden einzelnen Kritikpunkt, der an der Vergabe und der Ausrichtung der WM laut wurde, weiterhin ignoriert. 

Viel mehr kann man die Ausbeutung der Arbeitsmigrant*innen, die Verfolgung queerer Menschen in Katar und die strukturelle Benachteiligung von Menschen mit Behinderung kaum verhöhnen. Außer natürlich man heißt Gianni Infantino. Dann kann man sogar noch einen drauf setzen: Er wisse, wie es sich anfühle diskriminiert zu werden, sagte er am Tag vor dem WM-Eröffnungsspiel, denn: „Ich wurde in der Schule gemobbt, weil ich rote Haare und Sommersprossen hatte.“

Dass diese Aussagen ausgerechnet von dem mächtigsten Mann im Weltfußball kommen, mag schockieren, aber nicht überraschen. Bereits vor einigen Wochen hatte Infantino die Teilnehmerländer in Briefen dazu aufgefordert, nicht zuzulassen, „dass der Fußball in jeden ideologischen oder politischen Kampf hineingezogen wird.“

Seiner dritten Amtszeit kann sich Infantino sicher sein

Seit Monaten sperrt er sich außerdem gegen die Forderung von Menschenrechtsorganisationen, einen Entschädigungsfond für die Familien der verstorbenen Arbeitsmigrant*innen einzurichten – entgegen seiner Behauptung, dass die Fifa „sich um die Arbeiter kümmere“.

Er hält zudem daran fest, dass queere Menschen in Katar sicher seien, so auch am Samstag, als er sagte: „Ich kann bestätigen, dass hier alle willkommen sind.“ Wohl wissend, dass queere Katarer*innen erst kürzlich von der Polizei willkürlich festgenommen wurden. Und wohl wissend, dass ihnen im Emirat nach wie vor bis zu sieben Jahre Haft und theoretisch die Todesstrafe drohen.

Angesichts all dieser Lügen, die Infantino seinen Zuhörer*innen immer und immer wieder auftischt, ist es ein Armutszeugnis für den Sport, dass seine Machtposition dennoch unangetastet bleibt. Seiner dritten Amtszeit kann Infantino sich sicher sein, bei der Wahl im März ist er der einzige Kandidat. 

Und selbst wenn es einen Gegenkandidaten gäbe, wäre dieser ohnehin chancenlos. Die Verbände aus Südamerika, Asien, Afrika und Ozeanien haben Infantino bereits ihre Unterstützung und damit die Mehrheit der Stimmen zugesichert -  entgegen aller Kontroversen. Zur Erinnerung: In der Schweiz läuft nach wie vor ein Strafverfahren gegen ihn. Dem Fifa-Boss wird vorgeworfen, die Schweizer Justiz beeinflusst zu haben.

Doch die Fußball-Verbände kümmert das wenig – solange sie alle ein Stück vom Kuchen abbekommen. Und dafür sorgt Infantino, das hat er selbst versprochen, als er vorschlug die WM künftig alle zwei Jahre auszurichten („Der Kuchen wird größer, es wird mehr geben für alle.“). Insofern dürften während des Turniers in Katar und in den darauffolgenden Jahren noch einige absurde Reden folgen. Denn: Infantino kann es sich ganz einfach leisten. 

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