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Auf die Vierer ist Verlass: Gold und Silber für deutsche Kanuten
Erst überraschen die Frauen, dann werden die Männer ihrer Favoritenrolle gerecht. In äußerst knappen Rennen zeigen die deutschen Boote ihre Ausnahmestellung.
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Max Rendschmidt konnte sich nicht mehr beherrschen. Er sprang einfach mal ins Wasser des Stade Nautique im Vaires-sur-Marne. Ein wenig Abkühlung tat nach der ganzen Aufregung gut. Später, als er längst wieder trocken war, und sich zusammen mit den Kollegen aus dem Kajak-Vierer, Max Lemke, Jacob Schopf und Tom Liebscher-Lucz, bei der Siegerehrung die Goldmedaille abgeholt hatte, sprach er von einer „ganz besonderen Medaille“.
Es war die dritte nacheinander bei Olympia für das Großboot des Deutschen Kanuverbandes – ein historischer Erfolg, wie Liebscher-Lucz nach dem Studium der Statistiken herausfand. „Das gab’s so noch nie“, sagte er. Aber dieses Mal machten es die Vier spannender als 2016 und 2021.
Zuerst produzierten die Deutschen einen Fehlstart, paddelten dann schnell an die Spitze des Feldes und wären beinahe vor dem Ziel noch von Australien abgefangen worden. Das Zielfoto musste entscheiden. Nach seinem „subjektiven Gefühl“ war sich Liebscher-Lucz zwar sicher, gewonnen zu haben, wartete aber mit dem Jubel, bis es offiziell war. „Die Renntaktik ist hervorragend aufgegangen“, sagte Jens Kahl, der Sportdirektor des Deutschen Kanuverband.
Sebastian Brendel möchte seine Karriere krönen
Gut zehn Minuten davor hatte der Frauen-Vierer am Donnerstag für die erste Rennsportmedaille des DKV bei diesen Sommerspielen gesorgt. Paulina Paszek, Jule Maria Hake, Pauline Jagsch und Sarah Brüßler mussten sich über die 500-Meter-Distanz nur den Neuseeländerinnen geschlagen geben. Mit diesem Erfolg war anders als bei den Männern nach einer schwierigen Saison nicht unbedingt zu rechnen gewesen.
Kahl hatte als Ziel vor der Abreise nach Paris sieben Medaillen ausgegeben, für Slalom- und Rennsport zusammen, mehr als die Hälfte sind nach Silber für Elena Lilik und Bronze für Noah Hegge im Wildwasserkanal sowie den beiden gestrigen im Flachwasser bereits eingefahren. „Wir sind im Soll“, sagte Kahl. Zumal noch ein paar aussichtsreiche Boote am Start stehen, unter anderen greift an diesem Freitag Sebastian Brendel bei seinen wohl letzten Olympischen Spielen im Canadier-Einer über 1000 Meter noch einmal nach Edelmetall.
Die Rennsportsparte des DKV hatte viele Jahre zuverlässig die deutsche Medaillenbilanz bei Olympischen Spiele aufgehübscht, in Tokio war sie diesen Ansprüchen mit nur dreimal Edelmetall nicht gerecht geworden. Für Kahl war dies aber nur ein Ausrutscher. Es sei 2021 kein Fehler in der Vorbereitung gewesen. „Wir sind einfach mit diesen düsteren Rahmenbedingungen bei den Pandemie-Spielen nicht so gut zurechtgekommen“, sagte er.
Am Freitag sind schon die nächsten Medaillen möglich
Auf den Vierer war auch da Verlass. In etwas unterschiedlicher Besetzung ist das Boot seit acht Jahren bei olympischen Finals ungeschlagen. Bei allen drei Siegen saßen nur Rendschmidt und Liebscher-Lucz im Kajak. Vor drei Jahren in Tokio kam Lemke dazu und dieses Mal ersetzte Jakob Schopf den mit fünf Olympia-Medaillen und 16 WM-Titeln erfolgreichsten deutschen Kanuten.
Der damals 39 Jahre alte Ronald Rauhe hatte in Japan seine Karriere mit dem Start im Gold-Boot ausklingen lassen. Schopf ist zwar kein Olympia-Novize mehr, er hat auch in Tokio schon Silber im Kajak-Zweier gewonnen, aber die „Goldmedaille um den Hals zu haben, ist der sportliche Traum eines jeden“, sagte er. Deshalb kullerten während der Siegerehrung auch ein paar Tränchen über seine Wangen.
Ausgiebig feiern können aber weder die vier Frauen noch die vier Männer. Schon an diesem Freitag geht es für sieben von ihnen weiter – und dieses Mal gegeneinander. Im Kajak-Zweier gehend beiden deutschen Boote, eines mit Rendschmidt und Liebscher-Lucz, das andere mit Schopf und Lemke aussichtsreich ins Medaillenrennen. „Wir werden heute noch gemeinsam an der Bar ein Bierchen gönnen und uns dann auf unsere Zweier-Rennen vorbereiten“, sagte Liebscher-Lucz.
Bei den Frauen startet Paulina Paszek zusammen mit Jule Maria Hake, im anderen Boot sitze Pauline Jagsch mit Lena Röhlings, die einzige, die am Donnerstag bei den Siegerehrungen nur als Zuschauerin dabei war. Vielleicht ist sie ja morgen mittendrin.
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