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Bensusan verabschiedet sich mit Bronze: „Diese letzten Paralympics mache ich für mein inneres Kind“
Paris werden die letzten Spiele für die Para-Leichtathletin sein. Am Dienstag gewann sie ihre insgesamt sechste Medaille und begab sich auf eine emotionale Ehrenrunde.
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Als Irmgard Bensusan auf die Zielgerade biegt, sind die beiden Niederländerinnen Kimberly Alkemade und Marlene van Gansewinkel ein gutes Stück davongezogen. Im Sprint über die 200 Meter liegt sie gleichauf mit der Kanadierin Marissa Papaconstantinou. Schritt für Schritt kämpft sich die Para-Sprinterin nach vorn und lässt ihre Konkurrentin hinter sich. Als Bensusan die Ziellinie überquert, steht ihr die pure Freude ins Gesicht geschrieben. Bei ihren letzten Paralympischen Spielen sichert sie sich am Dienstagabend im Stade de France die Bronzemedaille.
Ursprünglich kommt die 33-jährige Bensusan aus Pretoria in Südafrika. Schon immer war sie sehr sportbegeistert und verbrachte viel Zeit mit Leichtathletik-Training. Seit einem schlimmen Sturz über eine Hürde im Alter von 18 Jahren kann die Para-Athletin ihren rechten Fuß aufgrund eines Nervenschadens im rechten Unterschenkel nicht mehr steuern. Ihre Beeinträchtigung wurde in ihrer Heimat jedoch nicht anerkannt, sodass ihr Traum von einer sportlichen Karriere zu Ende schien. Ihre Mutter nahm damals Kontakt zum deutschen Behindertensportverband auf. Bensusan kam nach Leverkusen und blieb.
Bensusans Spitzname „Tante Irmi“ verrät bereits etwas über die innige Beziehung der Sprinterin zu ihrem Verein und ihrer Trainingsgruppe. „Sie sind Familie“, sagt Bensusan. Man hilft einander als Freunde und Teamkollegen. Als eine der Älteren achte sie auf vor allem die Jüngeren der Gruppe und kümmere sich immer gern.
Bensusan startet noch ein letztes Mal über 100 Meter
Zehn Jahre gehört sie schon zur Bayer-Familie – und diese Zeit neigt sich nun tatsächlich einem Ende entgegen. Mit den Paralympics in Paris nimmt sie Abschied von vielem gleichzeitig. Vom Leistungssport, von Leverkusen und von Deutschland im Allgemeinen. Für die fünffache Silbermedaillengewinnerin geht es zurück in die Heimat nach Südafrika. „Man merkt, es ist Zeit zu gehen“, sagt Bensusan.
Der Dienstag gerät zu einem paralympischen Abschied wie aus dem Bilderbuch. Bensusan dreht ihre Ehrenrunde im Stade de France, in den Händen die Deutschlandflagge. Bejubelt wird sie von Freunden und Familie, die nur für diesen Wettkampf angereist sind. Es ist ihr Moment, und dennoch nicht ganz ihr letzter auf der größten Bühne. Die Leverkusenerin startet am fünften und sechsten September noch für ein letztes Mal über die 100 Meter.
Ihre Gefühle kann sie am Dienstag vor lauter Freude und Emotionen kaum in Worte fassen. „Dieses Gefühl habe ich nie wieder in meinem Leben“, sagt sie: „Das habe ich so richtig verinnerlicht und mir gesagt: Genieße es.“ Die Bronzemedaillengewinnerin möchte alle Eindrücke, die gesamte Atmosphäre und Stimmung mitnehmen, so gut es geht. Den Leistungssport wird sie noch für ein, zwei Jahre weiterführen. Paralympische Spiele wird es für sie aber keine mehr geben.
Über zehn Jahre war Irmgard Bensusan Teil des TSV Bayer 04 Leverkusen und bestritt viele spannende Wettkämpfe. Mit der Teilnahme an den Paralympics in Paris hat sie das Gefühl, ihre sportliche Karriere sowie ihren Traum endlich abgeschlossen zu haben. „Diese letzten Paralympics mache ich für mein inneres Kind. Das junge Mädchen, was auf der Bahn stand und den Sport schon damals geliebt hat“, sagt Bensusan.
Trotz des traurigen Abschiedes blickt sie freudig ihrer Zukunft entgegen. Wieder regelmäßig Zeit mit ihrer Familie verbringen zu können, ist für Bensusan was ganz Besonderes. Ein halbwegs normales Leben wünscht sie sich, auch wenn sie von ihrem Sport wahrscheinlich nie ganz Abschied nehmen wird. Was sie am meisten in Leverkusen vermissen wird? „Auf jeden Fall die Menschen“, sagt Irmgard Bensusan: „Das ist meine zweite Heimat und das wird sie auch für immer bleiben.“
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