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Union wird zunehmend professioneller. In Köpenick gibt es neben einer Ernährungsberaterin auch ein Yoga-Angebot für das Team.

© imago images/Norina Toenges

Auftakt der Fußball-Regionalliga der Frauen: Der 1. FC Union trifft im Derby auf Viktoria Berlin

Viktoria und Union haben sich neu aufgestellt für die Saison und wollen trotz unterschiedlicher Herangehensweise beide so schnell wie möglich in die 2. Liga.

Über zehn Jahre ist es her. Die deutschen Fußballerinnen waren gerade Europameister in Finnland geworden, hatten im torreichsten Finale der Geschichte England 6:2 geschlagen. Das war im September 2009. In der darauffolgenden Saison spielte letztmalig ein Berliner Verein in der 1. Bundesliga: Tennis Borussia Berlin.

Seit der Einführung der eingleisigen Bundesliga zur Saison 1997/98 war TeBe das einzige Berliner Team, das mal erstklassig spielte. Mittlerweile gibt es bei TeBe kein Frauenteam mehr und seitdem auch keinen Berliner Nachfolger in der Bundesliga. Aktuell ist die höchste Liga mit Berliner Frauenteams die Regionalliga Nordost, in der mit dem 1. FC Union Berlin, FC Viktoria, Türkiyemspor, Blau Weiß Hohen Neuendorf sowie Stern 1900 und Aufsteiger Hertha 03 gleich sechs Berliner Teams vertreten sind.

In der zweiten Liga fehlt also auch ein Berliner Klub, zuletzt spielte Union in der Saison 2016/17 dort. Zwar konnten Union und Viktoria schon mehrmals Meister werden, fast nie aber aufsteigen. Das Dilemma der Regionalligen ist, dass man auch als Meister nicht direkt in die zweite Liga aufsteigt, sondern den Weg über die Relegation gegen den Meister der Nordstaffel gehen muss. Ein Hindernis, an dem in den vergangenen Jahren einige Teams gescheitert sind.

Das soll sich zukünftig ändern. Zumindest bei Union und Viktoria, die für die kommende Saison das Ziel Aufstieg ausgegeben haben und am Sonntag um 14 Uhr im Stadion Lichterfelde zum Auftakt der Regionalliga aufeinander treffen. Direkt zu Beginn also gibt es ein Derby der beiden heißesten Anwärterinnen auf den Titel.

Maja Wasiak (l-r), Hiva Lorin Beyaztepe, Mona Saar und Hanna Schulte beim Training von FC Viktoria Berlin im Stadion Lichterfelde.
Maja Wasiak (l-r), Hiva Lorin Beyaztepe, Mona Saar und Hanna Schulte beim Training von FC Viktoria Berlin im Stadion Lichterfelde.

© dpa/Christoph Söder

Die Köpenickerinnen haben bereits Erfahrung in der zweiten Bundesliga, zuletzt in der Saison 2016/17 und damit zum vierten und bis heute letzten Mal. In der letzten Saison wurde Union noch Dritter der Regionalliga, in dieser Saison soll es Platz eins werden. Dazu haben sich die Köpenicker bereits im März auf der Position der Cheftrainern namhaft verstärkt.

Ailien Poese bringt Kompetenz und Erfahrung mit zu Union

Mit Ailien Poese haben die Berlinerinnen eine echte Expertin als Trainerin, die bis vor Kurzem noch als sogenannter Match-Scout bei der Europameisterschaft für das deutsche Nationalteam zum Einsatz kam und dort die kommenden Gegner der DFB-Auswahl analysierte. Dieses Fachwissen soll sie jetzt als erste hauptamtliche Trainerin bei Union Berlin nutzen, um den Verein perspektivisch in Richtung Bundesliga zu führen. „Wir wollen uns in diesem Jahr um den Aufstieg in die 2. Liga kümmern“, gibt Poese selbstbewusst als Ziel aus.

Die Rahmenbedingungen bei Union sind deutlich professioneller als bei anderen Teams in der Regionalliga. „Alle Spielerinnen sind Vertragsspielerinnen, wir haben zwei hauptamtliche Trainer mit mir und Sven Gruel, dazu die angestellte Torwarttrainerin Laura Ketzer, ein hauptamtliches Teammanagement“, sagt die neue Cheftrainerin. So etwas gab es noch nie bei Union und zeugt von der Ernsthaftigkeit des Vorhabens, insgesamt professioneller werden zu wollen. Außerdem gibt es bei Union neben einer Sportpsychologin sogar eine Ernährungsberaterin sowie eine Yogalehrerin.

Während Union trotzdem noch relativ konservativ an seine Ziele herangeht, sieht das in Steglitz-Zehlendorf schon ganz anders aus. Dort ist der FC Viktoria der exakte Gegenentwurf zu den Köpenickern. Anfang Juni erregte Viktoria großes Aufsehen mit der Ausgliederung der Frauenabteilung in eine eigene Fußball-GmbH. Ein Meilenstein, um das ambitionierte Projekt von sechs Investorinnen umzusetzen, sich langfristig in der Bundesliga zu etablieren.

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Eine von ihnen ist die ehemalige Nationalspielerin Ariane Hingst: „Ich bin Berlinerin. Ich war von der ersten Sekunde an begeistert von der Idee, Fußball in meiner Heimatstadt zu entwickeln. Ich denke, dass ich mit meinem Bekanntheitsgrad im Fußball die Werbetrommel rühren und meine Erfahrung weitergeben kann.“

Das Ziel sei, die „deutsche Sportwelt nachhaltig zu verändern“ und perspektivisch den Verein in die Bundesliga zu bringen. Innerhalb der nächsten fünf Jahre soll der Verein aus Lichterfelde nicht nur in der Bundesliga spielen, sondern laut den Gründerinnen auch „zu einer Marke werden“.

Festes Grundgehalt für Spielerinnen von Viktoria

Der US-Klub Angel City FC, der unter anderem von der Hollywood-Schauspielerin Natalie Portman gegründet wurde, dient dabei als Vorbild für. Dort spielt neben einigen Starspielerinnen auch Nationaltorhüterin Almuth Schult. Auf der ganz neu gegründeten Website von Viktoria heißt es: „Wir wollen den Berliner Frauen-Fußball in die Bundesliga führen und den Frauen-Sport in ganz Deutschland nachhaltig verändern.“

Unter anderem bekommen die Spielerinnen ein festes Grundgehalt von 251 Euro, im Vergleich zu den Gehältern der männlichen Regionalligaspieler natürlich ein Witz, und trotzdem etwas völlig Neues und ein Versprechen für die Zukunft, auch Regionalliga-Fußballerinnen besser abzusichern.

Kapitänin Marlies Sänger verpasste 2021 mit Viktoria Berlin in der Relegation den Aufstieg in die Zweite Liga. Dieses Jahr strebt das Team erneut den Regionalligatitel an.
Kapitänin Marlies Sänger verpasste 2021 mit Viktoria Berlin in der Relegation den Aufstieg in die Zweite Liga. Dieses Jahr strebt das Team erneut den Regionalligatitel an.

© imago images/Lobeca

Viktoria geht in der Zielformulierung also deutlich selbstbewusster vor als Union und trotzdem werden sich am Sonntag zwei Teams auf Augenhöhe begegnen, wie zuletzt auch das Testspiel vor etwa zwei Wochen zeigte, das Viktoria knapp mit 2:1 für sich entscheiden konnte.

Neben den beiden Favoritinnen auf den Meistertitel könnten aber auch andere Vereine eine Rolle spielen, wie etwa Türkiyemspor, die einen guten Saisonstart hinlegten und mit dem Eimsbütteler TV einen Aufsteiger in die Regionalliga Nord mit 6:1 aus dem DFB-Pokal warfen.

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Trotz des Abgangs der ehemaligen Nationalspielerin Aylin Yaren zu Viktoria ist das Team sowohl individuell als auch in der Breite gut aufgestellt und kann sich nach dem Gewinn des Berlin-Pokals im letzten Jahr gegen Viktoria und dem zweiten Platz in der Regionalliga ebenfalls berechtigte Hoffnungen auf den Titel in diesem Jahr machen. Die drei anderen Berliner Klubs wie Stern 1900, Hohen Neuendorf und Hertha 03 werden nicht mehr als den Klassenerhalt anstreben.

Das Duell am Wochenende zwischen Viktoria und Union dürfte bereits ein Vorgeschmack auf das sein, wie es womöglich in den kommenden Jahren im Berliner Fußball der Frauen weitergehen kann und ob die beiden Vereine tatsächlich das Zeug dazu haben, sich neben Turbine Potsdam in der Bundesliga zu etablieren. Die ersten Schritte wurden auf beiden Seiten gemacht, am Sonntag geht es nun darum, drei wichtige Punkte im Kampf um den Meistertitel einzusammeln .

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