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Auf der Etappe von Vejle nach Sonderborg wurden die Tour de France-Fahrer frenetisch bejubelt.

© imago images/Stefano Sirotti

Auftakt der Tour de France in Dänemark: Glückliche Tage mit bitterem Ende

Der Auftakt der Tour de France war ein voller Erfolg beim Grand Depart in Dänemark. Dennoch gab es auch Kritik, vor allem aus klimapolitischer Sicht.

Radsport wird zum Magneten für die Massen. In vorpandemische Zeiten fühlten sich Tour de France-Fahrer und Betreuer beim Start der Rundfahrt in Dänemark versetzt. „Ich ging bei zehn Frankreichrundfahrten an den Start, ich habe zehn Grand Departs erlebt, aber ich habe niemals eine solche Atmosphäre erfahren wie hier in Kopenhagen“, staunte Chris Froome.

Der Brite, viermaliger Sieger des Rennens, in diesem Jahr aber erneut weit entfernt von einer Top 10-Platzierung, war beglückt über Fans, die sich in Fünferreihen an die Strecke stellten, die Fahnen schwenkten, einen höllischen Lärm erzeugten und sich nicht einmal vom Regen abhalten ließen. „Der Auftakt war spektakulär. Ohne den Regen wäre es ein Rekordprolog geworden“, sagte auch Rolf Aldag, Sportdirektor des deutschen Rennstalls Bora-hansgrohe, dem Tagesspiegel.

Jenseits der Hauptstadt setzte sich das Radsportfest fort. In Roskilde verließen Zehntausende das Zeltlager des Geländes des großen Rock-Festivals, um beim Start der 2. Etappe die Profis auf den schmalen Rädern anzufeuern. Auch bei den Ortsdurchfahrten unterwegs standen Zuschauer dichtgeballt. Häuser waren gelb geflaggt, das Muster des Punktetrikots an Silos und Wasserspeichern angebracht.

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Und weil der einheimische Fahrer Magnus Cort Nielsen auf der zweiten Etappe das Trikot des Bergkönigs erobert hatte und es am dritten Tag in einer Solofahrt vor dem Feld – auf der Jagd nach weiteren Bergpunkten – präsentierte, war auch sportlich für die Gastgeber alles fein.

Cort Nielsen wurde gefeiert, als hätte er bereits die Tour de France gewonnen. „Dänemark hat wenig echte Stars. Deshalb werden Radprofis hier angesehen wie Popstars“, erklärte Michael Rasmussen die Begeisterung. Rasmussen war einst selbst ein solcher Popstar, bevor er wegen Dopings von der Tour de France verbannt wurde. Jetzt begleitet er sie als Kolumnist für die Tageszeitung Ekstrabladet.

Fabio Jakobsen und Dylan Groenewegen lieferten sich Duell im Sprint

Sportlich kristallisierte sich erneut Tadej Pogacar als Top-Favorit heraus. Zwei Mal hat er bereits die Tour de France gewonnen. Beim Zeitfahren war er erneut der Beste der Klassementfahrer. Während seine Konkurrenz im Regen vor allem um Sicherheit bemüht war, scheute der Slowene das Risiko nicht, sondern jagte in perfekter Radbeherrschung auch um enge Kurven.

Er liegt bereits auf Platz 3, 14 Sekunden hinter dem Gesamtführenden Wout van Aert. Er hat aber acht und neun Sekunden Vorsprung auf seine härtesten Herausforderer Jonas Vingegaard und Primoz Roglic und liegt noch deutlicher vor dem Rest der Podiumsaspiranten.

Statt des gewohnten gelben Trikots trägt er jetzt das weiße des besten Nachwuchsfahrers. „Das steht mir doch auch gut, oder?“, scherzte er mit Journalisten. Spätestens am Freitag, wenn es die Planche des Belles Filles hinaufgeht, will er es aber gegen seine Standardfarbe gelb austauschen. Sein eigentliches Teamtrikot dürfte noch länger kaum benutzt im Koffer bleiben.

Die Sprints waren vom Duell zwischen Fabio Jakobsen und Dylan Groenewegen geprägt. Jeder gewann je eine Etappe. Beider Schicksal ist tragisch miteinander verknüpft: Groenewegen war Auslöser des Horrorsturzes, der Jakobsen vor zwei Jahren auf die Intensivstation beförderte. Groenewegen knabberte lange mental daran.

Jakobsen legte eine beeindruckende körperliche Rehabilitierung hin. Nur knapp dem Tode entronnen wurde er jetzt zum Etappensieger. „Ein Kreis hat sich für mich geschlossen. Ich wollte immer bei der Tour de France eine Etappe gewinnen. Dann kam der Sturz dazwischen. Jetzt habe ich mir einen Traum erfüllt“, sagte der Niederländer.

Auftakt wird überschattet vom Anschlag in Kopenhagen

Der Grand Depart bescherte also viele glückliche Momente. Die dänischen Steuerzahler kostete er 12 Millionen Euro. Paradox ist, dass die Veranstalter den Auftakt in Dänemark gerade wegen der vorbildlichen, die Umwelt schonenden Alltagsnutzung des Rades durch die dänische Bevölkerung begründeten. „Dänemark ist hier viel weiter als wir in Frankreich“, meinte etwa Tour de France-Chef Christian Prudhomme.

Am Montag bewegte sich der Riesentross der Tour mit Bussen, Materialwagen und Pkws der 22 Teams, den 150 Fahrzeugen der Werbekarawane sowie den mehreren Tausend Fahrzeugen von Tour-Mitarbeitern und Medien durch halb Europa von Dänemark nach Nordfrankreich. Das gehört dann in die Kategorie unverantwortlich.

Einen bitteren Akzent setzten am Sonntagnachmittag die Schüsse in Kopenhagen. Der Tourausrichter ASO richtete sein Beileid aus.

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