zum Hauptinhalt
Seit einigen Jahren produziert der Spielzeughersteller Mattel auch Barbiepuppen mit Beeinträchtigungen.

© IMAGO/Cover-Images

Barbie mit Blindenstock: Kinderzimmer sollen inklusiver werden

Seit einigen Jahren produziert der Spielzeughersteller Mattel auch Barbiepuppen mit Beeinträchtigungen. Eine vielfache Paralympics-Siegerin findet das gut.

Von Anna von Gymnich

Stand:

„Hi Barbie!“ – „Hi Ken!“ Seit dem erfolgreichen Barbie-Film im vergangenen Jahr ist die Spielzeugpuppe wieder hochaktuell. Die Originalbarbie entspricht rein äußerlich jedoch keiner wirklich inklusiven Vorstellung: lange dünne Beine, helle Haut, blonde lange Haare und blaue Augen.

Kaum jemand entspricht dieser Art Schönheitsideal. Die US-Spielzeugfirma Mattel muss sich diesbezüglich seit langem schon scharfe Kritik gefallen lassen. Vor knapp zehn Jahren begann das Unternehmen erstmals damit, die Körperform vereinzelter Puppen anzupassen – und sich so einer inklusiveren Zukunft zu nähern. 

Mattel möchte zeigen, dass man mit Barbie alles spielen und alles sein kann. Diese Message soll nun auch Kinder mit Beeinträchtigungen einschließen. Ob mit Behinderung oder ohne, den Kindern sollen alle Träume ermöglicht werden. Dafür gibt es mittlerweile ganz unterschiedliche Puppen. Barbie im Rollstuhl mit barrierefreiem Barbie-Haus, Barbie mit Prothese, Barbie mit Downsyndrom und aktuell neu im Sortiment: eine blinde Barbie.

Ein wichtiger Schritt, findet Verena Bentele, zwölfmalige Paralympics-Siegerin und ehemalige Behindertenbeauftragte des Bundes und selbst sehbeeinträchtigt. „Kaum einer von uns entspricht diesem einen Schönheitsideal“, sagt sie: „Deswegen finde ich es umso wichtiger, dass gerade auch ein Produkt wie die Barbie vielfältig ist und zeigt, was es für unterschiedliche Menschen gibt.“

Es ist schon eine große Hoffnung, dass Behinderung dann als normaler und als selbstverständlicher betrachtet wird.

Verena Bentele zu den inklusiven Barbiepuppen

Doch der Grad zu einer stereotypischen Darstellung ist schmal. Auch die 42-jährige Bentele war zuerst unsicher über die Darstellung. Ausgestattet ist die blinde Barbie mit einem Blindenstock und einer Sonnenbrille. „Ich dachte mir am Anfang, auch irgendwie komisch, dass sie immer eine Sonnenbrille trägt wie Stevie Wonder oder so“, sagt Bentele. Sie betont, dass zwar viele nicht sehende Menschen Sonnenbrille tragen, aber nicht alle und vor allem nicht die ganze Zeit. Das Unternehmen Mattel hat aber weit genug gedacht. Die Sonnenbrille kann man der Puppe in die Haare schieben, der Blindenstock kann abgelegt und die Ellenbogen zum Einhaken bei anderen abgeknickt werden. 

Die inklusiven Barbies sind Teil der Fashionista-Reihe, die dem modischen Erscheinungsbild der Puppen eine wichtige Bedeutung beimisst. Für Verena Bentele sind diese Details durchaus relevant, da es die Normalisierung von nicht sehenden Menschen langfristig fördert.

Vor allem im Bereich der Mode gibt es weiterhin viele Stereotype gegenüber blinden Menschen. „Für viele Menschen sind ein Vorurteil und ein Klischee, in dem sie denken und agieren, dass Menschen, die nicht sehen, Klamotten und Farben total egal sind. Das ist aber überhaupt nicht der Fall“, sagt Bentele. 

Sie persönlich legt sehr viel Wert darauf, was sie anzieht und holt sich demzufolge immer wieder Unterstützung von einer Modeberaterin. „Es gibt ja auch nicht nur sehende Menschen, die top angezogen sind. Manche von denen haben auch keinen Geschmack“, sagt sie. Auch gegenüber der Kritik und den Kommentaren, dass die nicht sehende Barbie hohe Schuhe trägt, zeigt Verena Bentele keinerlei Verständnis. 

Verena Bentele ist zwölfmalige Paralympics-Siegerin und ehemalige Behindertenbeauftrage des Bundes.

© IMAGO/Noah Wedel

Absätze können alle tragen

„Wieso sollten blinde Menschen nicht auch hohe Schuhe tragen können?“, fragt Bentele. Umso mehr, da die Geräusche der Schuhabsätze blinden Menschen bei ihrer akustischen Orientierung helfen können. 

Die Hoffnung dieser Schritte zu einem inklusiveren Kinderzimmer ist, Menschen schon im jungen Alter für jegliche Behinderungsarten zu sensibilisieren und Berührungsängste früh abzubauen. „Es ist schon eine große Hoffnung, dass Behinderung dann als normaler und als selbstverständlicher betrachtet wird“, sagt Bentele. Vorurteile könnten durch diese Normalisierung abgebaut werden. Wieso die Welt im Kinderzimmer nicht so vielfältig und divers darstellen, wie sie auch in der Realität ist?

Dabei geht es nicht nur darum, verschiedene Behinderungsarten darzustellen und abzubilden, sondern auch zu integrieren in die Nutzungsmöglichkeiten. „Ich würde mir einfach wünschen, dass die Hersteller generell bei viel mehr Spielzeugen darüber nachdenken, wie diese für unterschiedliche Kinder nutzbar sind“, sagt Bentele.

Im September nimmt Verena Bentele zu genau dieser Thematik an einem Event von Mattel teil und wird sich dort auch an einer Podiumsdiskussion beteiligen. Das Ziel: Inklusion in allen Kinderzimmern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })