zum Hauptinhalt
Bayern

© dpa

Bayern München: Auf Kosten der Ruhe

Der FC Bayern will Trainer Hitzfeld nicht durch die Hintertür verabschieden. Das geht auch gar nicht mehr.

Uli Hoeneß kam zusammen mit Ottmar Hitzfeld, Blitzlichter prallten unaufhörlich in ihre Gesichter, der Presseraum des FC Bayern München war überfüllt, es herrschte eine Atmosphäre wie in einem Karpfenbecken in der Fischzucht. Dann setzte Hoeneß an zu einem Hoeneß-Monolog. Der Manager der Bayern redete und redete, als hätte er seit Jahren darauf gewartet, auf diesen einen Moment.

Er habe an Silvester um dreiviertel eins, „kurz bevor ich eine große Rakete abschießen wollte“, mit einem Reporter gesprochen, „den ich seit 30 Jahren kenne“, und der habe ihm versichert, er arbeite gerade nicht und wolle im Vertrauen wissen, was nun los sei mit Hitzfeld. „Stimmt nicht“, rief der ebenfalls anwesende Reporter der „Bild“-Zeitung, aber Hoeneß sprach unbeirrt weiter. Dass er überrascht gewesen sei, in der Zeitung über jenes kurze Gespräch zu lesen, und dass er nichts dafür könne, dass das Ende von Trainer Hitzfeld bei den Bayern nun früher als geplant öffentlich geworden sei. „Stimmt nicht“, hätten nun alle anderen im Raum rufen können, doch niemand rief. Auch Ottmar Hitzfeld nicht – er hielt sich zurück wie immer.

Wir alle haben gewonnen, so wollten Hoeneß und Hitzfeld die Gesamtsituation gestern darstellen. In Wahrheit haben sie alle verloren. Hoeneß’ Silvesterknaller war ja nur der Gipfel eines wochenlangen Machtspiels, in dem jeder die Fäden in der Hand halten wollte: Hitzfeld wie Hoeneß wie Rummenigge. Am Ende des öffentlichen Theaters steht indes fest: Der Abschied des Trainers, ob nun „im Vertrauen“ geschehen oder „aus Versehen“, folgte einer kühlen Strategie. Einer Strategie auf Kosten der Ruhe.

Zwar sagte Hoeneß, selbst durch etwaige Misserfolge in der Rückrunde wäre die Zusammenarbeit bis Saisonende nicht gefährdet: „Ottmar wird den Verein niemals durch die Hintertür, sondern auf jeden Fall durch das große Tor verlassen.“ Doch werden Hoeneß und Kollegen das Geschehen weiter penibel verfolgen, kommentieren – und notfalls reagieren. Hitzfeld weiß das, weshalb er am Montag auch ankündigte, künftig empfindlicher auf Äußerungen der Spieler zu reagieren. Hitzfeld muss seine Position schon jetzt stärken, denn von nun an wird die Suche nach Hitzfelds Nachfolger die Schlagzeilen bestimmen.

Man werde sich bei der Suche Zeit lassen, sagte Hoeneß. Über mögliche Kandidaten wollte der Manager nichts sagen; Marcello Lippi und Stuttgarts Armin Veh jedenfalls dementierten am Montag Kontakte zum FC Bayern. Hoeneß indes machte klar: „Wenn wir uns für einen Trainer entschieden haben, dann kriegen wir den auch.“ Wir, das heißt: Karl-Heinz Rummenigge, Karl Hopfner und Uli Hoeneß. „Alles, was aus anderen Quellen kommt, ist Unsinn“, sagte Hoeneß. Es war ein bemerkenswerter Satz, der noch einmal die Verteilung der Macht beim FC Bayern verdeutlichen sollte – und zugleich eine Ohrfeige war für alle Beckenbauers und Breitners dieser Bayern-Welt.

Die Zeit der Ohrfeigen für Ottmar Hitzfeld dagegen, so scheint es, ist vorerst vorbei. Einmal legte Hoeneß Hitzfeld sogar eine Hand auf die Schulter und lächelte, und Blitzlichter durchzuckten wieder die Luft. Es wurde ein schönes Foto. Ein Foto aber, das nicht mehr ist als – eine Momentaufnahme.

Michael Neudecker[München]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false