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Isaiah Hartenstein (li.) hat sich in der NBA zu einem der besten Center entwickelt.

© REUTERS/Alonzo Adams

Auf den Spuren von Dirk Nowitzki: Isaiah Hartenstein spielt in der NBA um den Titel

Mit den Oklahoma City Thunder geht Isaiah Hartenstein als Favorit in die NBA-Finals. Experten sehen in dem Center sogar „das Puzzlestück“, das in der vergangenen Saison noch gefehlt hatte.

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Isaiah Hartenstein hat früh gelernt, dass Basketball wehtun kann. Schon in jungen Jahren trainierte er bei den Artland Dragons in Quakenbrück mit Erwachsenen, eine Saison lang sogar gemeinsam in einem Team mit seinem Vater. Florian Hartenstein hat lange als Profi in der Basketball-Bundesliga gespielt und galt als außerordentlich harter Spieler – das ließ er auch seinen Sohn spüren.

„Wenn ich sauer war über etwas, was er in der Halle gemacht hat, haben wir manchmal drei Tage nicht gesprochen“, erzählte Hartenstein im Podcast seines früheren Mitspielers Jalen Brunson. „Ich bin dann zu meiner Mutter gegangen und habe mich beschwert: Papa hat mir im Training schon wieder fünf Ellbogen verpasst.“

In Quakenbrück war Isaiah Hartenstein ein Riesentalent – schon groß gewachsen, dennoch beweglich, mit gutem Wurf. Er spielte nicht nur in der Zone, denn dort war er physisch unterlegen, sondern auch weiter weg vom Korb. Heute – 27 Jahre alt, 2,13 Meter groß, 113 Kilo schwer – ist die Körperlichkeit eine seiner großen Stärken. Unangenehm wird es in der Zone eher für seine Gegenspieler.

Hartenstein hat eine beeindruckende Entwicklung genommen, und das nicht nur physisch. Mit den Oklahoma City Thunder steht er in den Finals der NBA, die in der Nacht auf Freitag (2.30 Uhr, Dazn) mit einem Heimspiel gegen die Indiana Pacers beginnen. Als bestes Team der Hauptrunde sind die Thunder um MVP Shai Gilgeous-Alexander großer Favorit – und Hartenstein könnte nach Dirk Nowitzki 2011 der zweite Deutsche werden, der in der NBA den Titel gewinnt.

Hartensteins Weg in die Spitze der besten Basketballliga der Welt war nicht gradlinig, er entschied sich für ungewöhnliche Pfade, musste Rückschläge verkraften. Doch schon in seiner Jugend hatte er gelernt, dass es Widerstandsfähigkeit braucht.

Aus den USA nach Quakenbrück

Hartenstein wurde in Eugene, Oregon, geboren. Dort spielte sein Vater, Sohn eines amerikanischen GIs und einer Deutschen, auf der Highschool und am College Basketball und lernte seine Frau kennen, eine US-Amerikanerin. 2009 zog er mit seiner Mutter nach Quakenbrück, wo sein Vater in der BBL spielte. Isaiah Hartenstein wuchs zwischen zwei Welten auf. Auch heute noch hört man seinen amerikanischen Akzent durch, wenn er Deutsch spricht.

Florian Hartenstein spielte in der BBL für Gießen und die Artland Dragons.

© imago/Volkmann

Beim damaligen Erstligisten Artland Dragons durchlief Hartenstein die Jugendabteilung und machte seine ersten Schritte im Profibasketball. „Ich selbst war ein Rollenspieler, der Blöcke stellen und rebounden konnte“, sagte Florian Hartenstein vor einigen Jahren. „Ich wollte, dass Isaiah das Gegenteil von mir wird. Ich war drei Jahre sein Trainer und habe ihn auch als Guard spielen lassen, damit er besser zu dribbeln und zu passen lernt. Das hat ihm geholfen, so vielseitig zu werden.“

Mit 16 Jahren debütierte Isaiah Hartenstein in der BBL, entschied sich dann aber überraschend für einen Wechsel nach Litauen. Nach eigener Aussage, weil er bei Žalgiris Kaunas die besten Chancen für seine persönliche Entwicklung sah.

Eine Saison später meldete er sich für den Draft an und wurde an 43. Stelle von den Houston Rockets ausgewählt, die ihn anfangs allerdings nur in der Entwicklungsliga einsetzten. Mit den Rio Grande Valley Vipers gewann er 2019 den Titel in der G-League und wurde Finals-MVP. Es war der Startschuss für seine NBA-Karriere.

In Houston und Denver waren seine Einsatzzeiten sehr begrenzt. „In den ersten drei Jahren musste ich herausfinden, wie ich konstant aufs Feld komme. Wie kann ich dem Team helfen? Dadurch sind meine Schwächen dann meine Stärken geworden“, sagte Hartenstein in einem Interview mit der „Sportschau“. Anfangs galt er als nicht physisch genug, als schlechter Rebounder und Verteidiger. Heute gehört er in diesem Bereich zu den besten Spielern der Liga.

In Cleveland und bei den Los Angeles Clippers deutete er an, was für ein Potenzial er hat, der Durchbruch folgte in den zwei Jahren bei den New York Knicks. Als Lohn folgte der Wechsel zu einem Topteam. Bei OKC unterzeichnete Hartenstein im vergangenen Sommer einen Dreijahresvertrag über 87 Millionen Dollar.

87
Millionen Dollar verdient Hartenstein bei OKC in drei Jahren

„Er ist sehr groß, und wir hatten letzte Saison eine kleinere Mannschaft mit Problemen beim Rebound“, sagte OKC-Trainer Mark Daigneault. „Das ist aber nur die oberflächliche Erklärung, warum wir ihn geholt haben – und die wird ihm nicht gerecht.“ Hartenstein sei auf beiden Seiten des Feldes ein kompletter Spieler.

Spielt Hartenstein bei der EM?

Hartensteins Statistiken zeigen nur teilweise, wie groß seine Bedeutung für das Team ist. In den Play-offs stehen bisher im Schnitt 9,2 Punkte, 7,9 Rebounds und 2,2 Assists zu Buche. Das Basketball-Medium „The Ringer“ bezeichnete ihn dennoch als „das fehlende Puzzleteil“ für die Thunder auf dem Weg zum Titel.

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Sollte sich Hartenstein mit Oklahoma City tatsächlich durchsetzen, wäre er erst der zweite deutsche NBA-Champion nach Dirk Nowitzki 2011. „Es wäre eine Ehre, diesen Titel zu gewinnen, und es auch für Deutschland zu tun“, sagt Hartenstein.

Die NBA war immer die Nummer eins für mich, auch wenn man viel dafür opfern muss, sei es die Nationalmannschaft oder Urlaube oder Freizeit.

Isaiah Harstenstein

Dass er hierzulande immer noch etwas unter dem Radar läuft, obwohl er im vergangenen Dezember sogar als Investor beim BBL-Team in Ulm eingestiegen ist, hat auch damit zu tun, dass er sein letztes Länderspiel 2018 absolviert hat. Die erfolgreiche Ära unter Gordon Herbert mit EM-Bronze und WM-Gold fand ohne ihn statt.

Ob Hartenstein in diesem Sommer unter dem neuen Bundestrainer Álex Mumbrú an der Europameisterschaft teilnimmt, ist noch unklar. Der Finaleinzug in der NBA dürfte aber in dieser Hinsicht nicht hilfreich gewesen sein, denn seine Prioritäten hat er klar und deutlich benannt.

„Die NBA war immer die Nummer eins für mich, auch wenn man viel dafür opfern muss, sei es die Nationalmannschaft oder Urlaube oder Freizeit“, sagte Hartenstein in einem Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Der neue Bundestrainer habe ihn in den USA besucht. „Ich habe ihm gesagt: Ich will spielen, aber wenn ich mich körperlich nicht gut fühle und die Saison lang ging, werde ich mich nicht zwingen.“

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